Deutsche in Dänemark

                                      von Margret Budde

Nach der Teilung des ehemaligen Herzogtums Schleswig 1920 gibt es neben der dänischen Minderheit im südlichen Teil eine deutsche Minderheit im nördlichen Landesteil. Sie hat sich, wie viele andere Minderheitengruppen, ihr Leben auf ihre Weise organisiert.

Geschichtliche Hintergründe
Deutsche Truppen besetzten in der Morgenstunde des 9. April 1940 Sønderjylland. Schon nach wenigen Stunden kapitulierte die dänische Regierung und eine Notregierung wurde eingesetzt, die ihre Linie auf Zusammenarbeit ausrichtete. Eine Besonderheit stellte die deutsche Minderheit dar. Viele Mitglieder sympathisierten mit den Nationalsozialisten und glaubten, mit ihnen eine Revision der Grenze von 1920 durchsetzen zu können, um wieder mit dem Deutschen Reich vereint zu werden. Das gelang ihnen aber nicht. Dieses Verhalten der Minderheit wurde von den Dänen abgelehnt, und Schwierigkeiten im Umgang miteinander zeichneten sich ab. Aus dem einstigen 'Miteinander' wurde ein 'Gegeneinander'. Schon 1943 legten aber Haderslebener Bürger in den "Haderslebener Erklärungen" den Grundstein für ein zukünftiges friedliches Zusammenleben beider Völker in dieser Region fest, konnten es aber nicht umsetzen. Erst 1955 gelang es, aus dem 'Gegeneinander' wieder ein 'Miteinander' herzustellen.

Fortschritte im Zusammenleben
Nach jahrelangem unversöhnlichen Gegeneinander beider Völker wurde 1955 mit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen ein Durchbruch in den schwierigen Beziehungen erreicht. Unter anderem wurde duch den Dänischen Staat festgelegt, dass bei der  "Vergabe öffentlicher Mittel, über die im Rahmen des Ermessens entschieden wird", die deutsche Minderheit genau so wie die anderen Staatsbürger behandelt werden müsse. Wie im Artikel 14 der Europäischen Konvention für Menschenrechte aufgeführt, werden den Minderheiten alle anerkannten Rechte und Freiheiten sichergestellt.
Bis Mitte 1990 verlief die Zusammenarbeit mit Schleswig eher zögerlich.
1997 gründete sich der Regionalrat Sønderjylland-Schleswig, der 2001 ein Kooperationsabkommen zwischen der schleswig-holsteinischen Landesregierung und dem früheren Sønderjylland aushandelte.
Die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen hat Entscheidendes zu dem inzwischen guten Zusammenleben beigetragen.


FUEV
Die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) ist 1949 als unabhängiger Dachverband von Organisationen nationaler Minderheiten in Europa in Versailles gegründet worden. Zur gleichen Zeit entstand der Europarat. Inzwischen vertritt die FUEV 32 Staaten mit 86 Mitgliedsorganisationen.
Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die Erhaltung und Förderung der nationalen Identität, der Sprache, Geschichte und Kultur der nationalen Minderheiten, sowie für ein friedliches Zusammenleben von Minderheit und Mehrheitsbevölkerung in einer Region zu sorgen.
Inzwischen ist sie bei den OSZE-Konferenzen vertreten, die sich mit nationalen Minderheiten und ethnischen Volksgruppen befassen. Im Europarat hat die FUEV Teilnehmenden Status und bei den Vereinten Nationen einen Konsultativen Status. Als Nichtstaatliche Organisation ist die FUEV im Laufe der Jahre zu einem wichtigen Gesprächspartner für die Sache der Minderheiten in einzelnen Staaten und in Europa geworden.

Bevölkerung
Die deutsche Volksgruppe umfasst nach Schätzungen rund 15 000 Personen. Bis 2007 gehörten sie zu Sønderjyllands Amt
und machten unter den rund 255 000 Einwohnern  einen Anteil von sechs Prozent aus. Nach der Kommunalreform 2007 wurden sie mit anderen Regionen zur Region Syddanmark zusammengelegt. Hauptregionen sind Sønderborg, Aabenraa, Tønder und Haderslev. Der Bevölkerungsanteil der deutschen Minderheit an der Gesamtbevölkerung von 1 200 277 Bürgern beträgt nun nur noch ca. 1,3 Prozent. Von den 23 nordschleswigschen Kommunen haben vier einen Anteil von mehr als zehn Prozent. Tinglev hat mit 20 bis 40 Prozent den größten Teil der Minderheit.
Die Region Syddanmark beträgt 22 Prozent des Staates Dänemark.

