AusdruckenLernCafe 29 vom 15. März 2005: "Brücken bauen, Türen öffnen - Lernen durch interkulturelle Begegnungen"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deChancen des Internets
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Maria Burkard
E-Mail: m.burkard@t-online.de
Einführung
In "forum 1/2004 Medien und interkulturelles Lernen" habe ich einen interessanten Artikel mit grundsätzlichen Überlegungen gefunden. Unumstritten ist die Nutzung des Internets in der globalen Wirtschaft. Nicht so einfach ist es im privaten Bereich. Wie fast alle Beiträge zu diesem Thema befasst sich dieser hier mit Problemen, die für die Jugend wichtig sind und die an Schulen entstehen.
Wer denkt schon daran, dass sich im Bereich der Seniorenarbeit ähnliche Fragen stellen? Ich will versuchen, die wesentlichen Gedanken so wiederzugeben, dass sie auch auf unsere Fragestellungen eine Antwort geben.
Möglichkeiten?
Ein reizvoller Gedanke, ein Klick: Wir chatten global, finden Freunde, regen uns an, suchen nach gemeinsamen Themen und beziehen Standpunkte. Ein Lernfeld mit gewissem Spaßcharakter. Dieses Medium der Superlative mit rund 500 Millionen Nutzern könnte ein erstklassiger virtueller Interaktionsraum sein. Wir haben hier also ein ideales Medium für interkulturelle Begegnungen und eine kostengünstige Alternative zu realen Treffen.
Aber:Wie sieht die Wirklichkeit aus? Welche Bevölkerungsgruppen nützen diese Möglichkeiten? Wie viele Menschen haben überhaupt die Chancen dazu?
Die Realität ist nicht so ermutigend, wie es uns die allgemeine Euphorie weismachen will. Interkulturelle Begegnungen im Internet sind nicht die Regel. Dafür gibt es sicher mehrere Gründe.
Kulturelle Unterschiede
Grundvoraussetzung für den Austausch übers Netz ist eine funktionierende Technik. Für uns in Deutschland lassen sich bei gutem Willen die meisten technischen und praktischen Probleme bewältigen. Wer sich keinen eigenen Computer leisten kann, hat fast immer die Möglichkeit, öffentliche Angebote zu nützen.
Es gibt aber genügend Länder, in denen die Situation nicht so einfach ist. In manchen, wie zum Beispiel in China, wird der Zugang staatlich kontrolliert. In zahlreichen Gegenden, beispielsweise in einigen Sahara-Anrainer-Staaten, steht wegen mangelnder Stromversorgung und anderer hemmender Faktoren das Internet überhaupt nicht zur Verfügung. Zugang und Nutzung unterliegen keineswegs dem Prinzip globaler Gleichberechtigung. Nur acht Prozent der gesamten Menschheit haben einen privaten Internet - Zugang. Von Chancengleichheit kann dabei also keine Rede sein.
Motivation
Selbst wenn die älteren Generationen das Internet nützt, dient es oft nur der Informationssuche. Kontakte zu anderen Menschen werden selten gesucht. Ökonomische, aber auch kulturelle, religiöse und geografische Gründe könnten hier eine Rolle spielen.
Wer im täglichen Leben mit seiner eigenen kleinen Welt zufrieden ist und sich nicht für fremde Kulturen interessiert, dem wird auch die Motivation fehlen, Zugang zu den neuen Formen der Kommunikation zu suchen.
Große Zurückhaltung oder sogar Misstrauen können eine Kontaktaufnahme oder gar einen Meinungsaustausch von Angehörigen verschiedener Kulturen und Rassen verhindern. Es besteht daher wenig Interesse an aktiver Internetnutzung. Auch bestimmte soziale Schichten stehen diesem Medium oft skeptisch gegenüber.
Zusammenfassung
Die Vorteile des Internets liegen in der Möglichkeit über große Entfernungen rasche Kontakte herzustellen. Das Kennenlernen anderer Religionen, Gebräuche und Traditionen wird erleichtert. Berührungsängste entstehen viel seltener und Vorurteile gegenüber anderen Kulturen können rascher abgebaut oder zumindest eingeschränkt werden. Partnerschaftliche Beziehungen lassen sich ohne großen finanziellen und zeitlichen Aufwand pflegen. Allerdings bleiben interkulturelle Erfahrungen, die sich nur auf das Internet beschränken, rudimentär, weil sie von der Realität zu weit entfernt sind. Dazu kommt, dass dieses Kommunikationsmittel mangels globaler Nutzbarkeit in seiner Reichweite noch stark eingeschränkt ist.
Bevor der Klick ins Internet wirklich erfolgversprechend sein kann, ist noch viel Engagement im realen wie im virtuellen Bereich gefragt. Trotz aller Einschränkungen bietet er aber ungeahnte Chancen.
Der Artikel
Der Artikel im "forum 1/2004 Medien und interkulturelles Lernen":
Internet - idealer Ort für interkulturelle Begegnungen?
www.ups-schulen.de/forum/04-1/forum01_04_s25-30.pdf