LernCafe 15 vom 15. Februar 2002: "Sicherheit"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.de
Chaos Computer Club
(Druckversion)
Markus Schaber
Markus@Schabi.de
Ellen Salverius Krökel
esalverius-kroekel@t-online.de
Einführung
"Der Chaos Computer Club ist eine galaktische Gemeinschaft von Lebewesen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Rasse sowie gesellschaftlicher Stellung, die sich grenzüberschreitend für Informationsfreiheit einsetzt und mit den Auswirkungen von Technologien auf die Gesellschaft sowie das einzelne Lebewesen beschäftigt und das Wissen um diese Entwicklung fördert."- Aus der Präambel der Satzung des Chaos ComputerClub e. V.
Ziele
Seit über 20 Jahren beschäftigt sich der Chaos Computer Club mit gesellschaftlich, und politisch brisanten Themen wie z. B. Rechnersicherheit, Datenschutz, Computerkriminalität, Demokratie, Dezentralisierung, Kreativität, Zensur, Meinungsfreiheit, Grundrechte. Dies passiert auf zum einen durch "theoretische" Veranstaltungen (Kongresse, Vorträge, Pressekonferenzen, etc.), ausserdem waren und sind in verschiedenen Anhörungen (z. B. zur Internet-Gesetzgebung) und Gremien sachverständige CCC'ler. Dabei ist man global und grenzüberschreitend. An erster Stelle steht immer das Wissen um die Technologien und ihre Auswir-kungen auf die Gesellschaft zu fördern und weiterzugeben.
Spaß
Zum anderen steht natürlich der "Spaß am Gerät" immer im Vordergrund, also die Beschäftigung mit diesen Themen auf praktische, pragmatische Weise (z. B. BTX-Hack, EC-Karten-Analyse, Programmieren). Hacken ist der Kreative Umgang mit Technik - wenn auch mancher Umgang je nach nationaler Gesetzgebung nicht immer legal ist. Als kriminell versteht man sein Tun aber nicht. Kritisch - schöpferischer Umgang mit Technik ist sowohl Spaß als auch der Ernst am digitalen Zeitalter. Und auch hier ist der Club Kommunikationsplattform, und zwar für alle, die technisch interessiert sind.
Chaoten
Die "Chaoten" zeichnen sich auch durch eine grundsätzliche Skepsis gegenüber allem und jeden, besonders aber Autoritäten aus. Deswegen wurde auch lange diskutiert, ob man einen eingetragenen Verein gründen soll oder nicht. Damit korrespondiert auch das Wort "Chaos" im Namen des Clubs - nur sowenig Formalismus und Organisation wie gerade eben nötig und unvermeidbar. Also gibt es auch ein "Office", bei dem sich der/die zukünftige HackerIn anmelden muß. So viel Ordnung muß sein. Wichtig beim CCC ist weniger das Wissen, das man mitbringt (es kann sowieso niemand alles wissen). Statt dessen gefordert ist die Bereitschaft, etwas dazuzulernen, zu diskutieren und sich selbst einzubringen.
Regional
Obwohl der CCC e. V. seinen Sitz in Hamburg hat, ist er als "galaktische Gemeinschaft" natürlich nicht auf Hamburg beschränkt. Es gibt sogenannte ErfA-Kreise (Erfahrungs-Austausch-Kreise) und Chaostreffs in ganz Deutschland, und sogar darüber hinaus. Wobei sich auch diese Treffs und Kreise vor allem dadurch auszeichnen, daß sie unterschiedlich sind. Der Chaos Computer Club Cologne (C4) zum Beispiel ist ein eingetragener Verein mit eigenem "Chaos-Labor" und offenen Veranstaltungen. Der CCC Ulm dagegen kennt weder eine Organisationsform, noch Mitgliedschaft, und trifft sich als gemütliche Sofa-Runde in einem "Cafe Einstein" genannten Raum in der Uni Ulm. Hier kann wirklich jeder/jede Interessierte jederzeit vorbeischauen.
Veranstaltungen
Zum einen gibt es verschiedene Vortragsreihen (Chaos-Seminar, Chaos-Bildungswerk, und viele andere mehr), die jeweils von einem regionalen CCC organisiert werden. Verschiedensten Themen, von technischen Einführungen über Sicherheitsaspekte bis hin zu politischen Problemen (z. B. die neue Telekommunikationsüberwachungsverordnung). Aber auch bei bundesweiten und internationalen Veranstaltungen (EasterHegg, Hackers at Large usw.) mischt der CCC kräftig mit. Besonders herausragend ist hierbei wohl der alljährliche Chaos Communication Congress in Berlin, auf dem sich etwa 2500 "Datenreisende", Hacker, Freaks, Programmierer, aber auch Professoren, Journalisten, Wissenschaftler, Geschäftsleute und sonstige Interessierte treffen.
Lernen
Gerade der jährliche Kongreß gibt deutlich Auskunft darüber, wie breit gestreut das "Lern- und Informationsangebot" des Clubs ist. Da sind z.B. die Ausführungen zum Vorschlag eine einheitliche Sperrnummer bei Verlust oder Mißbrauch von elektronischen Berechtigungen einzuführen. Was das heißt? Kreditkarten oder Handy verloren heißt mehrere Telefonnummern zu kennen. Oder aber demnächst eine einheitliche Notrufnummer, ähnlich der Polizei- und Feuerwehr- Notrufnummer. Wer dazu gerne etwas gewußt hätte, aber nicht in Berlin war, kann eben jetzt noch übers Netz lernen und diskutieren. Aber natürlich gibt es für die wahren Technikfreaks unter den Computer-Nutzern noch Vorträge und Workshops, bei denen uns puren Anwendern natürlich die Köpfe rauchen.
