AusdruckenLernCafe 20 vom 15. November 2003: "Gesund ins Alter"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deRatlose Frauen: Hormone - ja oder nein?
(Druckversion)
Christa Böger
E-Mail: christa.boeger@gmx.de
Einführung
"Forever young" heißt der Werbespruch. Er verspricht Frauen in den Wechseljahren "ewige Jugend" und andauerndes Wohlbefinden. In der Tat werden die Beschwerden der Wechseljahre nicht mehr als natürlicher Prozess betrachtet, sondern als Krankheit, die man mit Hormonpräparaten behandelt. So schlucken etwa die Hälfte aller Frauen in den Wechseljahren jahrelang Östrogen/Gestagen-Tabletten. Immer wieder auftauchende Zweifel an Nutzen und Risiko der Hormonersatztherapie (HRT) wurden zurückgewiesen, denn schließlich handele es sich ja um "natürliche" Substanzen, die der Körper vor der Menopause selbst gebildet hat.
Neue wissenschaftliche Studien
Zweifel und Unbehagen blieben, wurden von wissenschaftlichen Untersuchungen genährt, vor allem was die Langzeitwirkungen betrifft . Hier sollte eine Langzeitstudie in den USA -die Women's Health Initiative- endlich Klarheit schaffen. An 16.608 Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren sollten über acht Jahre die Wirkungen von Hormonen erforscht werden, wobei es besonders um die Frage ging, ob Hormone vor Herz-Kreislauferkrankungen und vor Knochenbrüchen durch Osteoporose schützen. Die Studie wurde im Mai dieses Jahres vorzeitig abgebrochen, vor allem auf grund fehlender Wirkung der verwendeten Präparate und der Erhöhung von Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Auch das Brustkrebsrisiko wächst, besonders im fünften Jahr der Einnahme. Das Risiko von Darmkrebs und Knochenbrüchen sinkt allerdings.
Heftige Diskussionen
Das Fazit der US-Ärzte: insgesamt übersteigen die Risiken der HRT deutlich den Nutzen. Die "Million Women" Studie, die in Großbritannien durchgeführt und im Juli 2003 veröffentlich wurde, ergab einen deutlichen Anstieg der Brustkrebsfälle unter HRT.Diese Studien lösten heftige Diskussionen in der Fachwelt, den Medien und bei den betroffenen Frauen aus. Die Befürworter der Hormonersatztherapie wiesen auf methodische Mängel der Untersuchungen hin und darauf, dass sich die Studien nicht auf Deutschland übertragen ließen. Der Faktor "Lebensqualität" werde außer Acht gelassen. Vertreter der Frauenärzte wiegelten ab, von der Pharmaindustrie unterstützt. Ganz anders reagierte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte . Es verfügte, dass Hormonpräparate ab 01. 11. 2003 neue Beipackzettel erhalten, in denen auf das Risiko von Brustkrebs, Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfall ausdrücklich hingewiesen werden muss.
Neue Leitlinien
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft beschloss neue Leitlinien. Sie besagen, dass älteren Frauen drastisch weniger Hormonpräparate verschrieben werden sollen. Die Hormoneratztherapie soll nur bei starken Wechseljahrbeschwerden wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Nervosität, depressiven Verstimmungen, Schlafstörungen niedrig dosiert für einen möglichst kurzen Zeitraum verordnet werden. Hormone dürfen nicht vorbeugend eingenommen werden zur Verhinderung möglicher späterer Erkrankungen wie Herzinfarkt und Osteoporose.
Vorbeugung und...
Was können Frauen also tun? In jedem Fall können sie den Verlauf ihrer Wechseljahre positiv beeinflussen durch:
- Bewegung - z.B. ein täglicher halbstündiger Spaziergang bei jedem Wetter fördert das Wohlbefinden und beugt der Osteoporose vor. Wassertreten, Wechselduschen oder ein Saunagang bringen den Kreislauf auf Schwung.
- Entspannungsübungen - z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga. Sie helfen, mit den körperlichen Veränderungen besser fertig zu werden und verringern des Alltagsstress.
