AusdruckenLernCafe 29 vom 15. März 2005: "Brücken bauen, Türen öffnen - Lernen durch interkulturelle Begegnungen"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deInterkultureller Ratgeber
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Christa Grawert-Wagner
E-Mail: christa_grawert@yahoo.com
Lächeln: das A und O
Ernste Mienen vermeiden "Ein Blick tötet schneller als ein Schwert", sagt ein arabisches Sprichwort. Und gerade für den arabischen Gast sei der erste Eindruck, wichtig. Daher der Rat : Lächeln Sie! Noch besser sei eine Begrüßung mit einer arabischen Grußfloskel. Denn die deutschen ernsten Gesichter würden als herablassend empfunden. Lächeln als Türöffner empfiehlt der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (BHG) in seinem "Andere Länder, andere Sitten". Die Broschüre wurde konzipiert für das Gastgewerbe zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
Lächeln macht nicht nur die Kommunikation mit Arabern leichter. Auch Chinesen und Japaner mache diese Methode glücklich, so der BHG. Ein guter Rat. Aber: Auch der der deutsche Gast würde sich bestimmt über ein Lächeln freuen.
Kulturelle Besonderheiten
In der Broschüre werden sieben Kulturkreise mit ihren Besonderheiten vorgestellt. Ausführlich werden der arabische, chinesische japanische und jüdische Gästekreis vorgestellt. Etwas knapper die bekannteren, der italienische, russische und amerikanische Kulturkreis. Alles das, was für das Dienstleistungsgewerbe wichtig ist, wird erwähnt.
Beispielsweise erwartet der arabische Gast exzellenten Service. Er reise mit ihrer oft zahlreichen Großfamilie an. Speziell für die Kinder, die einen "überaus wichtigen Status" hätten, sollten gut ausgestattete Spielzimmer eingerichtet sein. Arabische Männer schätzten Augenkontakt. Das Gegenteil gilt für die Asiaten. In diesen Ländern ist das Vermeiden des Blickkontakts ein Zeichen der Höflichkeit.
Religiöse Vorschriften
Unverzichtbar in einem interkulturellen Ratgeber sind Erläuterungen zu religiösen Gebräuchen und Sitten. "Die Juden leben nach sehr strengen Speisegesetzen", mahnt der BHG im entsprechenden Kapitel. Es wird aufgelistet, welche Bedingungen für ein koscheres Essen eingehalten werden müssen.
Für den arabischen Gast ist der Verzehr von Schweinefleisch absolutes Tabu. Dies müsse unbedingt bei der Zubereitung von Speisen beachtet werden. Außerordentlich wichtig zu wissen, ist, in welcher Richtung Mekka liegt. Empfehlenswert seien daher Aufkleber auf dem Fensterbrett im Zimmer. Für die Gebetszeiten wichtige Kenntnis über Sonnenaufgangs- und -untergangszeiten könnten in Moscheen und arabischen Restaurants erfragt werden.
Praktische Tipps
Frühstückgewohnheiten (heiße Suppen für Chinesen) oder Hotelnutzung (Wäscheleine für Japaner bereit legen) und weitere praktische Tipps werden aufgelistet. Es wird auch stets erklärt, welchen Hintergrund diese andersartigen Verhaltensweisen haben. Basis des Ratgebers waren Interviews mit Hotelfachleuten. Gefragt hatte Maike Nadrowski für ihre Diplomarbeit an der Fachhochschule München. Checklisten und Adressen von landessprachlichen Ärzten, Airlines, Zeitschriften und Übersetzern runden jedes Kapitel ab.
Verwunderlich, dass auch der "Italienische Gästekreis" aufgeführt wird. Die Antwort: "Es ist davon auszugehen, dass sich die Empfehlungen ... auch für andere südländische Gästekreise, wie Franzosen oder Spanier anwenden lassen." Na, dann.
Gast in Deutschland
Ohne Zweifel ist die Broschüre ein guter Ratgeber. Kulturelle Regeln und Tabus werden erläutert, aber auch Erwartungen, die der Gast an die deutsche Gastronomie stellt, werden erwähnt. Außer dem Gebot der Höflichkeit (Lächeln) wird auch immer wieder auf den Servicegedanken (Flexibilität, Schnelligkeit) hingewiesen. Die Checklisten dienen der schnellen Orientierung und können Schwachstellen aufspüren.
Es ist ein Ratgeber natürlich weitgehend aus der Sicht des Gastgewerbes. Dennoch enthält er viele Erklärungen, die auch für die Allgemeinheit aufschlussreich sein könnten. Schade ist allerdings, dass gängige Vorurteile gegenüber Ausländern oft unbewusst bestätigt werden. Das sind kleine Unebenheiten, die den Gesamteindruck etwas trüben.
Hinweis
Der Ratgeber "Andere Länder, andere Sitten" ist gegen eine Schutzgebühr von 7,35 Euro (inklusive MwSt. und Versand) erhältlich beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband e.V., Türkenstraße 7, 80333 München, info@bhg-online.de,
Weitere Informationen:
http://82.165.11.179/bhgweb/bhgorga.nsf/0/
ECD5424F62DBF3EFC1256F86004E7EB5?opendocument