LernCafe 33
Hintergründe: „Blitzlichter aus aller Welt“
SCHWEIZ 1
Iris Diesmann
"Globalisierung" kannte man schon früher. Nur bezeichnete man diesen Vorgang nicht mit dem Wort Globalisierung. Ich habe die "Globalisierung" selbst erlebt, und ich meine, für einige Länder braucht sie viel Zeit.
1960 kam ich als junge, unternehmungsfreudige Rheinländerin mit einer guten Bildung nach Basel. Ich wollte weg vom behüteten Daheim. Fort in ein fortschrittliches Land, in dem Menschen verschiedener Sprachen und Kulturen zusammenlebten. Was war damals idealer als die Schweiz. Dort wollte ich hin. Man sprach französisch, italienisch, ich konnte zudem englisch - also meinem Übermut stand nichts im Wege.
Sehr bald bekam ich zu spüren, dass ich "Ausländerin" war. Bei uns zu Hause in der Familie sprach man nie von Ausländern, sondern da waren Engländer, Amerikaner, Holländer etc. Dadurch, dass man Vater eine Stellung in einer weltweit operierenden Speditionsfirma hatte, waren mir Menschen aus anderen Ländern vertraut.
Der Anfang in der so nahen, gelobten Schweiz war schwierig. Zuerst, und zwar sehr sehr schnell musste ich den Schweizer Dialekt lernen, er war absolut unabdingbar im Berufsleben als Verständigung mit den Kollegen und besonders auch im öffentlichen Leben. Heute hat sich das gelockert, eine Öffnung hat stattgefunden, hochdeutsch hört man in letzter Zeit vermehrt, in den Grundstufen wird jetzt auch hochdeutsch gelehrt, und viele Kaderleute kommen aus anderen Ländern in die Schweiz.
Das ist alles sehr lange her, seit vielen Jahren habe ich den roten Schweizerpass, der vielleicht für Leute mit sehr viel Geld einfach noch als Zugabe zu anderen Vergünstigungen abgegeben wird, wie wir ja hin und wieder am Fernsehen hören. Als "Ausländerin" Schweizerin zu sein, anerkannt zu sein, das ist eine ganz andere Sache und so passierte es mir doch gerade letzthin (durch Heirat wohne ich nun 30 km von der Grenze entfernt und habe neu ein deutsches Kontrollschild am Auto), als ich es mal eilig hatte und auf einem nicht stark frequentierten Parkplatz nicht ideal parkierte: "Bi eus i dr Schwiiz brucht me für eis Auto nur ai Parkplatz"...wurde ich von einer Person zurechtgewiesen. Das spricht für sich (die gewöhnlichen Bürger sind wahrscheinlich noch nicht alle globalisiert).
Die Schweiz sollte noch aufgeschlossener, noch globaler sein, würde ich mir wünschen, gibt es doch auf kleiner Fläche eine derart grosse Vielfalt an Menschen und vier anerkannte Landessprachen, nämlich deutsch, französisch, italienisch und romanisch. Ein wenig gehört englisch als fünfte "Landessprache" dazu.
Ich, ca. 19 Jahre, in Paris in einem Sprachcamp
Ich, 2005, "etwas älter" in Abano/Italien