... und Selbsthilfe
- Gesunde und regelmäßige Ernährung - z. B. Vollkornprodukte, frisches Gemüse und Obst, wenig Fett und Fleisch. Die Nahrungsmittel sollten viel Vitamin D und Kalzium gegen die Knochenentkalkung enthalten. Zuviel Süßes vermeiden, denn starke Blutzuckerschwankungen führen zu Hitzewallungen. Statt Kaffee und schwarzem Tee lieber Kräutertees trinken
- Hautpflege und genug Schlaf - das Altern der Haut lässt sich auch durch Hormonanwendung nicht verhindern. Allerdings lässt sich der Alterungsprozess verzögern, wenn man genügend schläft, die Haut mit fetthaltigen Produkten pflegt, nicht raucht und ausgedehnte Sonnebäder meidet.
Hilfreich natürlich auch eine positive Lebenseinstellung. Daneben sollten Aktivitäten entwickelt werden, die dazu führen, "dass in unserer Gesellschaft das Altern von Frauen sowie ihre Kompetenzen und Lebenserfahrungen wertgeschätzt werden" (Bremer Erklärung "wechseljahre multidisziplinär" vom 23. 2. 2003)
Informationen im Internet
Fachkundige Information, die die Selbstkompetenz von Frauen stärken, finden sich in großer Zahl im Internet. Natürlich gibt es auch die Webseiten der Hersteller von Hormonpräparaten, ca. 250 in der BRD. Hier findet frau Produktinfomationen und Werbung, z. B. www.menopause.de (Organon), www.schering.de (Schering), www.astrazeneca.com (Astrazeneca).
Eine Auswahl zu den übrigen, mit kurzen Kommentaren kann eine Hilfe bei der Orientierung im Internet sein. Sehr viele von ihnen lassen sich den folgenden Kategorien zuordnen:
I. Öffentliche Einrichtungen
z. B. Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest, Krankenversicherungen, öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten, Bundes- und Landesinstitute, u. ä. www.aok.de und www.wido.de.
Die AOK und ihr Wissenschaftliches Institut informieren ausführlich, sachlich und verständlich über den neusten Stand der Diskussion. Zusammen mit dem Mitteldeutschen Rundfunk haben sie ein übersichtliches Informationsblatt für Frauen herausgegeben, in dem sie auch auf Möglichkeiten der Prävention und Selbsthilfe hinweisen. Außerdem findet Frau Tipps für Fragen an den Arzt.
www.bips.uni-bremen.de
Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin. Allgemein verständliche wissenschaftliche Auseinandersetzungen, aber auch praktische "Tipps für eine informierte Entscheidung" und Literatur:
www.bfarm.de Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
II. Gesundheitsportale
Die meisten werden privatwirtschaftlich betrieben, beschäftigen oder konsultieren medizinische ExpertInnen. Sie informieren gut, helfen schnell und manchmal auch kostenlos. "Allerdings schwankt die Qualität der Auskünfte zwischen richtig gut und voll daneben". (Stiftung Warentest, 04/2003 www.stiftung-warentest.de ).
www.netdoktor.de
Wechseljahre, Hormonersatztherapie, Prävention und Selbsthilfe werden ausführlich, verständlich und kritisch dargestellt. Im Bereich Women's Health gibt es eine community mit Forum. Viele Links.
www.gesundheitsscout24.de
Sehr umfassend, gut gegliedert, gute Erklärungen. Medizinische Hotline. Links zu Selbsthilfe-gruppen und Frauengesundheitszentren. Wechseljahre positiv gesehen! Praktische Tipps.
www.m-ww.de
Medicine-worldwide
Aufbau, Inhalt und Angebote ähnlich wie.netdoktor und gesundheitsscout. Ausführliche Diskussion der Bewertung von HRT. Zusammenhang zwischen HRT und Demenzerkrankungen?
III. Frauengesundheitszentren
Ca. 998 Eintragungen in Google. Unter www.zdf.de/ZDFde/inhalt dazu ein Überblick mit Adressen, Links und Literatur.
z. B. www.ffgz.de
Feministisches Gesundheitszentrum Berlin - das Portal zur Frauengesundheit. Informationsbroschüren. Webguide zu "Wechseljahren" und "Älteren Frauen".