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Persönliche Gedanken

Autor: SOR-Team

Übergang
Die Schwelle vom Beruf zum Ruhestand ist und war für viele Menschen etwas sehr Verunsicherndes. Heute eine straff organisierte Tagesstruktur, meistens mehr Aufgaben, als man glaubt, schaffen zu können; Verantwortung, auch die Macht, Entscheidungen zu treffen. Und morgen: was wird sein? Womit fülle ich meine Tage? Wer braucht mich? Wer hört auf mich?
Hier beschreiben einige Redakteure sehr persönlich, wie sie diese Schwelle erlebten.

Pubertät mit 60

In der Zeit nach der Berufstätigkeit geht es um den ziemlich gewaltigen Übergang von einer Lebensphase in eine andere. Der beutelt einen ziemlich, weil es nicht immer so einfach klar zu kriegen ist, wer man nun ist, was man will und soll. Auch bei mir war es so: Wer bin ich eigentlich jetzt: Rentner? Ich hab doch gerade noch im Büro zu tun gehabt, in Arbeitsgruppen mitgemacht, Sitzungen geleitet. Das war doch gerade erst. - Zunächst habe ich studiert. Ordentlich eingeschrieben, bis zur Zwischenprüfung. Mein Leben hatte weiterhin Struktur. Aber dann kam eine Delle. Was jetzt tun? Nicht nur zum Zeitvertreib oder zum Verscheuchen trüber Gedanken. Aber ich hab es geschafft! Habe meine neue Lebensphase angenommen: Als angehender Senior Online Redakteur, bürgerschaftlich Engagierter in Esslingen und Werktagskoch für meine berufstätige Ehefrau fühle ich mich wieder nützlich und habe sogar Spaß dabei.
Manfred Mätzke

Das Leben danach

Zu meinem Abschied aus dem Berufsleben waren viele Gäste gekommen. Alle brachten Geschenke mit. Mein wichtigstes Geschenk? Ein Lehrauftrag für ein Jahr! Es folgten dann noch zwei, jedes Mal wurde die Stundenzahl reduziert - bis ich selber sagte: "Nun ist es genug." Da hatte ich aber schon das Studium an der Uni angefangen.
Wie es nach beendetem Studium und Promotion weitergeht? Wie bisher auch. Da ist die Vorschularbeit im Kindergarten, das Engagement in der Gemeinde, die Mitarbeit bei ViLE und SOR. Dabei kann ich mir die Arbeit einteilen und mal mehr, mal weniger machen. Wenn ich mich nicht mehr engagieren kann, bin ich tot.
Erna Subklew 
Lehrerin, 1981 -88 Fachberaterin beim HKM

Abschied von der bezahlten Arbeit

Mein Ausstieg aus dem Berufsleben ging schleichend vor sich. Ich war älter geworden und meine Mandanten auch. Einer nach dem Anderen gab seine Tätigkeit auf und meine Beratung wurde überflüssig. Ich gab meine Zulassung als Steuerberaterin zurück.
Als das Ende absehbar war, sah ich mich nach einem Ehrenamt um und machte eine Ausbildung zur Tätigkeit in der Suchthilfe. Notruf für Suchtgefährdete hieß die Einrichtung, für die ich arbeitete, vormittags, nachmittags, oder nachts.
Auch die interessanteste Tätigkeit wird einmal zur Routine und ich suchte neue Aufgaben. Mit der Arbeit am Computer war ich vertraut. Ich wurde also Trainerin in einem Internetcafé. Das heißt, ich brachte anderen älteren Mitbürgern bei, dass es interessant und einfach ist im Internet zu surfen. Das führte über das Unterrichten in Kursen live oder online geradewegs zum LernCafé. Besser schreiben wollte ich lernen, ich habe nämlich seit vier Jahren ein eigenes Internetangebot: frauen-60plus. Mit dieser Altersgruppe kenne ich mich aus, da weiß ich, was gefragt ist. Für diese Internetseiten wollte ich möglichst anschaulich und flott schreiben lernen. Auf diesem Wege bin ich jetzt und schreibe inzwischen auch für die LernCafé-Ausgaben.
Anne Pöttgen

Ruhestand

Die Beine hoch legen und ausspannen - das war nicht meine Vorstellung vom Ruhestand. Nach meiner Pensionierung als Berufsoffizier der Bundeswehr 2002 habe ich mich sofort beim ADAC als Campingplatzinspekteur beworben. Seit meiner Ausbildung hierzu reise ich jedes Jahr im Juni und Juli quer durch Europa und besichtige und bewerte Campingplätze. Als begeisterter Camper (seit über 25 Jahren) verbinde ich so Hobby und sinnvolle Tätigkeit miteinander. Für die übrige Zeit des Jahres kam mir die Arbeit als SOR gerade recht. Die Arbeit am und mit dem PC war mir aus dem Berufsleben vertraut und ich wollte neue Techniken (Bildbearbeitung, Chatten, virtuelle Zusammenarbeit) kennen lernen. Als Neuling(seit 6 Monaten) in der LC-Redaktion fühle ich mich dort bereits sehr wohl.
Herbert Elsner

Das Leben danach?

