LernCafe 12 vom 15. November 2001: "Freiwilligenarbeit II"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.de
Senioren Experten
(Druckversion)
Sonnhild Schretzmann
E-Mail: s.schretzmann@ses-bonn.de
Unruhestand
Kaffeekränzchen, Kreuzfahrt, Kegelklub? Fehlanzeige, die Senior Experten leisten in aller Welt Hilfe zur Selbsthilfe für ein Taschengeld. Ganz nach dem Motto des internationalen Jahres der Freiwilligen: "Was ich kann, ist unbezahlbar."!
Das Telefon klingelt bei Antonius Heitmann in Krefeld. "Da müssen Sie schon in Mexiko anrufen", sagt die Stimme am anderen Ende. "Dort hilft er in den nächsten Monaten einem mexikanischen Unternehmen, seine Textilmaschinen einzurichten." Fehlanzeige auch bei Peter Illg in Nümbrecht. Er ist gerade zu seinem nächsten Einsatz nach Russland aufgebrochen, wo der ehemalige Küchenchef das Personal eines Restaurants in europäischer Gastronomie unterweist.
Hebamme in Uganda
Elisabeth Friedrich ist von ihrem dritten Einsatz in Uganda zurückgekehrt. "Ich war gerade in meinem Dorf in Afrika angekommen, da habe ich schon Zwillinge entbunden." Die beiden gesunden Jungen Waswa und Kato wurden in der neuen Ambulanz geboren, die unter ihrer Leitung aufgebaut worden ist. Die ehemalige Hebamme aus Heiden engagiert sich auf einer Insel mitten im Vikoria-See für die gesundheitlichen und sozialen Belange der ugandischen Gemeinde Bumangi: "Mit Aids, Malaria und deren Folgen müssen die Menschen kämpfen." Es fehlen sauberes Wasser und Grundkenntnisse in Hygiene.
10-Punkte-Plan
Elisabeth Friedrich hat mit ihren Helfern inzwischen viel geschafft: Im April dieses Jahres ist die Grundschule fertig geworden, gebaut aus Mitteln privater Spenden aus Deutschland, die sie mit viel Engagement einwarb. Die Ambulanz hat jetzt elektrisches Licht in jedem Raum, eine Decke, an der nicht mehr Fledermäuse kleben und einen abschließbaren Medizinschrank. Später soll noch ein solarbetriebener Kühlschrank für Medikamente hinzu kommen.
Sie träumt von einem kleinen Labor, um Bluttests bei HIV-Infektionen und Malaria machen zu können. Und ein Waisenhaus wäre wichtig, denn durch das Sterben aidskranker Eltern kommen immer mehr Waisenkinder nach Bumangi. Aus ihrem Heimatort hat Elisabeth Friedrich eine Schneiderin mit nach Uganda genommen, die den afrikanischen Frauen hilft, auf gespendeten Nähmaschinen Schulkleidung für Waisenkinder zu nähen. Elisabeth Friedrich hat sich einen 10-Punkte-Plan gemacht, den sie Punkt für Punkt bei ihren Einsätzen erfüllen will.
Hilfe in 141 Länder
Die 63-Jährige Hebamme gehört zu den rund 5300 Senior Experten, die in der Kartei des Senior Experten Dienstes (SES) in Bonn verzeichnet sind. Das sind Menschen im "Unruhestand", die ihr Wissen und Können freiwillig und für ein Taschengeld weitergeben, um in Entwicklungs- und Schwellenländern Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Vor fast 19 Jahren wurde der SES als Ehrenamtlicher Dienst der deutschen Wirtschaft gegründet. Träger dieser Gemeinnützigen Gesellschaft sind der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie und Handelskammertag, der Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Carl Duisberg Förderkreis. 1071 Einsätze absolvierten die Senior Experten des SES allein im Jahr 2000, hauptsächlich im asiatischen Raum. Wichtigste Einsatzländer sind China und Russland. Insgesamt ist der SES bisher in 141 Ländern tätig - von Bulgarien bis zu den Fidschi Inseln. Und die Anfragen aus dem In- und Ausland nehmen weiter zu.
Beispiele
Günther Scherrle prüft hier gemeinsam mit seinen chinesischen Auftraggebern die Garnqualität in einer Spinnerei.
In der Mongolei half Senior Experte Hans-Eggert Niebur einem Kosmetikunternehmen, die Qualität der Produkte zu steigern und die Rohstoffe effektiver einzusetzen.
Auf einer Farm in Namibia war Christel Behrend tätig, um mit Dorfbewohnerinnen Lederwaren für den heimischen Markt zu produzieren.
Motive
Warum sich Menschen im Rentenalter den ungewohnten Lebensbedingungen in anderen Ländern aussetzen? Dafür gibt es viele Gründe: Neugierde auf fremde Gegenden und Menschen, das Gefühl, gebraucht zu werden, etwas Sinnvolles auch nach der Pensionierung machen zu können, die Hände nicht in den Schoß legen zu wollen. "Zuhause fällt mir die Decke auf den Kopf," beschrieb es z. B. Rosemarie Otto, eine 72 Jahre alte ehemalige Direktrice, die unter anderem in einem großen indonesischen Unternehmen half, Herrenhemden effektiv zuzuschneiden und zu nähen. Es war ihr 9. Einsatz als Senior Expertin.
Der "eigentliche" Lohn für die Senioren ist: Sie lernen Land und Leute kennen wie kein Tourist. Viele private Freundschaften entstehen, die Kontakte halten oft lebenslang. So wie bei Elisabeth Friedrich, die sich seit ihrem 1. Einsatz 1999 auf der Insel im Viktoria-See mit den Menschen dort so verbunden fühlt, dass sie auch privat immer wieder nach Uganda fahren will.
Kontakt
Wollen Sie Senior Experte werden? - Wer sich beim SES registrieren lassen will ist willkommen! Sie/er soll aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden, finanziell unabhängig und gesund sein. Bewerbungs- und Registrierungsunterlagen können beim Senior Experten Service angefordert werden.
Senior Experten Service
Postfach 22 62
53012 Bonn
Tel.: 0228/260 90-0
Fax: 0228/260 90 77.
e-mail: ses@ses-bonn.de
Im Internet ist der SES zu finden unter: www.ses-bonn.de