LernCafe 17 vom 15. April 2002: "Mit Behinderungen leben"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Martin Schuth
Porträt
(Druckversion)
Birgit Hochmuth
E-Mail: mamayer-hochmuth@t-online.de
Biographie
Martin Schuth ist 1958 in Ulm geboren. Seit seinem Badeunfall mit 14 Jahren ist er querschnittgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Er haderte nicht mit seinen Schicksal. Er hat etwas aus seinem Leben gemacht: Für sich und auch für mobilitätseingeschränkte Menschen. Nach dem Abitur machte er die Ausbildung zum Logopäden (Sprachtherapeut) und arbeitete dann neun Jahre in der Neurologischen Abteilung der Rehabilitationsklinik in Ulm. Seit 1990 ist er freier Mitarbeiter eines großen deutschen Rollstuhlherstellers.
Seine Devise
"Wenn ich etwas will, wenn ich für etwas die Energie aufbringe, wenn ich etwas durchsetzen, etwas lernen möchte, muss ich weitergehen. Probleme sind dazu da, gelöst zu werden und nicht zu sagen: Es geht nicht. Es geht! Bevor man sagt, es gibt keinen Weg, sage ich immer: Wir haben längst noch nicht alles ausdiskutiert und noch lange nicht alles ausprobiert." So machte er als erster Tetraplegiker (Halsmarkgelähmter) den Pilotenschein und war Gründungsmitglied der Ultraleicht-"Rolliflieger", Interessengemeinschaft Luftsportbehinderter e.V. 1995 gründete er ein barrierefreies Ferienparadies in der kanadischen Wildnis am Mersey River und seine neuste Erfindung ist das Solarboot "Sunwheel" für "Rolli"-Fahrer.
Der Rugbyspieler
Martin Schuth ließ sich durch seine Körperbehinderung nicht vom Sport abbringen. Zunächst fuhr er Rollstuhl-Marathon und seit 1994 spielt er Rollstuhlrugby, und zwar mit großem Erfolg: Der begeisterte Sportler war auch schon Spieler der deutschen Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft.
Rollstuhl-Rugby
Rollstuhl-Rugby ist eine Mannschaftssportart für mobilitätseingeschränkte Menschen. Die Spielregel sieht vor, dass ein Rollstuhl-Rugby-Spieler mindestens an drei Gliedmaßen eingeschränkt sein muss. Martin Schuth ist ein Tetraplegiker, d.h. ein Halsmarkgelähmter. Vor allem die Tetraplegiker hatten es satt, beim Rollstuhlbasketball den anderen immer hinterherfahren oder oft auf der Auswechselbank sitzen zu müssen. So entwickelten sie schnell das Rollstuhl-Rugby. Ein spannendes Mannschaftsspiel!
"Ulmer Donauhaie"
Martin Schuth rief 1996 die Rollstuhlrugbysportgruppe "Ulmer Donauhaie" ins Leben. Die Idee war, die noch relativ junge Sportart flächendeckend in Deutschland aufzubauen. Jeder sportbegeisterte Rollifahrer sollte die Möglichkeit erhalten, diese Sportart im Verein auszuüben. Durch die jahrelangen Kontakte zu den Basketballspielern und Rolljoggern in seiner Heimatstadt waren die ersten interessierten Spieler schnell gefunden.
Natururlaub ohne Barrieren
Martin Schuth hatte die Idee ein Ferienparadies in der kanadischen Wildnis zu gründen. Alle Menschen sollten die Schönheit der Natur ohne Einschränkung genießen können. Er verfolgte beharrlich seinen Traum, durch Innovation technologischen Fortschritt mit Ökologie in Einklang zu bringen. 1994 überzeugte er neun Teilhaber von seinem Konzept und so entstand das Mersey River Naturcamp mit Holzhäusern und Tipis. Die Natur wurde rollstuhlgerecht erschlossen, denn Waldboden ist ein Horror für jeden Rolli. Ein Steg führt kilometerlang durch das Gelände, meist direkt am Wasser. Auch durch eine bestimmte Vorrichtung, ist es jedem Rollifahrer möglich, ganz ohne Hilfe in sein Kajak zu gelangen und sich wie Lederstrumpf zu fühlen.
Ferien am Mersey River
Der Traum vom Urlaubsort am Mersey River wurde Wirklichkeit. Das Feriencamp wurde in Kanada, auf der Halbinsel Nova Scotia (Neuschottland) errichtet. Martin Schuth und die Initiatoren dieser komfortablen Anlage, liessen dort Tipis und Blockhäuser bauen. Alles ist sehr großzügig ausgestattet. Die Badezimmer haben sogar befahrbare Duschen.
Solarboot
Ein Boot mit dem auch Menschen, die auf einen Elektrostuhl angewiesen sind selbstständig fahren können, dies war wiederum die Idee des innovativen Martin Schuth. So entwickelte er die "Sunwheel", ein Boot, das nur mit dem Motor des Elektrorollstuhls fährt. Zudem funktioniert es ökologisch, nämlich auf Solar- und Elektrobasis. Auch muss ein derart Gelähmter seinen für ihn individuell angepassten Rollstuhl nicht wechseln, sondern kann sich mit ihm auf dem Boot fortbewegen. Gemeinsam mit Ingenieuren und Bootsbauern hat er ein System entwickelt, bei dem die Antriebsräder des Rollstuhls über ein Walzen- und Wellensystem seitliche Schaufelräder in Bewegung setzen. Die Jungfernfahrt war vergangenen Sommer in Ulm auf der Donau.
"Sunwheel 1"
Der Katamaran schwimmt auf zwei Edelstahlkörpern. Der Elektrostuhl ist mit Spanngurten auf einer Walze fixiert, über die zwei unabhängig voneinander laufende Wellen und die Schaufelräder angetrieben werden. Über Solarmodule werden zwei Zusatzbatterien geladen. Außer dem Rollstuhlfahrer haben bis zu drei Passagiere Platz an Bord.
Leben mit Internet
Das Internet ist für den ideenreichen Tüftler Martin Schuth nicht mehr aus seinem Leben wegzudenken. Wenn er eine Idee hat, surft er und schaut nach, gibt es das schon. Oder er sucht nach Firmen, die er als Partner für ein Projekt gewinnen kann. Aber auch sonst nutzt er das Internet. Seine Freunde sind weit verstreut; nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland. Das Internet erspart ihm den Weg zur Post. Auch die Einladungskarten für Partys verschickt er per Internet. Und da kommt schon was zusammen, denn Martin feiert gerne.
Links
www.behinderten-ratgeber.org/sport/fach/rollstuhl_rugby.htm
www.bnv-gz.de/rugby/wirueber.html
www.rollidriver.de/archiv/archall2.html
www.rolliflieger.de
www.merseyriverchalets.com
www.haus-rheinsberg.de