LernCafe 13 vom 15. Dezember 2001: "Städte & Regionen"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Internet-Projekt alt-und-jung
Pflegebedürftige Senioren gewinnen
durch Grundschulkinder den Anschluß ans Internet
(Druckversion)
Jörg Liese
E-Mail: liese@mfh-iserlohn.de
Weihnachtsgrüsse per Internet
"Unsere Vision ist, in einem Modellprojekt nachzuweisen, daß es möglich ist, alten Menschen neue Lebensinhalte über das Internet zu erschließen". Rechtzeitig zu Weihnachten soll die Vision bereits wirklichkeitsnäher werden. Dann sollen zwischen Kindern der
Overberggrundschule Hagen und ihren Paten im Caritasheim St. Martin in Hagen-Boelerheide Weihnachtsgrüße ausgetauscht werden - und das per E-mail. Doch es geht keinesfalls nur um die Abwicklung technischer Vorgänge. Vielmehr sollen zum Fest der Freude die zwischenmenschlichen Beziehungen im Mittelpunkt stehen - das Internet dient dazu als eine weitere Möglichkeit." So hieß es in einer Pressemitteilung vor drei Jahren zu einem Internetprojekt alt und jung in Hagen (Westfalen). Der Projektleiter, Prof. Dr. Jörg Liese, berichtet, wie das Projekt entstanden und was daraus geworden ist.
Christian Carls
Konzept
Das Projekt "alt-und-jung" orientiert sich an einem Gesamtkonzept, das auf die Kurzformel "Für die Kommunikation - gegen die Isolation" gebracht werden kann. Das Internet schafft die Voraussetzung für die Vernetzung eines Individuums mit dem Wissen der Welt. Je nach Interesse, Stimmungslage und individueller Fähigkeit können Fenster "nach außen" geöffnet werden. Das Problem "Zugangsbarriere" wird mit Hilfe von Kindern gelöst. Von der Overbergschule wurde das pädagogische Konzept für das Projekt durch Frau Liese erarbeitet und kontinuierlich evaluiert. Grundlegende Komponenten für "alt-und-jung" entstammen dem Projekt der Overbergschule "Wir kommen uns näher", welches seit dem Schuljahr 1996/97 erfolgreich durchgeführt wird.
Kooperations-
projekt
Im wesentlichen wird das Projekt "alt-und-jung" in Kooperation zwischen folgenden Partnern durchgeführt:
- Das Caritas - Altenzentrum St. Martin ist der zentrale Ort der Durchführung des Projekts. Das Pflegeheim stellt zum großen Teil die Infrastruktur für das Projekt zur Verfügung. Etwa 10 Heimbewohner wirken unmittelbar in "alt-und-jung" mit. Die Betreuung erfolgt durch das Team der sozialpädagogischen Mitarbeiter unter der Leitung von Frau Schüller.
- Von der Märkischen Fachhochschule wird "alt-und-jung" von der studentischen Arbeitsgruppe "Umsetzung von Innovationskonzepten", Leitung Prof. Dr. Liese, betreut.
- Die Fachhochschule Dortmund hat unter der Leitung von Prof. Dr. Kamenz, ProfNet Institut für Internet - Marketing, das Lastenheft für die Internet - Plattform entwickelt.
Kontaktebenen
Diese Herstellung von Außen-Kontakten geschieht auf zwei Ebenen:
· auf der technischen Ebene - über Informations- und Kommunikations- Angebote des Internet. Hier wird zunächst der "Postverkehr" - e-mail - genutzt.
· auf der sozialen und personalen Ebene - Kinder, etwa im Alter von 8 bis 11 Jahren, spielerisch und selbst Internet-neugierig, helfen den Älteren, mit dem Internet umzugehen, über das Internet "Briefe zu schreiben" und die Informationswelt des Internet zu erfahren.
Es soll also einerseits die virtuelle mail - Kommunikation und der Umgang mit der Technik gefördert werden; andererseits sollen "echte", gemeinsame "Spiel- und - Lern- Sitzungen" vor dem PC (den PCs) im Altenzentrum St. Martin stattfinden.
Take Off
Die ersten konkreten Schritte zur Realisierung dieser Ziele sind in der take-off-Phase des Projekts unternommen worden.
- Es konnten Förderer gefunden werden, die durch Sach - und Geld -Spenden erste Ansätze (Einrichtung eines Netzwerks mit drei PCs) ermöglichten.
- Eine eigene Internet-homepage zur Darstellung der Projektziele - http://www.alt-und-jung.de - und eine verborgene Arbeitsplattform wurden eingerichtet.
- Von den beiden Hochschul - Arbeitsgruppen wurde eine seniorengerechte Nutzer - Oberfläche für die PCs im Altenzentrum geschaffen. Hauptmerkmale dieser Oberfläche sind: Bilder der Teilnehmer und große, gut sichtbare Brief - Symbole ("icons").
