LernCafe 18 vom 15. Mai 2002: "Wohnen im Alter"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.de
Gemeinsam statt Einsam
(Druckversion)
Dieter Mattern
vom Verein "Gemeinsam statt Einsam e.V."
E-Mail: mattern@infokomm.de
5 Jahre
Für uns war es kein Aprilscherz als vor gut einem Jahr am 1 April 2001 die Gruppe "gemeinsam statt einsam" das Haus auf dem Kronsberg in Hannover bezogen haben. 5 Jahre lang hatten wir die Vision vor Augen gehabt, daß es auch in Hannover möglich sein müßte, als Hausgemeinschaft mit 10 bis 20 Personen in einem Haus - oder Sinnbildlich in einem Boot - mit Gemeinschaftsbereich und Aufzug zu wohnen. Mit 15 Wohnungsunternehmen und Investoren haben wir konkret verhandelt: Doch fast immer ohne Erfolg!
Hindernisse
Immer wieder sind die Verhandlungen zum Scheitern gekommen. In Hannover gab es bislang keine Erfahrungen mit einem derartigen Projekt und die Wohnungsunternehmen fürchten den Zerfall der Gruppe und damit ein vorzeitiges Ende des Projektes. Die Beteiligung der Betroffenen in der Planungsphase war problematisch und uns wurde stets das Gefühl vermittelt, Bittsteller und nicht Partner zu sein. Aber auch die Preisvorstellungen der Nutzer und Anbieter differierte zu stark. Innerhalb dieser 5 Jahre des Suchens und Wartens konkretisierten sich nach und nach unsere Zielvorstellungen und die Gruppe konnte sich konsolidieren. Alle 2 Wochen trafen wir uns und diskutierten über mögliche Projekte sowie über die Grundsätze des gemeinschaftlichen Wohnens.
Diskussion
Die wichtigste Frage war zunächst: Wer soll in die Gemeinschaft aufgenommen und wer ausgeschlossen werden? Nach vielen Diskussionen und einigen Vereinsaustritten kristallisierte die Antwort sich heraus: es sollte eine Gemeinschaft von Alt und Jung werden, also auch lärmende Kindern waren gewünscht. Egal ob Frauen oder Mann, Single oder als Paar, Arm oder Reich - soweit Reiche bei uns überhaupt wohnen wollen - und unabhängig von der Religion sollte für die Mitgliedschaft nur das Bekenntnis zur Haus-Gemeinschaft, sowie die Verpflichtung und die Fähigkeit zur gegenseitigen Unterstützung Voraussetzung sein.
EXPO
Wir hatten zwischendurch sogar die Idee, im Rahmen der EXPO eine Unterstützung zu suchen. Bei der EXPO-Gesellschaft haben wir dann auch angeklopft, wurden sogar freundlich empfangen, aber das war auch alles, was die EXPO für uns tun wollte oder konnte. Die Finanzierung des Projektes war damals nicht gesichert. Also wurde es kein EXPO-Projekt.
Kurz darauf, bei Verhandlungen mit dem Wohnungsunternehmen NILEG in Hannover gab es endlich ein Erfolgserlebnis. Der Geschäftsführer, Herr Gehrke erklärte, er wolle das Experiment mit unserer Gruppe wagen. Der Bauantrag für das viergeschossige Wohngebäude mit 16 Wohnungen in 2 Aufgängen war zwar fertig, dennoch war es für unsere Gruppe möglich, noch eigene Ideen und Wünsche vorzubringen: Ein Aufzug für einen behindertengerechten Zugang zu den Wohnungen, eine Wohnung als Gemeinschaftsbereich, der Austausch von einigen Wannen gegen bodengleiche Duschen sowie weitere kleinere Änderungen.
