AusdruckenLernCafe 20 vom 15. November 2003: "Gesund ins Alter"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deLeben und Wohnen im Alter
(Druckversion)
Birgit Ottensmeier
E-Mail: birgit.ottensmeier@bertelsmann.de
Einführung
Mit dem Projekt "Leben und Wohnen im Alter" möchten die Bertelsmann Stiftung und das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) bedarfsgerechte Wohnmodelle und Alternativen zur Unterbringung im Heim für die Zukunft entwickeln.
Neue Herausforderungen
Angesichts des demografischen Strukturwandels und der zu erwartenden Entwicklungen im Bereich der Versorgungssysteme für pflegebedürftige ältere Menschen in Deutschland wird das Wohnen im Alter zukünftig mit einer Reihe von neuen Herausforderungen verbunden sein. So wird sowohl die Gruppe der "jungen Alten" im Jahr 2030 um rund 5 Mio. Menschen ansteigen, als auch die Zahl der Hochaltrigen von heute 3 Mio. auf fast 8 Mio. im Jahr 2050 anwachsen.
Insbesondere die Zunahme der Über-80-jährigen stellt erhebliche Anforderungen an die Altenhilfe, da mit steigendem Lebensalter das Risiko pflegebedürftig zu werden besonders hoch ist. Familienstrukturen, die heute noch größtenteils die Pflege von Familienangehörigen sicherstellen, werden sich ebenfalls zukünftig erwartungsgemäß verändern.
Leben und Wohnen im Alter
Die Gesellschaft wird demnach mit einer Zunahme allein stehender älterer Menschen einerseits und einer Verringerung des Potentials helfender Angehöriger andererseits intelligent umgehen müssen. An dieser Stelle setzt das Gemeinschaftsprojekt "Leben und Wohnen im Alter" der Bertelsmann Stiftung und des Kuratoriums Deutsche Altershilfe an. Begleitet von einem international besetzten Beirat sichten und bewerten die Projektmitarbeiter Alternativen zur traditionellen Heimunterbringung, entwickeln diese weiter und verbreiten sie.
Grundsätzlich soll die Bewertung und Weiterentwicklung den unterschiedlichen Wohnbedürfnissen Älterer entsprechen und gleichzeitig gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen. Seit Projektbeginn im Mai 2002 wurden zunächst ein Sachstandsbericht zu neuen Wohnformen im Alter veröffentlicht sowie unterschiedliche Fachveranstaltungen durchgeführt.
Projektverlauf
Im weiteren Projektverlauf liegen die Schwerpunkte in der Weiterentwicklung bedarfsgerechter Wohnformen, der Etablierung von guten Praxisbeispielen. Diese müssen bei Planern, Trägern und der interessierten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Die Projektmitarbeiter führen daher Workshops, wissenschaftliche Untersuchungen und Informationsveranstaltungen durch.
Als ein wesentliches Projektziel wird mit Ende der Laufzeit im Mai 2005 die Veröffentlichung einer nutzerfreundlichen Publikation angestrebt. Diese soll nicht nur über neue Wohnformen aufklären, sondern insbesondere auch über Vor- und Nachteile unterschiedlicher Konzepte informieren.
Ansprüche ans Wohnen
Hierbei wird vor allem der veränderten Erwartungshaltung an das Wohnen bei der älteren Generation Rechnung getragen. Alle Untersuchungen bestätigen, dass die Mehrheit älterer Menschen so lange wie möglich selbstständig in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben möchte.
Gleichzeitig wächst jedoch auch die Zahl umzugsbereiter Menschen, die im Alter gerne etwas Neues ausprobieren möchten. Eine sich zunehmend ausdifferenzierende ältere Bevölkerung weist folglich darauf hin, dass insbesondere kurzfristig Wohnformen benötigt werden, die die Selbständigkeit betonen und der freien Wahl von Gemeinschaft entgegen kommen.
Selbstbestimmung
Langfristig gesehen wird mit dem zunehmendem Pflege- und Betreuungsbedarf der wachsenden Zahl Hochbetagter der Bedarf an Wohnformen steigen. Ziel dieser Formen wird es sein, umfassende Hilfe für diese Bevölkerungsgruppe zu gewährleisten, der Vereinsamung entgegenzuwirken und auf Selbstbestimmung trotz schwerwiegender körperlicher und/oder psychischer Einbußen zu setzen.
In dem Projekt "Leben und Wohnen im Alter" stehen folglich bei der Bewertung zukunftsweisender Wohnformen sowohl Normalität (d. h. Vertrautheit), Selbstbestimmung, Integration und soziale Kontakte, Prävention sowie Versorgungssicherheit und Kostenneutralität im Vordergrund.
