AusdruckenLernCafe 29 vom 15. März 2005: "Brücken bauen, Türen öffnen - Lernen durch interkulturelle Begegnungen"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Armgard Dohmel
E-Mail: armgard.dohmel@t-online.de
Neuanfang
Hand aufs Herz: Wer hat nicht schon mindestens einmal mit dem Gedanken gespielt, dem unwirtlichen deutschen Wetter den Rücken zu kehren und sich dort anzusiedeln, wo das ganze Jahr über Frühling ist? Doch meistens fehlt der letzte "Kick". Und plötzlich ist man RentnerIn und lebt immer noch im kalten Deutschland! Sicher schließt es einen gewaltigen "Lernprozess" ein, wenn man sich im Seniorenalter entschließt, alle heimatlichen Brücken abzubrechen und 3000 Kilometer entfernt nochmals neu anzufangen. Ein Beispiel dafür bietet eine Senioren-Residenz auf Teneriffa, die ich im Januar entdeckte. Dort kann man Apartments mit "unverbaubarem Meerblick" mieten, wird von deutschen und spanischen Pflegekräften betreut, der deutsche Winter ist Vergangenheit - ein ganz persönliches Lernprojekt beginnt.
Lernprozesse
Bei der Entscheidung geht es zunächst nicht nur um die Ersparnisse, die man angreifen muss, sondern um all das Vertraute und in einem langem Leben lieb Gewonnene: um Freunde und Kontakte, Orte und Bezugssysteme, die aufzugeben sind. Natürlich in der Hoffnung, durch Neues und Lohnendes entschädigt zu werden. Und diese Hoffnung keimt, wenn Hochglanzprospekte wie die der "Senioren-Residenz Martina" Meer und Berge zeigen, gemütliche Zimmer, eine Bibliothek, eine Terrasse mit Pool.
Es gilt auch zu bedenken, dass man in einer anderen Kultur leben wird. Wer sich darin zurecht finden will, muss sich damit auseinandersetzen, auch wenn vieles für Deutsche angepasst erscheint, zum Beispiel das deutsche Insel-Infoblatt.
Seniorenresidenz
Bei meinem Januar-Aufenthalt auf Teneriffa fand ich im Infoblatt eine Anzeige der "Senioren-Residenz Martina". Das Angebot umfasste verschiedene Kategorien, zum Beispiel Seniorenheim, betreutes Wohnen bis hin zu intensiver Pflege. Ich informierte mich: Im Hochhaus - einem früheren Hotel - gibt es 75 behindertengerecht ausgestattete Apartments, nach Größen gestaffelt. Die Mietpreise im betreuten Wohnen reichen von knapp 900 € für 34 m² bis über 1400 € (56 m²), Mahlzeiten werden extra berechnet. Im Seniorenheim mit größerem Betreuungsanteil sind die Preise entsprechend höher, z.B. 1350 € für 22 m². Es wird versichert, dass man selbst bei Pflegestufe 3 lebenslang im persönlich ausgestatteten Appartment bleiben kann. Allerdings wird auch eine einmalige Einkaufssumme von 13.500 € gefordert.
Eindruck vom Haus
Ich beschloss, mir das Haus an der Strandpromenade anzuschauen. Die nette Dame am Empfang sprach Deutsch, beantwortete meine Fragen und erlaubte mir, mich umzusehen. Begeistert war ich von der geräumigen Bibliothek mit bunten Keramikfliesen, Bücherregalen an allen Wänden und der gemütlichen Einrichtung - alles hell und freundlich. Die offene Balkontür gab den Blick auf den Atlantik frei und ließ die salzhaltige Luft einströmen. Die Terrasse - wieder mit Meerblick - und der kleine Pool weckten bei mir Träume von Sonnenstunden rund ums Jahr, privat arrangierten Kaffeenachmittagen und Bewegung im wohltemperierten Wasser. Schräg gegenüber blickt man auf das von Lanzarote-Künstler César Manrique angelegte Meerwasser-Schwimmbad, zu dem die BewohnerInnen von "Martina" freien Eintritt haben.
BewohnerInnen
Bei meinem Besuch traf ich im Aufzug zum Speisesaal einen alten Herrn, der seit zehn Jahren hier wohnt - früher mit seiner Frau, die jedoch vor kurzem starb, und jetzt allein. Er fühle sich wohl, versicherte er mir. Im Speisesaal sprach ich eine feine alte Lady an - englisch-österreichischer Herkunft, wie sie mir erzählte. Auch sie lebe schon lange hier und sei zufrieden, bestätigte sie.
40 der 75 Apartments in der Senioren-Residenz sind drei Jahre nach der Umwidmung des ehemaligen Hotels belegt, die meisten mit Deutschen. Das Haus wird übrigens nach deutschem Recht geführt, getragen wird die Residenz zur Hälfte von deutschen, zur Hälfte von spanischen Aktionären.
Formalitäten
Wer sich zu einem Umzug entschließt, sollte natürlich vorher alle relevanten Formalitäten abklären wie: Was sagt meine Krankenkasse dazu? Wie steht es mit der Arztwahl? Welche Meldeformalitäten sind erforderlich? Hier zeichnen sich auch erste interkulturelle Fragestellungen ab. Welche Strukturen muss ich im Gastland beachten? Welche Amtsgänge kommen auf mich zu, um meinen Wohnsitz, ja mein Leben in ein anderes Land zu verlegen? In Bezug auf die Pflege habe ich zumindest die Information, dass die Leistungen der deutschen Pflegeversicherung auch von Versicherten in Anspruch genommen werden können, die in einem anderen Land der Europäischen Union leben.
Andere Kultur
Auch wenn vieles deutsch scheint, "Martina" steht nicht in Deutschland, sondern an der Strandpromenade von Puerto de la Cruz. Welche Möglichkeiten gibt es, um die neue Kultur kennenzulernen? Der Infotafel der Senioren-Residenz sind Einzelheiten öffentlicher Veranstaltungen zu entnehmen. So las ich von einem "Spanischkurs für Ausländer" und von Vorträgen und Besichtigungen, zu denen die Gemeindeverwaltung einlud. Die SeniorInnen, die selbst einkaufen und kochen, können ihre neuen Sprachkenntnisse gleich im Supermarkt nebenan ausprobieren. Sicher freuen sich auch die SpanierInnen unter dem Betreuungspersonal, wenn man sie in ihrer Muttersprache anspricht. Weitere Lernmöglichkeiten bieten Museen und Ausstellungen - wie das kleine Archäologische Museum, dessen Ausstellungsstücke von den Ureinwohnern der Kanaren erzählen, oder der bekannte Botanische Garten mit vielen tropischen Pflanzen.
Informationen
Nähere Informationen gibt die gut gemachte und aussagefähige Internetseite www.senioren.es der Senioren-Residenz Martina, die auch auf andere Spanien-Infoseiten verweist und über die eMail-Adresse info@senioren.es die Beantwortung individueller Fragen verspricht.