- Am Altenzentrum sowie an der Overbergschule wurden Lern - und Kommunikationsgruppen eingerichtet. Die soziale Struktur dieser Gruppen wird wesentlich von den schon seit dem Projekt "Wir kommen uns näher" bestehenden Vertrauens- und "Paten" - Beziehungen getragen.
E-Mail Kontakte
Überwiegend wurde zunächst die e-mail - Kommunikation eingesetzt. Zu Weihnachten wurden Grüße und Informationen über das Projekt von den Senioren an Prominente verschickt. Regelmäßig werden e-mail Sitzungen vor den PCs im Altenzentrum durchgeführt. Die Gruppen sind so aufgeteilt, dass jedes Kind mit seinem Senior eine Unterrichtsstunde am PC verbringt, während die anderen die Unterrichtsstunde mit Singen, Erzählen und Spielen gestalten. An Tagen, an denen die Kinder nicht im Altenheim sind, senden die Kinder aus der Schule e-mails an die Senioren. Zu bestimmten Zeiten werden diese Nachrichten, derzeit noch mit Hilfe der sozialpädagogischen Mitarbeiterinnen, im Altenzentrum abgerufen, gelesen und beantwortet.
Schulungen
Ziel ist es aber, die Heimbewohner zu befähigen, dies selbst zu tun. Die Kinder sind damit beschäftigt, den Älteren beizubringen, eine mail bei abgeschalteten Computer abzurufen, d.h., sie erklären, was man tun muss, damit man an die Information kommt und wie man diese auch beantworten kann. Gelernt haben die Senioren, wie man in das Gästebuch des Patenkindes schreiben und die mail versenden kann.
Internetrecherchen
Bei den gemeinsamen Treffen im Haus ist das Schreiben in das Gästebuch bei Anwesenheit der Kinder nicht mehr so interessant. So fragen die Senioren verstärkt bei den Kindern nach, ihnen den Zugang zum Internet zu öffnen.
· Sie fragen nach früher bereisten Urlaubsorten, Heimatstädten, Wohnorten von Verwandten und Bekannten.
· Großes Interesse besteht auch an der Stadt Hagen:
Was ist da los?
Was wird im Theater gespielt?
Wie sieht das Museum von innen aus?
Die Kinder freuen sich, ihren Paten etwas zeigen zu können und versuchen auch, den Senioren die Handhabung des Internet zu erklären.
Handicupgerecht?
Des öfteren bringen die älteren Menschen zu den Treffen e-mail Adressen von Bekannten und Verwandten mit und sind dann ganz stolz, wenn sie in ihrem Alter den noch jüngeren Bekannten erfolgreich ge-emailt haben.
Damit dies allerdings in naher Zukunft auch ohne die Hilfe der Kinder möglich wird, muss die technische Ausstattung der Computer, die noch nicht handicupgerecht aufbereitet ist, noch erfolgen. (Beispiele: große Schalter - nicht dezent verborgen im oder gar hinter dem Gehäuse, große Bildschirme mit großer Schrift, ...). Ziel muss sein, dass die Senioren den Computer selbständig bedienen können, damit sie sich auch die Außenwelt selbst erschließen können, um von den Interessen und Bedürfnissen der Kinder unabhängig werden zu können. Die Senioren sollen einen kleinen Freiraum erhalten, den sie noch selbst bestimmen und eigenverantwortlich gestalten können. So sollen die Älteren über eine einfache "Lesezeichen"- Oberfläche, die noch zu programmieren ist, auch ans "Surfen" in der Internet - Informationswelt heran geführt werden.
Beteiligte und Förderer
Projektbeteiligte:
Caritasverband Hagen, Altenzentrum St. Martin
Katholische Overbergschule Hagen
Märkische Fachhochschule, Abt. Hagen
Fachhochschule Dortmund
Projektleiter:
Rektorin Jutta Liese
Overbergschule Hagen
Overbergstraße 37, 58099 Hagen, Telefon: 02331-61451,
E-Mail: liese@overbergschule.de ? http://www.overbergschule.de
Professor Dr. Jörg Liese
Märkische Fachhochschule, Abteilung Hagen
Fachbereich Technische Betriebswirtschaft
Haldener Straße 182, 58095 Hagen
Telefon: 02331-987-2391 oder -2128 ? Telefax: 02331-987-322
E-Mail: liese@mfh-iserlohn.de ? http://www.alt-und-jung.de
Förderer:
Georg-Gottlob-Stiftung, Essen
Familie Walter Theisen - Stiftung, vertreten durch den
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen
Förderverein der Katholischen Overberg Grundschule, Hagen
Microsoft GmbH, Unterschleißheim
Sparkasse Hagen
Links
www.overbergschule.de/auj/default.htm