AusdruckenLernCafe 33 vom 1. März 2006: "Globalisierung"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deDie Seidenstraßen
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Beatrix Fiechtner-Heitz
E-Mail: beafiehei@web.de
Die Anfänge
Das Phänomen des weltweiten Handels, heute unter dem Namen Globalisierung bekannt, ist keine Erfindung unserer Neuzeit. Von jeher drängte es die Menschen, bedingt durch Klimaveränderungen, Hungersnot, Neugier und Eroberungsdrang in die Fremde. So entstanden im Laufe der Jahrtausende viele Handelswege, die so genannten Seidenstraßen. Die Hauptrouten verbanden die Länder des Mittelmeers und das Schwarze Meer mit dem ostasiatischen Raum. Die Blütezeit der Seidenstraßen begann ca. 140 Jahre vor unserer Zeitrechnung und setzte sich während der ersten Jahrhunderte nach Christus fort, vor allem bedingt durch die Expansion Chinas nach Westen. Was faszinierte die Menschen jahrhunderte lang an diesen Straßen?
Handel und Kultur
Der Warenaustausch florierte, vor allem Seide, aber auch fremde Gewürze, unbekannte Pflanzen und neue Nahrungsmittel wurden von Ost nach West befördert. In umgekehrter Richtung Pelze, Glas, Gold und Silber. Die Reisen dienten aber vorrangig nicht dem Warenaustausch. Sie stimulierten vor allem die kulturellen, philosophischen und wissenschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern. Lieder und Geschichten wurden ausgetauscht, diplomatische Beziehungen gepflegt und Informationen vermittelt. Die Papierherstellung und der Buchdruck wurden auch durch die Beziehungen zu Asien im europäischen Raum bekannt. In Europa mehrten sich die Reichtümer der damaligen Händler (die Medici in Italien, die Fugger in Augsburg). Ihr politischer Einfluss nahm zu, der Weg des Kolonialismus und des späteren Sklavenhandels wurde geebnet.
Die Religionen
Diese Handelswege begünstigten auch die Verbreitung des Christentums, die aber eher bescheiden war im Vergleich zu der des Islams. Nach dem Tod Muhammads 632 n. Chr. verbreitete sich der Islam schnell über die arabische Halbinsel. Zug um Zug wurde eine alte römische Provinz nach der anderen islamisiert: zuerst Syrien, Ägypten und ganz Nordafrika und später der Süden Spaniens. Bald war der westliche Teil der Seidenstraße unter islamischer Kontrolle und später setzte sich die Expansion in östlicher Richtung fort.
Krankheiten
Genauso wie religiöse Vorstellungen oder kulturelle Güter verbreiteten sich auch immer wieder Krankheiten und Infektionen entlang der Seidenstraße. Die Krankheitserreger wurden von den Reisenden verbreitet und so entstanden die großen Epidemien. Die wohl bekannteste ist die Ausbreitung der Pest im 14. Jahrhundert. Die tödliche Seuche, die Nagetiere befällt und über Flöhe auf den Menschen übertragen wird, ist hochansteckend. Lange Zeit trat die Beulenpest nur in der südchinesischen Provinz Yunnan auf. Mongolenheere verbreiteten die infizierten Flöhe von Yunnan aus über weite Teile Chinas und von dort entlang der Seidenstrasse. Mittels Handelsschiffen erreichte die Krankheit 1348 Mitteleuropa.
Vergessen
Ein Schleier des Vergessens legte sich über einige Jahrhunderte hinweg in der westlichen Welt über die Seidenstraßen. Erst im 18. und 19. Jahrhundert wurden sie durch Asienforscher wie Sven Hedin wieder entdeckt. Diese Handelswege wurden dann hauptsächlich touristische Attraktionen, da sie durch Städte führen wie Samarkand, Buchara, Teheran, deren architektonische Sehenswürdigkeiten heute noch Zeugnis ihres damaligen Reichtums kundtun.
