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LernCafe
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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www. lifescience. de
Ein Beispiel für « Internetjournalismus »
(Druckversion)


Annemarie Mejcher-Neef
Schriftstellerin, Seniorstudierende an der Universität Hamburg
E-Mail: webmaster@elbufer-verlag.de 

Einführung
Das Magazin www.lifescience.de  hat die thematischen Schwerpunkte "Gesundheit, Ernährung Umwelt" sowie und Bio- und Gentechnologie. Angesprochen sind Laien wie Wissenschaftler. Eine interdisziplinäre und internationale Arbeitsweise bindet "Persönlichkeiten aus Medien, Kirchen und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen" ein.
Lifescience zählt auf aktive Leser, die über die "Chancen und Risiken der Bio- und Gentechnologie" und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Ethik mitdiskutieren und das "lifescience Forum e.V. möglichst als Mitglied auch finanziell durch einen Jahresbeitrag von 50 DM unterstützen.

Inhalte
Das Magazin ist insgesamt gut strukturiert, klar gegliedert und bietet breites Angebotsspektrum für Interessenten, Patienten, Lehrer , Schüler, Leute aus Finanzwirtschaft und Wissenschaft und für Kinder. Das Magazin liefert stark an Wirtschaft und Börse orientierte Informa-tionen. Es zeigt z.B. als Blickfang 12 Biotech-Aktien auf einen Blick.
Die Titelseite weist eine von Schlagzeilen und Werbung beeinflußte Sprache auf. Es ist eine Mischsprache aus Deutsch und Englisch. In den Bannern, z. B. liest man Multimedia -Guide oder Zeitmaschine, Aktion für Kids. In der Fülle der vielverzweigten Angebote kann man Schwerpunkt des Magazins,nämlich Gesundheit, Ernährung und Umwelt leicht aus den Augen verlieren. Klickt man aber genau die darauf bezogenen Links wie "Ratgeber"an, erhält man detaillierte Informationen über 140 000 Krankenhäuser und Kliniken. Bei dem Banner, wie komme ich gesund durch den Winter" (Anlage IV) werden dem Verbraucher zwei neue Mittel gegen Erkältungsviren tabellarisch zum schnellen Vergleich präsentiert. Farbige Blitzmarker oder Punkte innerhalb der längeren Artikel dienen der Strukturierung und der Übersichtlichkeit.

Aufbau
Lifescience hat eine in Struktur, Form und (Lachs-)Farbe deutlich erkennbare Titelseite. 25 % der Startseite nimmt der Kopf ein mit Logo, Titel, Untertitel, Datum des Magazins und einem "Frame" mit rotierender "Bildlaufleiste" für die aktuellenTagesmitteilungen. 
Die restlichen 75 % der Seite sind in drei Rubriken unterteilt, die breiteste, mittlere enthält 3 mit gleichformatigen bunten Bildern ausgeschmückte Leitartikel, die per mouseclick in voller Länge abrufbar sind. aber von "Blitzlesern auch diagonal durchstöbert werden können: Die Überschriften sind blau abgehoben. 
Die Randspalten links und rechts sind mit Bannern, eigenen oder fremden Anzeigen, oder Links ausgestattet. Die Spalten umrahmen die Artikel, halten sie gewissermaßen wie ein Hefter zusammen und fungieren senkrecht gelesen als Inhaltsverzeichnis. 

Das Impressum
Hinter Lifescience stehen Wirtschaft, Wissenschaftler, 2 staatliche Ministerien, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bayrische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, sowie ein privates, Interessenten zugängliches Forum als Förderer. Lifescience ist eine Produktion der Burda Medien namens Cyberlab interactive Produktion GmbH, ein international eingetragener Verein "Lifescience Forum e.V." und hat eine 10-köpfige Redaktion unter den ausschließlich männlichen Leitern Arthur Steiner (Projekt), Michael Karl (Produktion) und Frank Miltner (Redaktion). Fünf der sieben Mitarbeiter sind weiblich. 
Lifescience kooperiert mit den großen Nachrichtenagenturen und wissenschaftlichen Instituten: dpa, z.B. Spectrum-online etc.

Kritik
Die Beschäftigung mit Wissenschaft und Forschung galt bis vor kurzem als 
als ein Privileg für Insider. Die Experten bildeten eine geschlossene Gesellschaft, die sich weltweit auf Kongressen wiedertraf. Wer nicht dazu gehörte, hatte da nichts zu suchen. Dies könnte mit dem wissenschaftlichen On-Line-Angebot von lifescience Vergangenheit sein. Das elektronische Wissenschaftsmagazin könnte eine Brücke zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit werden. Damit hat die Wissenschaft die Möglichkeit, aus ihrer Isolation herauszutreten. Interessierte Laien haben die Chance, ihrerseits Einblick in die Probleme der Wissenschaft zu nehmen und sich gegebenenfalls mit ihren Interessen einzuklinken. Fraglich bleibt, ob nicht auf Grund des Wissens- Gefälles eine Art von Hierarchie erhalten bleibt, die als Hemmschwelle wirken könnte.

