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LernCafe 17 vom 15. April 2002: "Mit Behinderungen leben"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte
(Druckversion)

Gertrud Herold

Einführung
Die Pro Retina Deutschland e.V. ist - nach dem Blindenbund(DBSV) - die zweitgrößte Vereinigung der Sehbehinderten und Blinden in Deutschland. Gegenwärtig hat sie etwa 4600 Mitglieder. Gegründet wurde sie 1977 als "Deutsche Retinitis Pigmentosa-Vereinigung" von Betroffenen und deren Angehörigen mit der Absicht, sich selbst zu helfen. Der Verband verfügt über Regionalgruppen in vielen Orten Deutschlands. Gertrud Herold, Sprecherin der Regionalgruppe Ulm, berichtet über ihre Erfahrungen. 

Die Gruppe
Ich engagiere mich in der PRO RETINA, seit ich 1995 meinen Beruf wegen der Verschlechterung meines Sehvermögens aufgeben musste. Diese Selbsthilfe-Aktivität ist manchmal nicht ganz leicht - bei einem nur noch winzigen Sehrest auf einem Auge, der weder zur Orientierung noch zum Lesen ausreicht. Diese Tätigkeit bereichert aber sehr und hilft, den "Blick" auch für andere Probleme zu behalten, vermittelt neue Kontakte und erweitert so den Horizont. Im Raum Ulm/Neu-Ulm treffen sich seit etwa 6 Jahren Mitglieder der PRO RETINA regelmäßig einmal im Monat. Der erste Kontakt war 1995 anlässlich eines Orgelkonzertes im Ulmer Münster zustande gekommen, das der erblindete Organist Bernd Schneider aus Dresden gestaltet hatte.

Aufgaben
Der Bundesverband fördert die Information und Beratung der Mitglieder zu Behandlungsmöglichkeiten und Hilfsmitteln, zum Sozialrecht und zum Stand der Forschung. 
Auf der regionalen Ebene stehen darüber hinaus die persönlichen Kontakte unter Betroffenen und ihren Angehörigen im Vordergrund, denn als besonders wichtig und notwendig erweisen sich immer wieder der Erfahrungsaustausch und das Gespräch über alle Probleme, die sich bei einer fortschreitenden Verschlechterung des Sehvermögens ergeben - in einer vorwiegend von "visuellen Informationen" bestimmten Welt. So bemühen sich Mitglieder der Regionalgruppe auch, praktische Verbesserungen in ihrem Lebensumfeld anzuregen ( z. B. Kontrastmarkierungen an Treppen, Glastüren und Pollern, deutliche Fahrpläne und Hinweisschilder u. a. m.). Gelegentlich organisieren wir auch spezielle Führungen und Ausflüge und beteiligen uns an Informationsveranstaltungen. 

Behindertenplan
Zum "Behindertenplan für eine barrierefreie Stadt" konnten wir Anregungen beitragen und dabei auf die Bedürfnisse der wachsenden Zahl von Menschen mit Seheinschränkungen aufmerksam machen.
Um gerade in diesem Bereich Verbesserungsmöglichkeiten publik zu machen und sichtbare Fortschritte zu erzielen, haben wir mit der Unterstützung der Stadt Ulm in diesem Jahr eine Informationsveranstaltung geplant, mit der wir besonders Fachleute ansprechen möchten, die für Bauprojekte und Gestaltungsmaßnahmen zuständig sind, denn oft kommt es zu einer unbefriedigenden und unzweckmäßigen Gestaltung, weil nicht die Bedürfnisse aller Nutzer bekannt sind. Es gibt dafür auch in Ulm zahlreiche Beispiele. Oft hätte mit wenig Aufwand viel Nützliches bewirkt werden können und es sollte wenigstens zukünftig versucht werden, den öffentlichen Raum so zu gestalten, dass die Orientierung für alle Nutzer, für Behinderte und Nicht-Behinderte, erleichtert und sicherer wird.

Wünsche
Wünschen würde ich mir, dass sich noch mehr Betroffene und auch Nicht-Betroffene für unsere Belange engagieren.
Ich wünsche mir aber auch, dass unsere Gruppe Kontakt zu Bildungs- und Kultureinrichtungen pflegen könnte, denn in diesem Bereich gerät man bei schwindender Sehkraft schnell "ins Abseits", sei es ,weil die Mobilität schwieriger wird oder vielleicht auch die Lesefähigkeit teilweise oder ganz verloren geht. Der heute für die meisten selbstverständliche Zugang zum Computer, zum Internet, z. T. auch zu den Informationsangeboten des ZAWiW, ist zwar grundsätzlich auch für Sehbehinderte möglich, aber doch sehr erschwert: Nicht jedem stehen die nötigen technischen Hilfen zu Verfügung. Und als Späterblindender oder Späterblindeter die Blindenschrift noch so gut zu erlernen, dass man sie flüssig lesen und schreiben kann, schaffen die wenigsten.

Link und Kontakt
http://www.pro-retina.de/ 
Regionalgruppe Ulm
Gertrud Herold
Tel. 0731-481679
Fax.: 9405934