Wiedererwachen
Anfang der neunziger Jahre, nach dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion, versuchte die UNESCO unter dem Titel "Seidenstraßen - Straßen des Dialogs", das Verkehrsnetz neu zu beleben. Es war beabsichtigt die aktuelle Situation der Länder entlang der ehemaligen Seidenstrasse zu erforschen und neue wirtschaftliche Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Hauptziel war sicherlich die Völkerverständigung. Darauf, und auf wirtschaftliche Perspektiven, beriefen sich die ca. dreißig Staaten, die im Frühjahr 2004 ein Abkommen unterzeichneten, das die Vision einer "neuen Seidenstraße" beinhaltete. Allerdings ist das historische Vorbild nur zu einem kleinen Teil in das geplante neue Verkehrsnetz eingebunden.
Hilfsgüter
Die alte Seidenstraße wurde 2003 als Beförderungsweg nach Afghanistan wiederentdeckt. "Wir hauchen der Seidenstraße neues Leben ein". Diesen Einfall hatten vier Manager eines großen deutschen Konzerns. Unter der Schirmherrschaft der EU wurde aus der Idee eine Mission. Eine 1993 gegründete Hilfsorganisation: die Traceca (Transport Corridor Europe Caucasus Asia) konnte für das Projekt gewonnen werden. Das legendenumwobene Bindeglied zwischen Asien und Europa wurde neu belebt. Nicht mehr mit Kamelen, sondern mit Lastkraftwagen wurden über eine Strecke von 6000 km, Hilfsgüter in die betroffenen Gebieten befördert. Diese neue Seidenstraße gilt als die kürzeste landseitige Verbindung zwischen Europa und Asien.
Zukunft
Wie auch immer die Zukunft aussehen mag, müssen in den Ländern entlang der alten und der neuen Seidenstraßen die bestehenden Spannungen und Problemstellungen (siehe auch Öl und Opium) abgebaut werden. Um dort Frieden herzustellen und zu erhalten, müssen diese Länder eine politische und soziale Perspektive bekommen. Vor allem müssen neue Wirtschaftszweige erschlossen werden. Die Verbindung zwischen den Völkern und der internationale Geldfluss haben mittels Technologie zugenommen. Krankheiten (AIDS, Vogelgrippe) verbreiten sich heute allerdings auch schneller. Die Kluft zwischen den reichen und den armen Ländern wird immer größer. Das Gleichgewicht zwischen Aus- und Einfuhren wird durch den hohen Anteil der Exporte der reichen Länder empfindlich gestört
Öl und Opium
In Afghanistan boomt das Geschäft mit dem Opium und solange die Bauern keine Alternative bekommen, wird sich nichts daran ändern. Seit dem Sturz der Taliban sind die Anbauflächen für Schlafmohn angewachsen. Für den Export der Drogen, wie für den Transport der Waffen, werden überwiegend die alten Routen der Seidenstraßen genutzt. Erdöl und Gas, die mittels Pipelines durch einige der Länder der ehemaligen Handelswege befördert werden, tragen leider nicht zum Wirtschaftsaufschwung dieser Gebiete bei. Reich werden nur die westlichen und die russischen Großkonzerne.
Fazit
Die Entwicklungen der heutigen Globalisierung und der Seidenstraßen gleichen sich. Weiterhin werden Waren und Kulturgüter ausgetauscht. Die weltweite Migration hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Mit dem Phänomen der Migration hat auch die Furcht vor der kulturellen Überfremdung zugenommen. Die Begegnung und der Austausch zwischen den Kulturen könnte aber auch eine positive Chance zur Lösung der globalen Herausforderungen bieten.
Die Auswirkungen der Globalisierung auf die Entwicklungsländer werden allerdings sehr unterschiedlich beurteilt. In manchen dieser Länder hat sich die wirtschaftliche Situation verbessert und in anderen eher verschlechtert. Es ist aber zu verzeichnen, dass seit 1971 der Anteil der Entwicklungsländer am Welthandel zugenommen hat und die Tendenz ist weiterhin steigend.
Quellen
www.heute.de/ZDFheute/inhalt/21/0,3672,2064469,00.html
Unter diesem Link findet man Interessantes über die alte und die neue Seidenstrasse.
http://de.wikipedia.org/wiki/Seidenstrasse
Unter diesem Link ist die Geschichte der Seidenstrasse nachzulesen.
www.hfph.mwn.de/globalisierung.htm
Sehr interessante Internetseite in der die nichtökonomischen Aspekte der Globalisierung gegenübergestellt werden
Literatur: Thomas O. Höllmann: Die Seidenstrasse, Verlag C.H.Beck, München 2004