von Erna Subklew
Zwar kennt man viele Ansiedlungen Deutscher im Ausland, aber dass Deutsche vor mehr als 150 Jahren aus Preußen ihrer Religion wegen nach Australien auswanderten, dürfte nicht allgemein bekannt sein.
Gründe der Auswanderung
Der preußische König Friedrich Wilhelm III. war ein frommer Protestant und gehörte der reformierten Kirche an. Die Mehrzahl seiner Untertanen aber war lutherisch. Er veranlasste eine neue Gottesdienstordnung zu entwerfen, die Agende, die beide Richtungen vereinen sollte. Ihre Anwendung verordnete er allen protestantischen Kirchen und erhob die Religionsform zur Staatsreligion. Der König konnte nun die Pastoren ein- und absetzen, gerade wie es ihm passte.
Dies wollten aber viele Gemeinden nicht. So auch die Gemeinden Tschicherzig, Klemzig und Kay in Brandenburg, die an ihrer alten Religionsform festhielten. Später nannte man sie Altlutheraner.
Preußen war landwirtschaftlich orientiert, die Industrialisierung war dort noch nicht angekommen. Die Bevölkerungszahl aber nahm zu, und die Menschen waren bitter arm. Zwei Missernten in den Jahren 1844 und 1846 bestärkten die Brandenburger in ihrer Absicht auszuwandern.
Pastor Kavel
Pastor Kavel, Leiter der Gemeinden, fuhr nach Hamburg, um die Möglichkeiten für eine Auswanderung zu erkunden. Man hatte zunächst vor, nach Russland zu ziehen, um an der Wolga zu siedeln. Dass viele Deutsche dort lebten, hatte man bereits gehört. Auch von den USA wusste man, dass es dort deutsche Siedlungen gab..
In Hamburg traf Pastor Kavel den reichen schottischen Geschäftsmann Angas, der vorhatte, Südaustralien zu entwickeln. Das Vorhaben der Preußen beeindruckte ihn und er machte ihnen ein gutes Landangebot.
Die Altlutheraner stellten nun an die preußische Regierung den Antrag auf den Erhalt von Pässen. Aber die Regierung hatte zunächst nicht vor, ihrem Begehren nachzugeben. Sie gab als Grund an, sie möchte die Menschen nicht ins Ungewisse ziehen lassen. Man kann aber auch annehmen, dass die Abwanderung einen Gesichtsverlust für Preußen bedeutete.
Auswanderungen
Mit Kähnen, den so genannten Oderkähnen, fuhren die Auswanderer auf Oder, Spree, Havel und Elbe bis nach Hamburg. Für die 600 km brauchten die Auswanderer drei Wochen. In Hamburg bestiegen sie dann das Überseeschiff.
Abfahrt Hamburg
Schon bevor die Brandenburger nach Australien gingen, gab es eine geringe Auswanderung von Deutschland nach Australien.
1777 blieb eine Anzahl von Seeleuten, die bei der Niederländischen Ostindischen Kompanie beschäftigt waren, in Australien. Das erste Buch über Tasmanien schrieb ein Jahr später H. Zimmermann aus Wissloch in der Pfalz.
1788 kam August Th. H. Alt als erster Landvermesser nach Sydney. Er spielte eine große Rolle bei der Planung der Stadt und der Gründung von Paramatta.
Während Philipp Schäfer eine Gruppe von Sträflingen als Oberaufseher nach Australien begleitete, kam Josef Marcus als Sträfling dahin.
1826 schiffte sich Johann H. Meckel mit 300 Zuchtschafen nach Australien ein und begründete dort die Schafzucht.
Wie es weiter ging
Auch nach der Ankunft der Kavel-Deutschen wanderten immer wieder Deutsche nach Australien aus. So auch Johann Menge aus Steinau in Hessen, der die Stadt Adelaide gründete. Er verhalf dem Bergbau zu einem Boom und brachte 50 Deutsche zu den Goldfeldern nach Forest Creek und Bendigo.
Aus verschiedenen deutschen Gegenden übersiedelten Weinbauern nach Australien, die den Weinanbau in Australien förderten.
Die Zahl der Missionare, die die Urbevölkerung christianisierten, stieg an. Pastor Kavel gründete die Lutherische Kirche von Australien.
Um 1882 war die Gegend um Murtoa und Albury fast ausschließlich von Deutschsprachigen bewohnt.
Auch während der Hitlerzeit hielt die Einwanderung in Australien an. 1939 waren es 5583 Deutsche, die es zur Heimstatt machten. Von einem Besuch des Landes durch die Wiener Sängerknaben blieben fast alle in Australien, nur zwei kehrten zurück.
Viele Menschen dürften Australien auch heute als Ziel ihrer Sehnsucht ansehen.
Die Geschichte der Deutschsprachigen in Australien
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