LernCafe 16 vom 15. März 2002: "Sprache"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Frauensprache - Männersprache
(Druckversion)
Christa Böger
E-Mail: christa.boeger@gmx.de
Einführung
Sprechen Frauen anders als Männer? Erfolgreiche Bücher der achtziger und neunziger Jahre legen diesen Schluss nahe: z.B. "Frauensprache: Sprache der Veränderung" (Senta Trömel-Plötz, 1982), "Das Deutsche als Männersprache"(Luise Pusch, 1984) "Du kannst mich einfach nicht verstehen " - Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden " (Deborah Tannen, 1991). In der Tat erforschen seit der Frauenbewegung in den siebziger Jahren Wissenschaftlerinnen in der westlichen Welt intensiv den Zusammenhang zwischen Sprache und Geschlecht . Dabei interessieren vor allem zwei Fragestellungen: a. Wie werden Frauen in der Sprache ("Sprachsystem) dargestellt? b. Wie verhalten sich Frauen im Sprechen Sprachverhalten")?
Männersprache
Betrachtet man vor allem Berufsbezeichnungen und politische Begriffe, so kommen Frauen oft nicht vor. Wir sprechen in der Regel vom "Kanzler, Politiker, Gesetzgeber, Bürger, Leiter, Professor, Arzt, Anwalt, Handwerker, Techniker, Mediziner, etc.", wenn der Allgemeinbegriff ("Universalisierung") genannt werden soll. Der Mann ist die Norm, die Frau die Ausnahme, die genauer bezeichnet werden muss. Sie wird durch diesen Sprachgebrauch an den Rand gestellt, "unsichtbar" gemacht. Hier ist das Deutsche "Männersprache".
Gesetz
Frauen wehren sich dagegen, und so hat der Gesetzgeber( ! )inzwischen reagiert : "Der Arbeitgeber (!) soll einen Arbeitsplatz weder öffentlich noch innerhalb des Betriebes nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben (§ 611b BGB)". Die sprachliche Gestaltung der Stellenanzeigen mit männlichen und weiblichen Berufsbezeichnungen beweist die Wirksamkeit dieses Protests. In diesen Zusammenhang gehört auch die Bildung neuer weiblicher Berufsbezeichnungen wie z.B. Kauffrau, Vorstandsfrau, Fachfrau, Geschäftsfrau, etc.
Dominanz
Die männliche Dominanz in der Sprache zeigt sich besonders in Ausdrücken wie. "man -jedermann", die in frauenspezifischen Zusammenhängen absurd erscheinen. Zum Beispiel: "Wenn man sein Kind stillt.. wie man seine Schwangerschaft feststellt..." Oder auch "wer" - Wer hat seinen Lippenstift im Bad gelassen?" Die Vorherrschaft männlicher Formen lässt sich in sehr vielen Bereichen der Sprache nachweisen. Sprachforschung und Sprachkritik haben diese Tatsache bekannt gemacht. Sie haben andere Ausdrucksweisen (s.o.) geschaffen, welche die veränderte soziale Wirklichkeit besser wiedergeben. Die sich ständig entwickelnde Sprache nimmt diese auf, verbreitet sie und schafft damit eine neue Realität, in der Frauen "sichtbar" sind.
Kommunikationsverhalten
Sprechen nun Frauen und Männer verschiedene Sprachen? Sicher nicht in dem Sinn, dass Frauen eine Sprache sprechen, die Männer nicht verstehen könne und umgekehrt. Allerdings treten deutliche Unterschiede zu Tage, wenn man ihr Kommunikationsverhalten untersucht. Die Sprachwissenschaft entdeckt hier eine Frauensprache, die im Gespräch mit Männern verwendet wird.
Frauensprache
Auffallend ist etwa, dass Frauen seltener das Wort ergreifen und kürzere Redebeiträge liefern, es ihnen nur selten gelingt eigene Themen durchzusetzen und sie sich häufig unterbrechen lassen. Sie stellen mehr Fragen und formulieren auch Behauptungen als Fragen, sie sprechen höflicher und verwenden keine Vulgärausdrücke. Entschuldigungen, Selbstabwertung , Einladung zur Kritik (z. B. ich weiß nicht, ob Sie etwas damit anfangen können...), schwächen ihre Aussagen, desgleichen geschieht durch indirekte Aussagen und den Konjunktiv. Zu guter letzt suchen sie die Zustimmung ihrer Gesprächspartner durch Verwendung von z.B. nicht wahr, gell, ist es nicht so?".
Mehr noch
Hier lassen sich noch weitere Besonderheiten anführen. Hervorzuheben ist, dass diese "Frauensprache" einen Eindruck von Unsicherheit und Wertlosigkeit entstehen lässt, der es Frauen unmöglich macht, in Diskussionen mit Männern gleichberechtigt aufzutreten. Dagegen ist Frauensprache in Gesprächen unter Frauen eine "Sprache der Verständigung" (Senta Trömel-Plötz, 1996). Der Verzicht auf Dominanz ( Unterbrechen) und Selbstdarstellung (Redezeit) bringt Gleichheit hervor. Unterstützendes Gesprächsverhalten und die Anerkennung der Leistung anderer schaffen Nähe, Solidarität und Arbeitsbegeisterung. Offenheit und Verzicht auf Macht führen zu Loyalität.
Frauenkommunikation
Besonders in Frauengruppen wird diese Form der Kommunikation gepflegt. Frauen fragen nach, hören mit Verständnis zu, beziehen sich auf ihre Vorrednerinnen. Damit unterscheiden sie sich von den männlichen politischen Organisationen, die vor allem durch Hierarchie und Ungleichheit geprägt sind. Frauensprache - Männersprache : "Du kannst mich einfach nicht verstehen"? Nicht unbedingt! Schließlich können sich Frauen wie Männer ihr Sprachverhalten bewusst machen und von einander lernen.
Auch durch wissenschaftliche Weiterbildung!
Links
Auch im Internet wird diese Seite der sprachlichen Auseinandersetzung geführt und gepflegt. Eine besonders gelungener Internetauftritt, der sich um die Frauensprache bemüht, heißt
frauensprache.de: www.frauensprache.de