LernCafe 15 vom 15. Februar 2002: "Sicherheit"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Vernetzte Insel
(Druckversion)
Ruth Groebler
E-Mail:RGroebler@aol.com
Einführung
Was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Für Ruth Groebler aus Norderney ist die Antwort ganz klar: "Nicht ohne meinen Computer", sagt die 69-jährige Ostfriesin heute.
Die ehemalige Bankangestellte leidet an Parkinson und ist dadurch in ihrer Mobilität stark eingeschränkt. Dabei ist sie früher um die halbe Welt gereist, war in Amerika, Russland und Afrika, und trampte vor weniger als fünfzehn Jahren noch als Rucksacktouristin durch Portugal.
Heute reist sie per Mausklick durch die Weltgeschichte, was ihr neben kurzweiligen Stunden auch viele neue Freunde beschert. Wie sehr PC und Internet ihr Leben umgekrempelt haben, weiß Ruth Groebler hier zu berichten:
Technikeinzug
Vor mehr als zwei Jahren stand meine Tochter vor der Tür - mit einem viereckigen, kastenförmigen Ding, das ich bisher nur von den Schreibtischen anderer Leute kannte. Dass es sich dabei um einen Computer handelte, war mir wohl klar, aber was sollte ich damit tun?
Da meine Tochter aus beruflichen Gründen ein fortschrittlicheres Gerät benötigte, gab es für diesen hier keine Verwendung mehr. Und als brave Tochter hatte sie gleich an ihre Mutter gedacht, vielleicht würde ich ja daran Gefallen finden?
Schnell bekam ich noch eine Blitzeinweisung, welche Kabel zu verbinden und Knöpfe zu drücken waren - und schon ließ sie "uns zwei" allein. Etwas unheimlich und stumm stand er da - die moderne Technik hatte also auch bei mir Einzug gehalten.
Erste Gehversuche
Am nächsten Tag schon setzte ich mich an den Bildschirm und machte meine ersten "Geh-" oder vielmehr Schreibversuche. Gar nicht so schwierig, stellte ich bald fest, wenn man ihm nur seinen Willen ließ und einige Regeln beachtete. Und tat man es nicht, folgte die Strafe auf dem Fuße, sprich Kollege Computer wurde ungehalten und verhielt sich gar nicht mehr kollegial. Bis er eines Tages überhaupt den Geist aufgab! Da half kein Mausklick und kein Einhämmern auf die Tastatur. Ungerührt starrte mir der Bildschirm entgegen und zeigte keinerlei Reaktion. "Aufgehängt" - wie man so schön sagt....
Krisenmanagement
Jetzt war aber Feuer am Dach! Wen sollte ich anrufen, wer konnte mir da weiterhelfen? Die edle Spenderin zum Beispiel, aber natürlich (wer kennt das nicht, wenn's wirklich brennt...) war meine Tochter nicht zu Hause. Und auch bei meiner zweiten Tochter hatte ich kein Glück. Nacheinander wählte ich die Nummern aller mir bekannten Computer-Besitzer, aber niemand war erreichbar. Das grenzte fast schon an Verschwörung!
So musste ich also selber handeln. Flucht nach vorne, dachte ich und drückte einfach den Hauptschalter auf "off". Was hatte ich denn auch zu verlieren? Ausgemustert war das Ding ja ohnehin schon.
Nach kurzer Zeit knipste ich den Computer wieder an - und siehe da, er ward wieder zu Leben erwacht! Zwar etwas verstimmt, weil ich ihn so unsachgemäß behandelt hatte, aber schließlich verzieh er mir großmütig und weiter ging das Abenteuer!
Text
Druckerwechsel
Bald schon hatte ich die ersten Briefe verfasst und fein säuberlich in verschiedensten Schriftarten ausgedruckt, da stand ich vorm nächsten Problem: der Drucker wollte nicht mehr! Schließlich hatte er schon etliche Jahre auf dem Buckel und verabschiedete sich in den (zugegebenermaßen wohlverdienten) Ruhestand.