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Nordschleswig
  


Die dänischen Bewohner dieses Grenzgebietes bezeichnen sich eher als Südjüten (Sønderjyder) und den Landesteil als Südjütland (Sønderjylland). Die Deutschen hingegen fühlen sich als deutsche Nordschleswiger in Nordschleswig.


Vermittler der Bevölkerung

Dachorganisation der deutschen Minderheit ist der 1945 gegründete Bund Deutscher Nordschleswiger mit 4500 Mitgliedern. Sie verstehen sich als Brückenbauer zwischen Deutschen und Dänen. Die Delegiertenversammlung dieser Organisation wählt neben dem Kulturausschussvorsitzenden, der für die kulturellen Belange zuständig ist, auch den Vorsitzenden der Schleswigschen Partei (SP). Diese Partei übernimmt die politische Vertretung der Bevölkerung in den Kommunen.
Æ Synnejysk Forening (deutsch: Südjütischer Verein) fördert als Verein den dänischen Dialekt, das Sønderjysk oder Südjütisch, der als Umgangssprache besonders der älteren Generation gilt. Dieser Dialekt wird von offiziellen Stellen nicht gefördert und droht auszusterben. Ein zweites Anliegen ist die Förderung der regionalen Kultur. Seit seiner Gründung im Jahre 2000 nehmen Deutsche und auch Dänen am Vereinsleben teil, was für diese Region nicht selbstverständlich ist. Jedoch sind die Vereine für alle Bürger offen.


Deutsche Institutionen in Dänemark

Das Goethe-Institut als Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland arbeitet in den Bereichen Kultur, Sprache, Politik und fördert das gesellschaftliche Leben der Deutschen.
Durch ehrenamtliches Engagement aller Mitglieder kann die Kulturgesellschaft in Århus (Aarhus) Kabarettabende, Konzerte, Symposien anbieten. Sie kooperiert mit beiden Universitäten der Stadt, wobei notwendige Ausgaben vom Goethe-Institut übernommen werden.
In der St. Petrischule in København/Kopenhagen sind Deutsch und Dänisch gleichberechtigte Unterrichtssprachen. Im Kernfach Mathematik wird in allen Stufen in deutscher Sprache unterrichtet. Außer in den Fächern Deutsch und Dänisch ist in den übrigen Fächern die Muttersprache des Lehrers Unterrichtssprache.
Partner deutscher und dänischer Unternehmen ist die Deutsch-Dänische Handelskammer.
Der Deutsch-Dänische Industrie- und Handelsclub fördert die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder.

Das tägliche Leben
Der deutschen Minderheit steht neben deutschen Kindergärten und Schulen auch deutsche Volkshochschulen, Sportvereine, Büchereien und viele andere Institutionen zur Unterstützung ihrer eigenen Bedürfnisse zur Verfügung, die vom Staat genauso gefördert werden wie die dänischen Einrichtungen. 
Die deutsche Tageszeitung in Dänemark Der Schleswiger schreibt nicht nur in deutscher, sondern auch in dänischer Sprache. Dies ist ein Zeichen der Zweisprachigkeit dieser Region, bringt aber auch gleichzeitig die Verbundenheit beider Völker zum Ausdruck.
1997 hat sich mit der Region Sønderjylland – Schleswig eine grenzüberschreitende  Zusammenarbeit von deutschen und dänischen Regionen gebildet.
Nach den langen Jahren voller Schwierigkeiten und Hassgefühlen auf beiden Seiten ist es der Bevölkerung gelungen, durch die Anstrengung aller Menschen auf der Basis der Anerkennung und der gegenseitigen Wertschätzung ein friedliches Miteinander zu leben.


Links:



Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen

Virtuelles Museum


Institut für Grenzregionsforschung

Geschichtsverein

Bund deutscher Nordschleswiger



 
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