Geforderte Akteure
Älteren Menschen soll ermöglicht werden, so lange wie möglich zuhause wohnen zu bleiben. Erforderlich sind dafür entsprechende Angebote der ambulanten Altenhilfe- und Pflegedienste sowie der psychosozialer Dienste mit barrierefreier Wohngestaltung, gesundheitsfördernder Wohnumfeld- und Stadtplanung. Wichtig ist auch die Ermöglichung sozialer Kontakte durch Gemeinschaftsangebote und entsprechende Räumlichkeiten, möglichst generationsübergreifend vernetzt.
Ein insgesamt anspruchsvolles Konzept, dass zur erfolgreichen Umsetzung eine hohe Koordination und Entwicklung seiner einzelnen Bausteine und Akteure erfordert. Hierbei sind neben der Altenhilfe und Wohnberatung als wesentliche Gestalter auch die Architekten, Landschaftsplaner und die Wohnungswirtschaft gefragt.
Neue Wohnformen
Wohnformen, die von Senioren gewählt werden, entsprechend dem Wunsch, mit zunehmendem Lebensalter noch einmal eine neue Wohnform auszuprobieren, sind mittlerweile gut verbreitet. Dazu zählen beispielsweise das betreute Wohnen oder Seniorenresidenzen. Allerdings wird hierbei der Nachteil gesehen, dass bei erhöhtem Pflegebedarf die Mieter nicht in dieser Wohnform verbleiben können und ein Umzug erneut nötig ist.
Auch gibt es neben den genannten Formen weitere, die trotz zunehmendem Interesse nicht weit verbreitet oder etabliert sind. Hierzu zählen beispielsweise selbstorganisierte Haus- oder Wohngemeinschaften oder das Mehrgenerationenwohnen.
Betreute Wohngemeinschaften
Einen Schwerpunkt setzt das Projekt auf die Weiterentwicklung und Verbreitung der betreuten Wohngemeinschaften. Diese versprechen insbesondere auch für schwer pflegebedürftige und dementiell erkrankte Menschen eine hohe Betreuungssicherheit, entsprechende Vertrautheit (Mitnahme eigener Möbel) sowie ein gebotenes Maß an Selbstbestimmung durch Mieterstatus. Vor allem lassen sich diese kleinen Wohneinheiten flexibel in das vertraute Quartier integrieren und können damit ein wesentlicher Baustein für Quartierskonzepte darstellen.
Gesundheitsförderung
All jene Wohnformen werden im Projektverlauf in besonderer Weise untersucht und gefördert, die im Sinne der Gesundheitsförderung und Prävention einen entsprechenden Stellenwert einnehmen. So meint Gesundheitsförderung in diesem Zusammenhang Ressourcenorientierung auch bei Pflegebedürftigkeit. Diese sind, wie erwähnt, die selbständigkeitsfördernde räumliche Gestaltung von Wohnung und Wohnumfeld, Erhaltung von sozialen Kontakten und Mitwirkung der Betroffenen, Sicherstellung von Normalität und die Integration in die soziale und räumliche Umwelt.
Präventiv wirken weiterhin jene Faktoren, die beispielsweise Stürze vermeiden helfen (Wohnraumanpassung und Barrierefreiheit), Versorgungssicherheit gewährleisten oder Pflegeheimeinweisungen verhindern bzw. hinauszögern.
Zukunftsperspektiven
Die Zukunft des selbstbestimmten Wohnens im Alter liegt einerseits im Abbau institutionalisierter Wohn- und Betreuungsformen. Zudem müssen normale Wohnungen, Wohnquartieren und Versorgungsstrukturen so ausgestaltet werden, dass diese auch für Hochbetagte bewohnbar bleiben. Erforderlich ist auch die Ausdifferenzierung von normalen Wohnungen und Wohnquartieren, die einen präventiven Charakter entwickeln und den Verbleib Pflegebedürftiger ermöglichen.
Besondere Bedeutung erlangt dies vor dem Hintergrund, dass sich im Alter der räumliche Aktionsradius einer Person reduziert. Wohnung, Haus und angrenzende Nachbarschaft werden zu den wichtigsten räumlich-sozialen Kontexten.
Links
Homepage der Bertelsmann Stiftung: www.bertelsmann-stiftung.de
Direkt zum Projekt: www.bertelsmann-stiftung.de/project.cfm?lan=de&nid=824&aid=9155 (mit Downloads)
Homepage der Kuratoriums Deutsche Altershilfe: www.kda.de