Was mir anfänglich gar nicht behagte, erwies sich aber letztendlich als Glücksfall: Zum Geburtstag bekam ich von meiner Familie einen nagelneuen Farbdrucker! Der alte war ja nur schwarz/weiß gewesen, doch jetzt wurde mein neues Hobby wirklich bunt! Was für eine Freude! Nun konnte ich Geburtstagskarten und Einladungen kreieren, Überschriften rot und Texte grün oder blau einfärben. Der Papierverbrauch stieg enorm - und damit meine Sicherheit und Kenntnisse in Sachen "Computerei".
CD-ROMs
Freunde und Verwandte waren aus einem zweiten Grund begeistert von meinem neuen Hobby: Jetzt mussten sie sich nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, was mir zum Geburtstag wohl eine Freude machen könnte, denn: Computerzubehör war das Zauberwort!
Zum Beispiel eine neue CD-Rom! Neben vielen Informations- und Lerndisketten gibt es am Markt eine Riesenpalette an Spielen - und die hatte ich bald schon für mich entdeckt! Den Morgen begrüße ich am liebsten mit einer Runde Kartenlegen, digital natürlich, und für mein Lieblingsspiel "Majonghh" muss immer etwas Zeit sein. Auch über "Tetris" habe ich schon so manche Fernsehsendung verpasst, und oft wundern sich meine Nachbarn, wenn sie spätnachts noch bei mir Licht im Büro sehen...
Erfinderrat
Der Kauf einer Spiele-CD-Rom bescherte mir einmal ein besonders nettes Erlebnis: Die Beschreibung war dermaßen kompliziert, dass ich trotz eifriger Lektüre des Beipacktextes, einfach nicht dahinter kam, was genau zu tun war. Da entdeckte ich am Cover die Adresse des Erfinders und mailte ihn kurzerhand an. (Natürlich hatte ich mittlerweile längst einen Internet-Anschluß...). Herr "Düsendrieb" jedenfalls gab mir sehr nett und geduldig Auskunft und so gingen diverse e-mails hin und her. Inzwischen erkundigt sich dieser (erst 20-jährige Fachmann!!) regelmäßig, wie es der "rüstigen Oma" geht und schreibt oft nette Nachrichten. Ein Spruch von ihm hat es mir besonders angetan: "Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt!"
Computerfreundschaften
Mittlerweile habe ich viele Freundschaften über das Internet geschlossen und auch so manche Reisebekanntschaft dadurch intensiviert. Die Mail-Adresse ist schnell ausgetauscht und eine E-Mail rascher geschrieben als ein Brief. Natürlich wird nicht jede Bekanntschaft zur Freundschaft für's Leben, aber es ist eine schöne Möglichkeit noch locker in Kontakt zu bleiben.
Am Puls der Zeit...
Computer-mäßig bin ich mittlerweile bestens ausgestattet. Meine Familie versorgt mich mit allen möglichen technischen Neuerungen, von denen ich keine mehr missen möchte. Da wäre zum Beispiel ein "Scanner", der es ermöglicht Fotos auf die Festplatte zu spielen und diese ans andere Ende der Welt zu schicken, sofern man dort jemanden sitzen hat... - und obendrein bin ich stolze Besitzerin einer Mini-Digitalkamera...
Kommunikationszentrale
Meine Enkel sind besonders begeistert von meinem neuen Hobby, denn bei Oma dürfen sie selber ran an den PC! Zuhause ist der Computer wegen der beruflichen Nutzung tabu, aber bei mir sind sie natürlich in ihrem Element - und außerdem schon so fit am Gerät, dass wir miteinander "fachsimpeln" können.
Steht eine Feier ins Haus, mutiert mein Büro oft zum reinsten Taubenschlag. Mein Hobby hat sich im Bekanntenkreis herumgesprochen und so manch einer kommt vorbei und möchte etwas geschrieben oder ausgedruckt haben. Im Rahmen meiner Möglichkeiten mache ich das gerne, denn es soll ja ein Hobby bleiben - und ein kleines Sparschweinchen lebt seither von ein wenig Materialbeitrag!
Langeweile???
Der erste "vererbte" Computer hat natürlich längst ausgedient. Ein Jahr hat er mich überstanden, dann musste ein neuer her.
Seit ich mich der "Computerei" verschrieben habe, ist Langeweile ein Fremdwort geworden. Fast sind die Tage (und Nächte...) zu kurz, denn es gibt so viel Spannendes zu tun und entdecken, dass darüber die Zeit wie in Windeseile vergeht.