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LernCafe 13 vom 15. Dezember 2001: "Städte & Regionen"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.de

Textropolis
Eine Literaturmetropole im Internet
(Druckversion)

Margit Huber
E-Mail: Margit.E.Huber@t-online.de

Hintergründe
Drei junge Männer, für die Schreiben "kein Akt des freien Willens", sondern, nach Paul Auster, "eine Sache des Überlebens" ist, wollen Deutschland verstehen lernen. Eine literarische Reise der besonderen Art durch deutsche Ortschaften, eine faszinierende Tour durch die Köpfe verschiedenster Autoren soll ihnen selbst und allen, die sich von der Projekt-Homepage fesseln lassen, Land und Leute erschließen. Über das Internet regen sie seit Januar 2001 alle deutschsprachigen Menschen dazu an, kurze Texte oder Gedichte über ihre besonderen Beziehungen zu deutschen Städten, Dörfern, Gemeinden zu schreiben. 


„Textropolis“
Weder Größe noch Bedeutsamkeit der Orte noch der Bekanntheitsgrad der Schreibenden spielen eine Rolle; einzige Voraussetzung ist die Möglichkeit der geographischen Einordnung des Textes in eines der 16 Bundesländer. Ein dreidimensionales Textpuzzle beginnt zu entstehen, das am Ende ganz Deutschland flächenmäßig abdecken soll und aus dem einzelne Orte mit besonders intensiver literarischer Präsenz herausragen. "Textropolis" - dahinter kann ein völlig unbekannter konventioneller Ortsname stecken – dieser Titel gebührt dem Ort, der das dichteste literarische Beziehungsnetz aufweisen kann, Textropolis nennt sich auch das virtuelle Projekt.


Die Homepage
Schwarzer Hintergrund – gelbe Umrisse – rote Punkte: Eine interaktive Landkarte Deutschlands mit allen 16 Bundesländern, die auf Anklicken einzeln heraustreten und die Ortschaften preisgeben, zu denen bereits Texte geschrieben wurden, ist das erste, womit Besucherinnen und Besucher der Seite konfrontiert sind. Dazu eine kurze vertikale Menü-Symbolleiste am linken Bildschirmrand. Neugierige Besucherinnen und Besucher werden weder verwirrt noch enttäuscht und vor allem nicht in den unentrinnbaren "Cyberspace-Dschungel" gelockt. Von jedem neuen Fenster gelangt man problemlos wieder auf die Ausgangsseite zurück. Das klare selbsterklärende Design hilft, die eigenen Gedanken zu bündeln: Der Blick auf die leere Landkarte weckt erstaunlicherweise Erinnerungen an Dutzende von Ortschaften, an Erlebnisse, die man dort hatte, Erfahrungen die man im Lauf der Zeit dort machen konnte, über die es sich zu schreiben lohnen würde. 


Das Projekt
Ein Klick auf „Statistik“ liefert Ergebnisse über das gesamte Textaufkommen und seine Verteilung innerhalb der einzelnen Bundesländer, sowie die Konzentration auf einzelne Orte. Bremen beispielsweise kann bisher zwei Texte, Bayern 24, Nordrhein-Westfalen hingegen 50 Texte aufweisen. In einem Land wie Baden-Württemberg gibt es kleine, sehr produktive Ortschaften, während die großen Städte überhaupt noch nicht mit einem Punkt auf der Landkarte vertreten sind. Ob ein Ort auf der Landkarte erscheint, entscheiden nämlich die Autorinnen und Autoren. Schreibt jemand einen Text über einen bestimmten Ort, auch wenn er nur zu Besuch dort gewesen ist, so erscheint dieser Ort danach auf der Karte als roter Punkt, der gleichzeitig ein Link auf diesen Text ist. 


Vernetzung über Schlüsselwörter
Die Texte wiederum sind durch "keywords" (Stichworte) miteinander verbunden. Die Autorin, der Autor soll zwei oder drei Wörter im Text markieren, die charakteristisch für den betreffenden Ort sind oder ihn am besten beschreiben; diese keywords werden dann von den Projektbetreuern als Links ausgestattet und führen zu gleichlautenden Wörtern in anderen Texten. Auf diese Weise entstehen thematische, "reizwortgeleitete" Reiserouten, Spuren und Linien von Eindrücken, die unser Land durchziehen: Zuneigungs- und Abneigungs-Gefälle, Emotionsgipfel und –täler, Wärme- und Kälteströme werden sichtbar. Dieses Projekt ist kein Ort für die gezielte, auf Werbewirksamkeit getrimmte Hervorhebung oder Nivellierung von Städten und Regionen im Sinne der Tourismusbranche. Anders als saisonale preisgünstige package-Tours enthält die hier entstehende Deutschlandreise nur "unvorgekautes" Selbsterlebtes und Erinnertes.


Denk' ich an Deutschland...
Beim Nachdenken über die eigenen Beziehungen zu deutschen Ortschaften lernt man zuallererst sich selber, danach erst das Land besser kennen: Das Geflecht der Fäden, die uns mit Städten, Dörfern und Gegenden verbinden, erweist sich als ungeahnt dicht. Der ganze Lebenslauf ist darin verwoben. Blitzartig durchfährt es mich, dass mein eigenes Verhalten Fremden und Nachbarn gegenüber längst ein Scherflein zum Charakter des heutigen Wohnorts, aber auch der früheren Heimat, beigetragen haben muss! Es könnte Eindrücke hinterlassen haben bei Menschen, die jetzt möglicherweise ihre Ortsgeschichte in die Homepage stellen... 


Lust auf Mitmachen?
Klar ausgedrückt und einfach zu bewältigen sind die wenigen Anforderungen an Autorinnen und Autoren des Projekts. Zuoberst der Grundsatz: Das Projekt ist aus arbeitstechnischen und Zeitgründen auf Deutschland und die deutsche Sprache begrenzt. Wer seine besonderen Beziehungen zu einem deutschen Ort schriftlich in Form einer Erzählung oder eines Gedichts ausgedrückt hat, soll darin nach Möglichkeit zwei bis drei keywords markieren und den fertigen Text an Textropolis e-mailen. Wer kein Mailprogramm hat, kann den Text auch per Formularangabe oder html-Datei direkt von der Homepage aus an Textropolis senden. Für die Umsetzung ins Internet wird gesorgt; es entstehen dem Absender keine Kosten und die Rechte bleiben beim Autor. Gegenleistung ist die kostenfreie Erlaubnis der Textveröffentlichung in Textropolis. Persönliche Daten werden vertraulich behandelt – z.B. wenn ich unter Pseudonym schreiben will. Einziger Vorbehalt: Beiträge mit sexistischen, rassistischen oder sonst wie gestörten Inhalten werden direkt entsorgt.


Infos, Links, Adressen
Eine Liste der bisher 88 Autorinnen und Autoren, ist der Statistik zu entnehmen, ebenso die zehn neuesten Einträge. 
Die Kontaktseite enthält ein Gästebuch und die Möglichkeit Fragen, Anregungen und Kritik zu äußern. Sie führt auch zu einem Link, www.texteratur.de , das zu Personenbeschreibungen und Fotos der Urheber des Projekts, Henrik Bollermann, Torsten Steinhoff und Johannes Rose führt. 
Das Projekt Textropolis und 7891 seit Januar 2001 entstandene Texte ist aufzurufen unter
http://www.textropolis.de/1024.htm