Weiterlernen
Da gab es doch für alle eifrigen Fernsehgucker vor gar nicht langer Zeit zu bestaunen, wie die Hypo-Vereinsbank geknackt wurde. Per Computer, von ein paar "Jungs", und dann noch im Auftrag von ARD Ratgeber Technik. Wie das geht? Beim CCC kann man das erfahren, nicht unbedingt lernen. Aber lernen kann man daraus etwas über die mangelhafte Computersicherheit unserer Banken. Lernen sollten wir auch etwas über die schleichende Einführung von Zensur im Internet. Nirgendwo scheint es leichter durchzuführen als im Internet, und sogar in Deutschland. Ein ganz heißes Thema sowohl auf dem letzten Kongreß, als auch weiterhin auf den Webseiten des Clubs. Teilnahme ist hier gefragt. Das gilt übrigens auch für das neue Urheberrecht. Eine Kampagne des CCC fordert hier zu mehr Öffentlichkeit auf.
Häcksenworkshop
Was da alles durchs Netz geistert kann uns nun wirklich nicht egal sein. Aber wer soll das kontrollieren? Angesichts der Ineffizienz staatlicher Kontrolle, so der CCC, sind Methoden der Bürgerkontrolle zu entwickeln und zu optimieren. Das hört sich gut an, In jeder Hinsicht, denn der Club liefert auch gleich eine konzeptionelle Grundlage sowie technisch-organisatorische Umsetzung des Projekts, wenn auch erst als Vorschlag. Wenn das kein Arbeitsfeld ist! Denn bevor wir totale Kontrolle von oben erhalten, können wir, die Nutzergemeinschaft, ja vielleicht selber etwas gestalten. Neben wenig Technikverständnis ist hier vielleicht einmal mehr unser politischer Verstand gefragt.
Manipulation
Dies ist in den meisten Fällen ein schlimmes Wort. Im folgenden Beispiel ganz besonders: Zwei Personen kontrollieren 250 Personen!!! Das funktioniert genau dann, wenn unsere Kompetenz und Kritikfähigkeit als Anwender des Alltagsmediums Internet nicht ausreichend ist. Da werden Suchmaschinen in Denunzier-Portale verwandelt, aktuelle Meldungen auf Nachrichten-Sites verändert. Selbst Wörter in privater Email-Kommunikation, die über Web-Interfaces wie Hotmail abgerufen wurden, konnten manipuliert und kontrolliert werden. Und niemand hat etwas gemerkt! Als der Schwindel, eine Diplomarbeit, bekannt gemacht wurde, interessierte sich kaum jemand dafür. Hier soll aber nicht die Nachahmung empfohlen wer-den, oder gar zur Erlernung dieser Technik geraten werden, sondern ein Aufruf zur Mündigkeit ergehen.
Projekte
Natürlich ist der CCC auch aktiv in der Zusammenarbeit mit "gleichgesinnten" Organisationen (z. B. FoeBud, C-Base, SSDeV). Neben politischen Aktionen (z. B. gegen verfassungswidrige Zensur oder die EU Cyper-Crime-Convention) und technischen Projekten (Linux-Cluster, ChipKartenleser, Sicherheit von Funknetzen...) gibt es auch künstlerische Projekte. Blinkenlights zum Beispiel. Zum 20. Geburtstag des Clubs hatten die friedlichen Hacker ein Hochhaus in Berlin in einen 8x18-Pixel-Monitor verwandelt. Per Handy konnte sich der Passant an einem Computerspiel beteiligen. Liebesbotschaften konnten übrigens auch eingegeben werden. Gestaltung öffentlicher Räume im digitalen Zeitalter. Oder: Kreativer Umgang mit Technologie. Diese war aber nur zum Teil von der moderneren Art. Der andere Teil war Baulampen und weiße Farbe.
Chaos-CD
Als Publikationen sind die Chaos-CD (Sammlung von Informations- und Dokumentationstexten) sowie die Clubzeitschrift Datenschleuder erwähnenswert. Für weitergehende Informatio-nen kann eigentlich nur empfohlen werden, die Web-Seiten des CCC und der Regionalgruppen durchzuklicken. Wer vielleicht sonst auf anderen Webseiten die FAQ (Sammlung häufig gestellter Fragen) gerne überspringt oder mit Nichtachtung straft, der wird hier eher damit gestraft sie nicht gelesen zu haben. Viele gerade auch technische oder sicherheitsrelevante Fragen werden hier verständlich beantwortet. Und dann bleibt ja auch noch, einfach mal bei einem Treffen vorbeizuschauen. Im Zweifelsfalle per E-Mail bei den betreffenden Kontaktpersonen erkundigen - bei einer freundlichen Nachfrage beißen die Hacker sehr selten.
Links
Webseite von Chaos Computer Club
www.ccc.de
Chaos Computer Club Regionalgruppe Ulm
http://www.ulm.ccc.de/
Mehr über die Chaos-CD hier in einem neuen Fenster!
http://www.ccc.de/chaoscd/