Ausgabe Nr. 38                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
Thema > Projekte >Wie alles begann
 
>Sitemap >Impressum
 

Wie alles begann
Bauernsteinzeit in Norddeutschland

                                                                    von Anne Pöttgen

„Die klassische Quadratmeile der Archäologie“ war im Frühjahr 2003 mein Ziel. Mittelpunkt ist der Ort Albersdorf, Dithmarschen. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht, einige der bekanntesten Kulturdenkmäler der Vorzeit ließen sich im Umkreis von Albersdorf leicht erreichen. Aber ich entdeckte auch etwas ganz Anderes; das Projekt „Archäologisch-Ökologisches Zentrum Albersdorf (AÖZA).
Das Projekt arbeitet unter dem Motto „Natur – Kultur – Geschichte“ daran, für seine Gäste die Jungsteinzeit lebendig zu machen. In erster Linie als Landschaft: Steinzeitwald statt Maisacker; aber auch durch Vermittlung von Überlebenstechniken der Menschen während der Bauernsteinzeit – so wird die Jungsteinzeit hier im Norden genannt.


Ganz neu: Hausbau

Langhaus; eigenes Foto

Das Gelände des Archäologisch-Ökologischen Zentrums Albersdorf umfasst etwa 40 ha. Vorhanden waren zu Anfang die Großsteingräber, also die Häuser der Toten. Das wurde schnell anders, als man die Landschaft veränderte,  alte Haustierrassen ansiedelte und mit dem Bau von Häusern begann. Befunde, also Grundrisse, gab es hier am Ort nicht, es wurden Vorarbeiten von anderer Stelle zu Rate gezogen. Ausführliche Beschreibungen von Planung und Bau der Langhäuser finden sich auf der Website des Zentrums, ein Link dazu im letzten Abschnitt.
Dass zum Bau eines Hauses Bäume gehören, ist einleuchtend. Wie aber schlägt man Bäume mit einem Durchmesser, der Stabilität für das Haus verspricht, wenn man in der „Stein“zeit lebt. Mit einer Axt, wie noch vor nicht allzu langer Zeit auch bei uns. Aus Stein natürlich. Über die Herstellung einer solchen Axt oder eines Beils wird im „Fund des Monats“ berichtet, Link dazu ebenso weiter unten.
Inzwischen gibt es ein kleines Steinzeitdorf.


Tätigkeiten rund ums Haus
Aber nicht nur die Axt wurde in der Jungsteinzeit erfunden. Hacke, Pflug und Sichel waren für Anbau und Ernte von Getreide erforderlich. Und wie macht man eine Sichel aus Stein? Man stellt kleine scharfe Messerchen her und fügt sie in einen sichelförmigen Ast ein. Und woraus stellt man kleine scharfe Messer her? Aus Feuerstein, auch Flint genant.

Steinmesser, 4,5 cm; Foto Privatsammlung

Zu Mehl verarbeitet wurden die Getreidekörner mit Hilfe von Mahlsteinen so genannten Reibmühlen. Zur Vorratshaltung dienten Tongefäße, die zu dieser Zeit noch als Aufbaukeramik hergestellt wurden: Man hat dazu Tonwülste spiralförmig aufeinander gelegt und mit feuchten Händen glatt gestrichen.
Felle wurden zu Kleidungsstücken verarbeitet, die Wolle der Schafe schon damals gesponnen. Nadeln wurden aus Knochensplittern hergestellt.
All diese handwerklichen Tätigkeiten werden im Steinzeitdorf der AÖZA mit Besuchergruppen geübt.


Großsteingräber

Der Brutkamp in Albersdorf, eigenes Foto

Einig sind die Gelehrten sich nicht, was die Technik beim Bau der Großsteingräber betrifft. Klar ist aber, dass erheblicher technischer Sachverstand erforderlich war, um z.B. einen Deckstein (das Dach des Grabes) mit einem Umfang von 9,80 Metern und einem Gewicht von knapp 23 Tonnen auf die Randsteine zu heben.
Auch über den Transport der Steine zum gewünschten Ort gibt es unterschiedliche Theorien, so soll man sie über Rollen aller Art bewegt haben – Baumstämme, Kugeln, Eis oder sogar Fett. Ein Link zum Thema im letzten Abschnitt.


Teil eines internationalen Projekts
Das AÖZA besteht seit 1997, Projektleiter ist Dr. Rüdiger Kehm. Mit ihm zusammen arbeiten pädagogisch, archäologisch und umweltgeschichtlich qualifizierte Mitarbeiter, genannt Steinzeitbetreuerinnen und Steinzeitbetreuer. Das Projekt ist vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein als Regionale Pädagogische Umwelteinrichtung anerkannt, die finanzielle Förderung erfolgt aber allein durch die Gemeinde Albersdorf. Bei einem Etat von 25.000 Euro ist das Projekt natürlich darauf angewiesen, dass in erster Linie ehrenamtlich gearbeitet wird.
Das AÖZA ist Teil eines internationalen Projekts, das sich mit der Erforschung und nachhaltigen Entwicklung von Kulturlandschaften befasst. Was in diesen einzelnen Projektteilen erarbeitet wird, kann über den Link im letzten Abschnitt nachgelesen werden.


Links
Puristen werden einwenden, dass das Nachbauen von Häusern und das Arbeiten mit Flint und Ton und Wolle nach alten Methoden Disneylandniveau ist. Möglich Aber ich persönlich spüre, dass es meiner Fantasie auf die Sprünge hilft, wenn ich ein Haus betreten und das Raumgefühl einer früheren Zeit erleben kann. Und was ich mit den Händen ergreifen kann, das begreife ich auch.
Das AÖZA:
http://aoeza.kulturnetz-sh.de/index.html
Das internationale Projekt:
www.pcl-eu.de/indexde.php?chlang=1
Hausbau in der Jungsteinzeit
www.pcl-eu.de/virt_ex/detail.php?entry=01
Herstellung von Axt oder Beil
http://aoeza.blogspot.com/2007/02/fund-des-monats.html
Großsteingräber:
www.huenengraeber.de/intro.html   (dann dort unter Geschichte)

Drucken