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LernCafe 29 vom 15. März 2005: "Brücken bauen, Türen öffnen - Lernen durch interkulturelle Begegnungen"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Körber-Stiftung fördert interkulturelles Engagement

(Druckversion)


Uwe Bartholl
E-Mail: Uwe.Bartholl@t-online.de

Peynirli kabak - Zucchini mit Käse
Hamburg, Universität, Westflügel: Auf einem dieser Informationstische fällt mir ein kleines Bio-Kochbuch sofort ins Auge: Bio yemek kitabi. Und was hat das mit dem Thema der Tagung Integration stiften zu tun? Es ist der Informationsstand Arbeitsgemeinschaft türkischer Unternehmer und Existenzgründer, kurz ATU. Ein Projekt, das in einem Wettbewerb, den die Körber-Stiftung ausgeschrieben hatte, mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde. Was ist das preiswürdige, wo das bürgerschaftliche Engagement? Kann ich für Aktivitäten in meinem von Russlanddeutschen geprägten Umfeld Anregungen bekommen? Finde ich hier nützliche Kontakte? Damit habe ich die Schlüsselfragen für das gesamte Szenario der Tagung gefunden. Voller Neugier mache ich mich auf die Suche nach Antworten.

Die Stiftung
In meiner Pressemappe - ich bin als Senior-Online-Redakteur unterwegs - findet sich eine Übersicht, worin die Stiftungsarbeit steckt. Hinter den Namen der Projekte verbirgt sich dann wieder eine Reihe von Projekten, und so weiter. Fast denke ich, ich bin auf der ZAWiW-Seite, so bunt, so verschlüsselt kommen mir einige Produkte entgegen: USABLE, Eustory ... Es ist eine große Vielfalt, die ihre Entstehung /Förderung der Körber-Stiftung zu verdanken hat. Körber-Stiftung = Förderung für Impulse, das scheint im Sinne des Stifters gelungen. Denn bei allen Projekten geht es um Verständigung, die mit Wissen voneinander gepaart ist. Verständigung der Menschen unterschiedlicher Kulturen untereinander genau so wie Verständigung über Sachverhalte, die demselben Zweck dienen. Begegnung - Kunst - Wissenschaft sind die Schwerpunkte, aus denen die Impulse wachsen. Impulse, die dem Wohl aller dienen.

Der Stifter
Helmut Schmidt schreibt in seinem Buch "Die großen Stifter": Kurt A. Körber war "ein bedeutender und noch erfolgreicherer Unternehmer. Er war ein öffentlich wirkender Philanthrop von hohem idealistischen Gemeinsinn. Und er war ein kritischer politischer Mensch, der als Bürger, als Deutscher und als Weltbürger seine Mitverantwortung stark empfunden hat. Mitverantwortung für Hamburg, für Deutschland, für den Frieden unter den Völkern und Staaten und den Frieden der Menschen mit der Natur." Körber, der 1992 starb, hat zu Lebzeiten auf vielfältige Weise diesem Credo Gestalt verliehen. Die Körber-Stiftung findet hierin ihren Aufgabenkatalog.

Tagungsprogramm
Im Hörsaal und in Seminarräumen entfaltet sich das Tagungsprogramm. Eine Auswahl der Angebote zeigt, wie das Tagungsthema Integration - Zuhören und Engagement im Stiftungskonsens bearbeitet wird.
- Grenzgänge zwischen Ost und West - Zwangsmigration europäisch erinnern
- Schule und Islam - eine Herausforderung für die Bildungsarbeit
- Im Einzelnen das Ganze finden - wozu brauchen wir Lebensgeschichten
- Erinnerung und Identität. Geschichtsbilder junger Migranten in Deutschland
- Migrantinnen im Alter - eine neue Herausforderung
- Zwischen den Welten - Russlanddeutsche Lebenswelten
- Förderung lokaler Integrationsprojekte. Das Beispiel "Hamburger Tulpe"
- Das Bild vom Anderen - andere Bilder
Der geschlechtsspezifische Blick auf Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Die Tagung
Eröffnung im Hörsaal A. Integration stiften - schwerpunktmäßig richtet sich dieses Anliegen auf die größten Migrantengruppen in Deutschland, also Menschen aus der Türkei und Russland. Dr. Wolf Schmidt, Vorstand Körber-Stiftung: "Wir wollen Impulse aus der Arbeit der Stiftung weitergeben, wollen aber auch Ihre Impulse gerne aufnehmen." Ein Experiment, das der gemeinsamen Anstrengung bedarf. Damit wendet sich Dr. Schmidt an das Auditorium von Wissenschaftlern, Politikern, in Stiftungen und Projekten Arbeitende, Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens und deren Einrichtungen, an Lehrerinnen und Lehrer.Und er wendet sich an die vielen anderen interessierten inländischen und ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer. In Podiums- und Werkstattgesprächen und Arbeitsgruppen nimmt die Tagung dann ihren Lauf. Im Einzelnen das Ganze finden, Raum 221, dort bin ich zu finden.

