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LernCafe 32 vom 15. Oktober 2005: "Winter - Impressionen - Visionen - Illusionen"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.de

Gegen soziale Kälte: Persönliches Engagement 

(Druckversion)


Mechthild Trilling-Piest
E-Mail: m.trilling-piest@web.de

Dietlinde
Da sind Dietlinde und Lieselotte. Dietlinde ist 72, Lieselotte 82 Jahre alt. Seit sie in den sechziger Jahren Witwen wurden leben sie zusammen. Eine Gemeinschaft, getragen durch gegenseitige Toleranz und Achtung. Beide sind kinderlos und waren ihr Leben lang berufstätig. Ab und zu nehmen sie an Veranstaltungen teil. Eines Morgens wacht Lieselotte nicht mehr auf.
Dietlinde regelt alles was in einem solchen Fall zu regeln ist. Nach und nach werden die Aufgaben weniger und sie bleibt manchmal bis zum Mittag im Bett. An anderen Tagen fühlt sie sich so müde, dass sie sich schon am Nachmittag hinlegt. Alles ist so leer geworden.

Einsam
Diese Geschichte könnte sich überall zutragen. Wenn der Partner stirbt, ist plötzlich das ganze Leben verändert. Oft leben die Kinder weit entfernt, oder sind beruflich sehr eingebunden. Bei älteren Menschen gibt es nur noch wenige oder keine Freunde mehr. Nähere Kontakte zu Nachbarn fehlen.

V.I.S.I.T.E.
Hier setzt die Arbeit von V.I.S.I.T.E. ein. V.I.S.I.T.E. = Vorsorge Information Sterbebegleitung Initiative Trauerhilfe Ermutigung.
Eine Berliner Hospiz-Gruppe. Seit ungefähr 15 Jahren wird der ambulante Hospizdienst angeboten. Im Laufe der Zeit ergab sich der weiter gehende Bedarf. Durch die Trauerbegleitung fiel auf, dass ein erweiterter Besuchsdienst sinnvoll und notwendig ist.

Tätigkeit
Heute arbeiten ungefähr 60 ehrenamtliche Helfer für V.I.S.I.T.E.Oft entwickelt sich durch die Trauerarbeit ein jahrelanger Besuchsdienst. Durch diese Arbeit werden Menschen wie Dietlinde aufgefangen. Die Mitarbeiter stehen jeweils nur für wenige Menschen, z.B. eine Familie, zur Verfügung. Auf der Web-Site der Gruppe heißt es u.a.:
"Ehrenamtliche V.I.S.I.T.E.-MitarbeiterInnen schaffen persönliche Beziehungen und Kontakte zur Außenwelt, bringen Verständnis entgegen bei Mutlosigkeit, Altersgebrechen und Trauer, vermitteln kleine Erlebnisse von Freude, Hoffnung, Abwechselung und Wärme".

Ausbildung
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter von V.I.S.I.T.E. werden intensiv auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Zuerst wird ein eingehendes Gespräch geführt, um sicher zu gehen, dass die Person für diese Arbeit geeignet ist.
In 24 Abendveranstaltungen, 2 Wochenendseminaren und 15 Praxisterminen, verteilt über fast ein Jahr, wird man auf die Hospiztätigkeit vorbereitet.

Praxisbegleitung
Monatlich finden Gruppentreffen statt. Supervision und individuelle Fallbesprechungen sind möglich. Im Ausbildungs- und Begleitungsteam stehen u. a. Ärzte und Psychologen zur Verfügung.
Durch diese Arbeit werden nicht nur kranke und einsame Menschen aus ihrer Isolation befreit. Hier finden auch viele ehrenamtliche Mitarbeiter eine sinnvolle Aufgabe, die auch Freude und Beziehung bringt.

Nachahmenswert
Es wäre wünschenswert, wenn sich in vielen Städten Menschen zusammenfänden um eine solche Arbeit zu leisten, gerade in dieser Zeit, in der die Arbeit von professioneller Pflege und Betreuung immer effizienter werden muss.

Kontakt
www.visite-hospiz.de