Motivation
Die Motivation und Beweggründe für die meisten der Beteiligten, sich einem solch langwierigen und mühsamen Prozeß der Gruppenbildung zu unterziehen, waren sehr unterschiedlich. Die Hauptgründe kann man aber direkt dem Motto unseres Vereins entnehmen: Einsamkeit vermeiden und Gemeinsam etwas unternehmen. Aber darüber hinaus gab es auch weitere Gründe:
- Selbstbestimmtes Wohnen auch im hohen Alter
- Vermeidung der Heimeinweisung
- Mobilität erhalten ( körperlich und geistig )
- Gegenseitige Rücksichtnahme und Hilfe
Regeln
Für das gemeinschaftliche Wohnen müssen konkrete Regelungen getroffen werden. Diese Regeln muß jede Gruppe für sich selbst überlegen und ausprobieren. Die "Kronsberg-Gruppe" hat ihre Regeln in einer zweitägigen Klausurtagung erarbeitet. Es wurde beschlossen, sie zunächst für ein Jahr zu erproben und danach erneut zu diskutieren. Hier eine Zusammenfassung in Kurzform:
Kommunikation
- Treffen der Hausgemeinschaft einmal wöchentlich
- "Schwarzes Brett" für interne Informationen im Eingangsbereich
- Anrufbeantworter in jeder Wohnung
Aktivitäten nach Aussen
- Vereinstreffen im Freizeitheim Linden
- Kontakt zum Stadtteilzentrum-Kronsberg
- Schularbeitenhilfe in der Nachbarschaft
Verantwortlichkeiten
Zuständigkeiten
- Gruppenmitglieder übernehmen Gemeinschaftsaufgaben:
- Kontakt zum Wohnungsunternehmen
- Verwaltung der Gemeinschaftswohnung
- Öffentlichkeitsarbeit der Hausgemeinschaft
- Liste der Angehörigen
- Notfallsparbuch
- Urlaubsliste usw.
Finanzierung
- jeder Haushalt hat einen gesonderten Mietvertrag mit der NILEG
- der Verein mietet den Gemeinschaftsbereich, wobei diese Miete wird durch Beiträge der Bewohnerinnen,
der Vereinsmitglieder und durch Vermietung erwirtschaftet
- die Kosten für den Aufzug werden umgelegt (1,00 DM / m² Wohnfläche / Monat)
Notfallregelungen
- Es gibt ein Notfallkonto für Hilfsmaßnahmen innerhalb der Hausgemeinschaft
- Täglich einmaliger Kontakt der Nachbarn auf der Etage
- Je ein Wohnungsschlüssel muß hinterlegt werden
Konflikte
- Diskussion der Konflikte zunächst innerhalb der Gruppe
- Falls erforderlich, professionelle Hilfe von außen
Zukunft
Wir sammeln mit dieser Wohn- und Lebensform viele gute und manchmal auch einmal schlechte Erfahrungen. Unsere Hausgemeinschaft besteht z.Zt. aus 18 BewohnerInnen im Alter von 25 bis 75 Jahren und es gibt bereits einige Interessenten für neue Hausgemeinschaften. Deswegen planen wir mit unserem Verein "Gemeinsam statt Einsam e.V." weitere Häuser in unterschiedlichen Stadtteilen Hannovers und suchen dazu die Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen und Wohlfahrtsverbänden sowie den Kontakt zu Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Unsere bisherigen Erfahrungen geben uns dazu den nötigen Mut.
Kontakt
Wer Interesse hat, sich über unsere Arbeit "Gemeinsam statt Einsam e.V." weiter zu informieren, oder sogar selbst in eine Hausgemeinschaft einziehen möchte, der ist herzlich willkommen. Wir treffen uns regelmäßig an jedem 2. und 4. Dienstag im Monat um 18.00 Uhr im Freizeitheim Linden.
Gemeinsam statt Einsam e.V.
Dieter Mattern
Haus Sticksfeld Nr. 17 und 19
Hannover - Kronsberg
Tel.: (0511) 51 39 64 / 62 45 38 / 83 79 842
E-Mail: mattern@infokomm.de