Im Einzelnen das Ganze finden
Welchen Beitrag zur Integration und damit zum Verständnis für den Anderen, das Andere, leisten individuelle Lebensgeschichten? Bildet das Einzelschicksal auch das Allgemeine ab? Es geht um finden. Dabei ist mit aller Behutsamkeit vorzugehen, nicht voyeuristisch, sondern einfühlsam zuhörend. Und das auch dann, wenn die Sicht des Anderen auf das Eigene schmerzt und zum Widerspruch reizt. Eine Lebensgeschichte oder einen Abschnitt daraus zu erzählen, versetzt den Erzählenden in einen Ausnahmezustand. Wird er alles erzählen? Der Blick auf die eigene Lebensgeschichte ist gleichzeitig ein Blick auf die Eigenverantwortlichkeit der Lebensgestaltung. Für Historiker und Literat geht es darum, hinter der subjektiven Färbung das allgemein Bedeutsame herauszuschälen. Beide Lager sind sich einig: Das Sinnliche der Biographien erschließt Verständnis für realgeschichtliche Fakten. Eine unverzichtbare Voraussetzung auf dem Weg zum Anderen und um das Ganze in Herz und Verstand zu bewegen.

Hamburger Tulpe
"Deutsch-türkischen Gemeinsinn in Hamburg stärken" - unter diesem Motto prämiert die Körber-Stiftung jährlich Projekte, die zu einem besseren Zusammenleben in der Hansestadt beitragen. Preisträger in diesem Jahr: Streetsoccer Liga Hamburg. Streetsoccer ist "... nur der Wurm, mit dem wir angeln gehen." Dahinter verbirgt sich eine umfangreiche innovative Kinder- und Jugendarbeit mit beeindruckendem ehrenamtlichen Engagement. Das eingangs erwähnte Projekt ATU ist ebenfalls einer Tulpenzwiebel entsprossen, bei dem sich die Handelskammer Hamburg mit Unternehmern in- und ausländischer Herkunft beratend und helfend den speziellen Problemen von Existenzgründern ausländischer Herkunft widmet. Und warum das Bio-Kochbuch? Es dient zur Erschließung und Absatzförderung im Marktsegment Bio-Produkte.

Ergebnis
Will ich ein Projekt starten, so ist Hintergrundwissen erforderlich. Ich weiß jetzt, in welche Richtungen ich denken und planen muss, will ich z.B. über ein Erzählcafe mit Migranten und Einheimischen einen Beitrag zur Integration leisten.
Über die genannten Projekte der Körber-Stiftung habe ich eine Vielfalt von nachahmenswerten Ideen kennen gelernt. Leser, die nicht die Chance der Begegnung hatten wie ich, werden fündig auf den Internetseiten der Körber-Stiftung. Die Umsetzung aller Ideen steht und fällt mit der Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, Zeit und Energie längerfristig zu investieren. Mündet das in Ergebnisse, die einem Ziel der Körber-Stiftung in besonderem Maße gerecht werden, dann ist das preiswürdig. Preis hin - Preis her, die Tagung verband Menschen, die sich einbringen. Das schafft Mut und Lust zum Anfangen und/oder Weitermachen. Und nach dieser Lektüre auch bei Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser?

Link / Buchtipp
Die Webseite der Körber-Stiftung:
www.stiftung.koerber.de
Buchempfehlung:
Omer Erzeren. Eisbein in Alanya: Erfahrungen in der Vielfalt deutsch-türkischen Lebens. Mit einem Essay von Thomas Schmidt.
230 Seiten mit 18 s/w-Abbildungen, Softcover, 14 € (D), ISBN 3-89684-058-4
Das erwähnte Bio-Kochbuch wird herausgegeben von:
ATU (Arbeitsgemeinschaft türkischer Unternehmer
und Existenzgründer e.V.)
c/o Handelskammer Hamburg
Alter Wall 38, D-20457 Hamburg
Tel.: 040 / 23 68 71 92, Fax: 040 / 23 68 71 93
E-Mail: info@atu-ev.de
Siehe dazu auch das Rezept im folgenden Abschnitt.

Rezept
Zucchini mit Käse
Hier nun das Rezept aus dem Kochbuch für Bio-Produkte des ATU-Projektes (um auch darauf Geschmack zu machen) und ein Tipp zum Einkaufen: Wählen Sie für den Einkauf Ihren türkischstämmigen Gemüsehändler, kaufen Sie dort die entsprechenden Bio-Produkte. Wagen Sie ein Schwätzchen. Und freuen Sie sich an dieser Art von Integrationsstiftung.
125 g Schafskäse, 3 Eier, 1 TL Mehl, 3 EL frisch gehackte glattblättrige Petersilie, 2 EL frisch gehackter Dill, Salz, Rosenpaprikapulver, 3 mittelgroße Zucchini, reichlich Olivenöl zum Braten. Vorbereitungszeit: etwa 20 Minuten Garzeit: je Scheibe etwa 4 Minuten.
Den Schafskäse zerkrümeln und mit der Gabel zerdrücken. Mit Eiern, Mehl, Petersilie und Dill vermischen. Mit Salz und Paprikapulver würzen. Die Zucchini von den Stielansätzen befreien, abschaben und waschen. Anschließend quer in knapp 1 cm dicke Scheiben schneiden. Das Öl in einer Pfanne erhitzen. Die Zucchini darin von einer Seite anbraten und wenden. Auf jede Scheibe etwas von der Schafskäsemischung geben. Die Scheiben nach 2 Minuten nochmals wenden und die mit dem Käse belegte Seite kräftig braun braten. Die Scheiben auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Auf einer Platte servieren.