AusdruckenLernCafe 33 vom 1. März 2006: "Globalisierung"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deSchatten der Globalisierung
Joseph Stiglitz
(Druckversion)
Clemens Thelen
E-Mail: clemens.thelen@t-online.de
Einführung
Die Schatten der Globalisierung ist der Titel eines Buches von Joseph Stiglitz aus dem Jahre 2002. Das Buch befasst sich mit einer Kritik der Globalisierung der Weltwirtschaft.
Kritiker
In Joseph Stiglitz haben die Globalisierungskritiker einen prominenten und kompetenten Fürsprecher gewonnen. Der frühere Weltbank-Vizepräsident und Wirtschaftsnobelpreisträger zählt zu den weltweit renommiertesten Wirtschaftsfachleuten. Sachkundig und kritisch analysiert Stiglitz in seinem Buch die globalen (Fehl-)Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit. Von 1993 bis 1997 fungierte J. Stiglitz als Wirtschaftsberater von US-Präsident Clinton, bevor er anschließend drei Jahre als Chefvolkswirt bei der Weltbank tätig war.
Kurskorrektur
Der Autor beschreibt, wie die Bretton-Woods Institutionen (1944), der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank, instrumentalisiert wurden, um die Interessen des Kapitals und der multinationalen Konzerne zu bedienen. Die Versprechen von damals seien gebrochen, eine Kurskorrektur in der Weltwirtschaft sei nötig. Die restriktiven Auflagen, die IWF und Weltbank den von wirtschaftlicher Rezession bedrohten Staaten auferlegten, führten zur Verarmung eines großen Teils ihrer Bevölkerung. Stiglitz schildert dies anschaulich auch am Beispiel Russlands nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und mehrerer ostasiatischer Staaten.
Kernthese
Joseph Stiglitz zeigt, wie sehr die Ideologie freier Märkte und die Interessen der Finanzbranche und multinationaler Unternehmen dominieren, wie wenig die Politik es vermag, diesen Prozess zu steuern. Dieses Buch ist ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, die Weltwirtschaft nicht dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen, aber auch eine Analyse, wie die staatlichen oder institutionellen Eingriffe scheitern, weil sie so vor allem auf die Entwicklungsländer nicht anwendbar sind. Als Beispiele wählt der ehemalige Chefökonom der Weltbank Osteuropa und Russland. Er plädiert für einen dritten Weg. Das Ziel, so Joseph Stiglitz, darf nicht die Deregulierung der Märkte sein, sondern der Aufbau eines richtigen regulatorischen Rahmens.
Die marktradikale Ideologie des IWF, so Stiglitz' Kernthese, bekämpfe nicht nur nicht die Armut, sondern verschärfe im Gegenteil den Unterschied zwischen Arm und Reich.
Rückbesinnung
J. Stiglitz empfiehlt die Rückbesinnung des IWF auf seine eigentliche Aufgabe: die Intervention bei Krisen der Weltwirtschaft. Er setzt sich für die Abschaffung der strengen politischen Konditionen ein, mit denen der IWF seine Kreditvergabe verknüpft. Dies seien die zentralen Instrumente des IWF zur Durchsetzung seiner Ideen. Sie setzen aber die Souveränität der abhängigen Staaten faktisch außer Kraft. Stattdessen plädiert er für selektive Kredite, mit denen Länder bei erfolgreichen Stabilisierungsprogrammen Unterstützung erhalten. Damit bliebe die Initiative weiterhin vor Ort. Um die sozialen Folgen der Schuldenkrisen abzumildern, fordert Stiglitz die Hilfe der Industrieländer beim Aufbau funktionierender sozialer Sicherungssysteme in den ärmsten Regionen der Welt, sowie einen Schuldenerlass.
Empfehlung
Trotz wissenschaftlicher Fundierung all seiner Argumente schreibt Stiglitz in einem sehr anschaulichen, lebhaften Stil. Teilweise lässt er auch seine Frustration, die er während seiner Arbeit in den vergangenen Jahren angesammelt hat, durchklingen, was der Darstellung eine noch persönlichere Note verleiht.
Titelnachweis
Joseph Stiglitz
Die Schatten der Globalisierung
Goldmann 2002
ISBN 3442152844
ab 9.95 Euro als Taschenbuch