von Marlis Föhr
Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt und leben
möchte
Leben in Spanien
Sicher gibt es in Spanien Orte, wo man eine größere Zahl an Deutschen ausmachen
kann. Ich möchte jedoch von unserer zweiten Heimat berichten, einer kleinen Gemeinde
in Andalusien, wo wir seit dreizehn Jahren zu einer Minderheit gehören. Wir
sind deutsche Bürger geblieben, fahren immer wieder gerne an den Rhein, unserem
ersten Wohnsitz, wo unsere Kinder, Enkel und Freunde leben. Steuern und Abgaben
zahlen wir in beiden Ländern, genießen das gemäßigte Mittelmeerklima und wissen
um milde Winter und trockene, heiße Sommer in Andalusien. Unsere Finka mit
einer Zitrusanlage und vielen anderen Früchten beschert uns zwar einiges an
Arbeit, doch niemals Langeweile. Wir leben gerne in unserem spanischen Umfeld
und hoffen, dass es noch lange so bleibt.
Unsere Finka
Ein Zufall hat uns hierher geführt, nachdem wir mit unserem Wohnmobil Europa
bereist hatten, und wir uns überlegten, nach einer festen Bleibe Ausschau zu
halten. Unseren Traum, vor allem im Winter Sonne und Wärme zu genießen, haben
wir 1997 verwirklicht und bis heute noch nicht bereut. Wir sind die einzigen
Deutschen im näheren Umfeld unter Spaniern, haben Kontakte zu ihnen geknüpft
und viele gute Ratschläge erhalten. Wenn wir in Deutschland sind, hüten sie
Haus und Anlagen, und stellen das Wichtigste sicher: die Wasserversorgung für
Bäume und Pflanzen, die hauptsächlich durch unsere Brunnen gewährleistet wird.
Sie helfen uns auch in Erntezeiten und bei der Bearbeitung der Böden. Auch
unser Schwimmbad erhält das Wasser über die Brunnen und wird über Filteranlagen
gereinigt. Im Gästehaus wohnen unsere
Kinder, sowie Freunde und Verwandte, wenn sie bei uns zu Gast sind.
Der Beginn
Wichtig war zunächst, sich ausreichende Kenntnisse der spanischen Sprache
anzueignen, um den Umgang mit Rathaus, Finanzamt, Energieversorgern,
Telefonanbietern und Geschäften zu gewährleisten. Das war besonders in der
ersten Zeit wichtig, als man im Ort Strom-, Wasser- und Telefonleitungsnetze
erweitern musste, weil der alte Stand bei zunehmenden Ansprüchen nicht mehr
ausreichte. Mein Mann installierte ein Wasserreservoir, damit wir immer
Trinkwasser hatten. Bei Stromausfällen, meistens durch Arbeiten an den Leitungsnetzen,
war es schon schwieriger Ersatz zu schaffen. Es dauerte auch einige Zeit bis
wir „normal“ das Internet nutzen konnten. Diese Unregelmäßigkeiten sind längst
vorüber, und die Technik arbeitet so zuverlässig wie in Deutschland.
Unsere spanischen Freunde
Wir haben uns von Beginn an mit „unseren“ Spaniern gut verstanden, und sie
haben uns das Eingewöhnen leicht gemacht. Ich staune immer noch darüber, wie
sie ihr Leben meistern: mit einem Lächeln auf den Lippen und dem Strahlen ihrer
Augen. Das Familienleben hat auch in Andalusien große Veränderungen erfahren.
Die ländliche Großfamilie musste der modernen Kleinfamilie weichen. Die
Geburtenrate hat sich stark nach unten verändert. Wenn vor Jahren in den
meisten Familien noch mehr als fünf Kinder ihren Platz hatten, so sind es heute
in vielen Fällen nur noch zwei. Weitere Gründe sind auch der Anstieg der
Erwerbstätigkeit von Frauen. Die jungen Leute bleiben häufig nach der Heirat im
Hause der Eltern, weil sie keine Arbeit finden und die hohen Mieten für sie
nicht bezahlbar sind.
Ferias und Prozessionen
Wir kennen im Rheinland große Jahrmärkte und Kreuzwege in der Fastenzeit. Wir
wussten jedoch nichts von andalusischen Festlichkeiten: Ferias, die meist eine
Woche dauern, Feste, die am Tag in den Städten gefeiert werden und abends
außerhalb weitergeführt werden, um den Innenstädten den Lärm nicht zuzumuten.
Denn, wenn gefeiert wird, dann richtig: fröhlich, ausgelassen und mit wenig
Alkohol. Die Familien sitzen in den Zelten der großen Gesellschaften zusammen,
und es wird gesungen und getanzt.
Prozessionen in der Karwoche sind wieder etwas anderes. Auf hohen Thronen
werden die Figuren der Stadtheiligen durch den Ort getragen. Die Umzüge dauern
die ganze Nacht, und die Männer, die die schwere Last zu tragen haben, sehen es
als persönliche Herausforderung an, dabei mitzuwirken. Auch wir, die
Minderheit, gehören dazu, wenn wir am Straßenrand stehen und uns jedes Jahr
wieder das Spektakel ansehen.
Fazit
Wir haben viel gelernt in diesen dreizehn Jahren: Man muss sich als Gast
verhalten, nicht immer Vergleiche ziehen zum Heimatland und sich in Toleranz
üben. Dann kann aus diesem anfänglichen Abenteuer ein kostbarer Lebensinhalt
werden. Wir wissen, dass wir eine Minderheit sind, aber mit allen Pflichten und
Rechten, und wir haben unseren Platz in der Gesellschaft gefunden.
Links:
Informationsblatt zu Andalusien
Eigene Aufzeichnungen
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