Dänische Minderheit in Deutschland

                                     von Margret Budde

Als Minderheit in einem Land zu leben, bedeutet für die Menschen Konfrontation mit den  Unwägbarkeiten des täglichen Lebens. Welche Möglichkeiten sich Dänen hier in Deutschland zu leben, bieten und wie sie ihr Leben gestalten, möchte ich hier aufzeigen.

 

Geographische Lage
Den Namen Südschleswig sucht man vergeblich auf den Landkarten. Diese historische Bezeichnung resultiert aus der Zeit, als dieses Landschaftsgebiet im südlichen Teil des Herzogtums Schleswig lag.

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Gebiet der dänischen Minderheiten, Grafik Roke

Die dänischen Minderheiten leben vorwiegend im Norden des Kreises Rendsburg-Eckernförde, in Flensburg (20 Prozent der Gesamtbevölkerung), in Husum und in Nordfriesland.
Die deutsch-dänische Staatsgrenze ist im Norden die Begrenzung. Im Süden ist es die Eider und der Nord-Ostsee-Kanal. Im Osten und Westen reicht Schleswig bis zur Ostsee und Nordsee einschließlich einem Teil der vorgelagerten Inseln und Halligen.

Bevölkerung im Laufe der Jahre
1920 lebten südlich der Staatsgrenze zu Dänemark etwa 12 000 Menschen als dänische Minderheit. Diese Zahl ging rasch auf 7 000 Personen zurück. In der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 – 1945 waren die jungen Menschen als einzige Reichsbürger von einer Zwangsmitgliedschaft in einer NS-Organisation befreit. Männer hatten im Arbeitsdienst und bei der Wehrmacht zu dienen. Wenngleich sie nicht direkt verfolgt wurden, so hatten sie dennoch Repressalien zu erdulden. Sie standen unter strenger Beobachtung der Gestapo und waren in ihrem Wirkungskreis stark eingeschränkt. Laut Schätzungen sind circa 400 Dänischstämmige im Krieg für Deutschland gefallen. Wenn für das Jahr 1945 als Angehörige dieser Minderheit 2 700 Dänen angegeben werden, so stieg bis 1948 diese Zahl sprunghaft auf 120 000 bis 140 000 an. Heute spricht man von 50 000 Personen als Dänische Minderheit.
Da eine Registrierung als Minderheit nicht vorgeschrieben ist, beruhen die unterschiedlichen Zahlenangaben auf Schätzungen.


Sicherheit und Finanzen

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Kriegsnsotgeld Schleswig, NUMIS NOTA
 

Mit dem Artikel 113 der Weimarer Verfassung "Die fremdsprachigen Volksteile des Reichs dürfen durch die Gesetzgebung und Verwaltung nicht in ihrer freien, volkstümlichen Entwicklung, besonders nicht im Gebrauch ihrer Muttersprache beim Unterricht, sowie bei der inneren Verwaltung und der Rechtspflege beeinträchtigt werde," wurden die Minderheitenrechte festgelegt.
Das Land Schleswig-Holstein, die deutschen Kommunen des Siedlungsgebietes, aber auch die dänische Regierung unterstützten die Minderheit jährlich mit beträchtlichen Finanzmitteln.
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Kriegsnotgeld, NUMIS NOTA

2004 betrug der Anteil der dänischen Regierung 400 Mio. Dänische Kronen. Dazu kommen Zuwendungen aus Stiftungen, Eigenmitteln, Spenden von Privatleuten und dem Grenzverein.


Interessenvertretungen der Dänen

Mehrere Vereine bildeten sich, um dem Bedürfnis der Bevölkerung nach politischen und kulturellen Informationen nachzukommen.
Dansk Skoleforening for Sydslesvig, als dänischer Schulverein, betreibt Schulen und Kindergärten.
Dem Sydslesvigsk Forening (SSF) sind der südschleswigsche Hausfrauenverein, der schleswigsche Frauenverein und andere landwirtschaftliche Vereine angeschlossen.
Im dänischen Jugendverein Sydslesvigs danske Ungdomsforeninger (SdU) sind neben Pfadfindern auch Sportvereine organisiert.
Der dänische Gesundheitsdienst Dansk Sundhedstjeneste for Sydslesvig übernimmt die schulärztlichen Aufgaben, den Heimdienst und betreibt in Flensburg das dänische Pflegeheim, das Dansk Alderdomshjem.
Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig organisiert als dänische Zentralbücherei das Büchereiwesen.
Die dänische Kirche Dansk Kirke i Sydslesvig bietet religiöse Orientierung.
Die einzige dänischsprachige Zeitung ist die Flensborg Avis.