Brückenfunktion?
Wenn das Wissenschaftsmagazin die oben angesprochene Brückenfunktion übernehmen soll, sind die Journalisten besonders gefordert. Ihnen obliegt die Vermittlung. Dabei bedarf es nicht nur psychologischen Einfühlungs-vermögens, sondern auch neuer, pfiffiger Formen der Präsentation. Die Ungeduld des Users ist wegen der unausweichlichen Bildschirm-Konfron-tation größer als vor dem Print-Medium. Papier ist bekanntlich geduldig. So müssen Wiedererkennungs-, Beruhigungs- und Strukturierungseffekte stärker berücksichtigte werden. Die Aufhebung des linearen Lesens darf nicht dazu verführen, daß nur noch gesurft, nirgendwo mehr verweilt oder gar nur noch abgeschweift wird. Lifescience hat in dieser Hinsicht manche Verführungsmöglichkeit (siehe Bioschool) eingebaut. Dies ist auch sprachlich an der Titelseite sichtbar, wo die englisch-deutsche Sprachvermischung zur Regel geworden ist. Deutliche Abgrenzung in den Rubriken ist für die Orientierung des Users unablässig.
Die Sprache sollte einfacher als im Print-Medium sein: Kürzere Sätze, Erklärung der Abkürzungen, prägnante Formulierungen, Orientierung an 
Reiners Stilfibel sowie an den Tips und Regeln für eine gelungene Webseite. Lifescience hat diese weitgehend beachtet: arbeitet mit zum Thema passenden Bildern und Links, macht im Text klar, was der Sinn oder Inhalt der Seite ist, benutzt Grafiken von meist guter Qualität und sorgt für ein übersichtliches Gesamtbild.

Ethik und Parteilichkeit
In den Beiträge werden in der Regel direkte ethische Stellungnahmen vermieden oder eher zögerlich als zitierte Meinung anderer gegeben. Geht man aber das Thema Bio- und Gentechnologie in lifescience-Forum ganz durch, so verstärkt sich der Eindruck des gläubigen, unkritischen Wissenschaftsfortschritts. Selbst auf den Todesfall des 18-jährigen mit Adenovirus-Genfährten behandelten Jugendlichen, der trotz des Fehlens eines Enzyms keine Krankheitssymptome aufwies, gab es keine Empörung, nur Zitate aus der Süddeutschen Zeitung und dem Paul-Ehrlich Institut und eine Versicherung, die Gentherapie solle weitergehen. 
Ebenso überrascht den Laien der Artikel Pharming: Tiere produzieren Medikamente von Katharina Wangenheim. Hier geht es um Farmen mit transgenen Tieren, denen menschliche Gene eingepflanzt werden, damit sie 
wie die geklonten Kaninchen in Belgien das Enzym Alphaglucosidase gegen die Muskeldegeneration bei der Pompe-Krankheit produzieren. Ähnliche Versuche mit Ziegen zur Herstellung des Herzmittels Antithrombin III gibt es in Holland und Schottland. Mögen Laien und Tierschützer entsetzt sein, für Lifescience ist das alles selbstverständlich und wird nicht mehr in Frage gestellt.

Diskussion?
Das angebotene Diskussionsforum der Lesergemeinde ist in dieser Hinsicht wenig aktiv. Von den angebotenen Themen waren zwei gar nicht, drei weitere 6-8 Mal von Usern mitdiskutiert worden. Aber was ist angesichts der vielen im Magazin aufgeführten Wirtschaftsunternehmen, die den Zugriff auf Bio- und Gentechnologie bereits vollzogen haben, noch groß auszurichten? 
Auf eine schriftliche Anfrage nach dem Budget und den Anteilen der Gelder aus Wirtschaft, Staatsmitteln und Mitgliedbeiträgen war bisher noch nicht geantwortet worden.
Im Hinblick auf das vom Lifescience-Forum definierte Ziel der Abschätzung der Risken und Chancen der Gentechnologie schlägt das Pendel eindeutig zugunsten der Chancen aus.

Quelle und Link
Der Beitrag ist die gekürzte Fassung einer Seminarbeit an der Universität Hamburg. 

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