Sydslesvigsk Forening
Kurz nach dem Krieg schlossen sich dänische Bürger in dem Verein Sydslesvigsk Forening e.V. zusammen. Er ist heute der Kulturträger der dänischen Minderheit in Südschleswig. Sein Anliegen ist es, die dänische Sprache und Kultur zu pflegen und zu bewahren und die Verbindung zu den anderen skandinavischen Ländern zu halten. Ein breites Angebot an Vorträgen und Ausstellungen, Konzerten und Theateraufführungen steht in seinem Pogramm. Die 15 000 Mitglieder haben sich in 89 Ortsverbänden organisiert. Humanitäres und soziales Wirken gehört zu den vordringlichen Zielsetzungen. Sie sind im dänischen Parlament und im Minderheitenrat in Berlin vertreten.
Die bei der Gründung beantragte Anerkennung als politische Partei wurde von den Briten abgelehnt. Nach mehreren schwierigen Verhandlungen mit den Briten erarbeitete der Verein 1948, zusammen mit den nationalen Friesen, ein Programm für eine neue politische Organisation mit dem Namen "Südschleswigscher Wählerverband".


Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW)
1948 gegründet, vertritt er die politischen Interessen der dänischen Minderheiten.
Mit seinen heute rund 3 700 Mitgliedern ist er eine feste politische Größe. Der SSW war im ersten Deutschen Bundestag 1949 bis 1953 vertreten. Er ist von jeher sowohl Minderheiten- als auch Regionalpartei und erhält seit den achtziger Jahren viele Stimmen außerhalb der Minderheit.
Nach den Bonn-Kopenhagener Erklärungen war die dänische Minderheitenpartei 1958 durch den Wegfall der fünf Prozent-Klausel wieder in der Regierung vertreten. Bei der Landtagswahl 2000 wurde ein neues Zweistimmen-Wahlrecht wirksam, wodurch man erstmals auch in Holstein den SSW wählen konnte. Hier errang er bei der Landtagswahl am 27. Februar 2000 eine Stimmenzahl von über 60 000.
2009 stimmten bei der Landtagswahl nach amtlichen Angaben 69 438 Bürger für den SSW, das sind 4,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bei einer Wahlbeteiligung von 73,5 Prozent stellen Dänen vier Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Landtag.

Kultur und Besonderheiten
Die dänischen Menschen haben sich ein umfangreiches Brauchtum bewahrt. Das Luciafest gehört zur Adventszeit. Der Julefrokosts ist ein Weihnachtsessen, bei dem nach regionaltypischen Rezepten gekocht wird.
Auf dem 130 km langen Themenradweg zwischen Nordseedeich und Flensburger Förde, der Grenzroute, erlebt man an 13 Stellen den historischen Grenzverlauf. Natur und Kulturgschichte werden eindrucksvoll dargestellt.
Den circa 500 km langen Ochsenweg haben Pilger und Reisende, Ochsentreiber, Handwerksburschen und Händler, Soldaten und Könige mühsam mehr als 1000 Jahre lang von Jütland bis zur Elbe genutzt.
Das Wasserschloss Glücksburg strahlt mit seiner weißen Fassade weit in die Landschaft hinein. Als ehemaliges dänisches Königsschloss und in den Zeiten danach hat es Geschichte geschrieben.
Im Danevirke Museum, dem größten Bodendenkmal Nordeuropas, sind Verteidigungsanlagen aus dem 7. Jahrhundert zu sehen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Nach dem Zusammenbruch 1945 haben die Dänen in dieser Region ihr Schicksal in die eigene Hand genommen. Sie erstellten ein umfangreiches Netzwerk an Institutionen und Verbänden. Mit geordneten Strukturen und den steten Bemühungen aller Beteiligten haben sie maßgeblich zum Gelingen eines friedlichen Miteinander beigetragen.
Die gegenseitigen Hilfestellungen sind selbstverständlich geworden. Heute kann man es als eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Minderheit und Mehrheit, zwischen dänischen und deutschen Bürgern, zum Wohle aller Bewohner dieses Gebietes sehen.
Ihr großes Nationalbewusstsein zeigen sie durch das Hissen der dänischen Nationalflagge  Dannebrog an besonderen Tagen.
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Flagge der dänischen Minderheiten

Ihre Zugehörigkeit zur Minderheit drücken sie durch die dänische Minderheitenflagge mit den beiden schleswigschen blauen Löwen auf gelbem Untergrund aus.

Links:

 
Das Kulturportal der Bundesregierung


Fünfzig Jahre Südschleswigscher Wählerverband

Dänisches Aussenministerium


Die Dänische Minderheit, Informationen der Landesregierung Schleswig-Hostein


Zitat:
Verfassung des Deutschen Reiches (11.08.1919)
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Grafik Roke unter der Lizenz CC


 
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