Es geht nicht um ein Leben im Jenseits, sondern um das Leben nach dem Beruf.
Es war schwer vorstellbar, dass nicht mehr die besondere Lernsituation einer Gruppe behinderter Kinder oder die ganz besondere Eigenart eines behinderten Kindes meinen Alltag bestimmen würde. War ich doch gewohnt, individuell gestaltete Arbeitsmaterialien einzusetzen, um die unterschiedlichen Defizite zu berücksichtigen.
Die Sorge war umsonst: Was Berufsarbeit war, wurde zur ehrenamtlichen Tätigkeit. Eines fügte sich zum anderen: 
Politische Arbeit, Krankenbesuchsdienste, Seniorenarbeit!
Das Leben mit den eigenen Vierbeinern animierte mich zu dem Buch "Meine liebste Tiergeschichte", das ich mit Kindern erarbeitete.

Nicht zu vergessen in meinem "Leben danach" das ZAWiW mit all seinen Möglichkeiten!
Mit Cicero bin ich der Meinung: "Vor nichts muss sich das Alter mehr hüten, als sich der Lässigkeit und Untätigkeit zu ergeben".
Hildegard Keller

Wieso eigentlich danach?

Wenn ich mit Freunden meines Alters rede, höre ich immer den Begriff: was kommt danach? 
Wonach denn eigentlich? Dem Berufsstress? Dem Kinderkriegen und Erziehungsstress? Dem Ehe- oder Beziehungsstress? Weil jetzt der "Ruhestand" eintritt (blödes Wort übrigens, hört sich schwer nach "Stillstand" an), sollte sich doch ein neues Gefühl der Freiheit einstellen! Das zu tun, wozu man viele Jahre seines Lebens nicht gekommen ist. "Klar", meinen die Freunde dann, "jeder motiviert sich mit solchen Sprüchen. Aber die Zipperlein verhindern z.B. den Spaß am Sport. Der Partner macht auch nicht so mit und dann noch die Enkelkinder!

Also ist doch eigentlich alles beim Alten geblieben. Wer sich nicht selbst motiviert, etwas für sich zu tun und es dann auch durchzieht, ist wahrlich in den "Ruhe(zu)stand" gekommen. 
Das Internet, speziell auch das Lerncafe, macht es jedoch möglich, sich bequem von Zuhause darüber zu informieren, was sich alles tun ließ, so man es will! Der Partner ist hierbei nicht ausgeschlossen und die Enkelkinder haben auch mehr Spaß an geistig agilen, zufriedenen Großeltern.
Michaela Godefroy

Abschied aus dem Berufsleben,

in meinem Falle eher eine unfreiwillige und verfrühte Verabschiedung, da mein Arbeitplatz ebenso wie der meiner KollegInnen einer Fusion zum Opfer fiel. Das löste im Anschluss zuerst große Bemühungen aus, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Es hat dann einige Zeit gedauert zu akzeptieren, dass Qualifikation unerheblich ist gegenüber dem "Altersfaktor".
Es war auch schwierig, das finanzielle Überleben zu organisieren, das heißt, die Ersparnisse so zu strecken, dass sie möglichst bis zum Einsetzen der Rente reichen werden. Dieses Thema setzte nach dem ersten Erschrecken aber doch etliche verborgene Talente frei. Das "einfache Leben" beeinträchtigt nicht meine Lebensqualität. Aber manchmal frage ich mich, wie die Politiker wohl in ca. 20 Jahren reagieren werden, wenn meine Jahrgänge in die Nähe von Pflegebedürftigkeit kommen und alle persönlichen Reserven der Bürger bereits lange verbraucht sind.

Ein großer Gewinn: die freie Zeit, die ich anfangs verprasste mit exzessivem Lesen und viel Musik, mit Enkeln und Nachbarskindern, jetzt aber doch um einiges bewusster fülle mit Struktur und Unternehmungen, die mir wichtig sind.
Monika Pfiszter, fast 57

Zapfenstreich

Eine anspruchsvolle, interessante und harte Zeit in klaren hierarchischen Strukturen lag hinter mir. Zapfenstreich - es hatte sich aussoldatet! 
Danach wollte ich meine neue Freiheit sinnvoll gestalten. Die Ausschreibung zur SOR-Qualifizierung hatte u.a. meine Neugierde geweckt. Mein Verdacht hatte sich schnell bestätigt. Im Projekt habe ich lauter nette Menschen kennen gelernt, die irgendwie und irgendwo gleiche Interessen verfolgten. 
Das Online-Journal "Lerncafe" bietet Älteren den Zugang zu zahlreichen interessanten Themen. Darüber hinaus empfinde ich es als Herausforderung, inhaltlich und organisatorisch daran mitzuarbeiten. Auch die soziale Komponente, andere mit einzubeziehen und zu geben, kommt nicht zu kurz. Das und Teamarbeit finde ich gut. Obwohl man mir nachsagt, ich würde manchmal die Hierarchie suchen, misse ich sie nicht.
Clemens Thelen, 60 Jahre, Berufssoldat bis 2002

Wie erfreulich: Das Nutz- und Zwecklose

Meine Grundemotion: Altern ist ein kostbares Geschenk. Zwar muss ich mich weiterhin ums Materielle zu kümmern (die knappe Rente, der studierende Sohn, Anfälle von Reiselust, Kulturangebote in der Großstadt und Neugier auf geistig Anregendes wie Tagungen, Kolloquien und Seminare). Nur: Die Freiheitsgrade beim Altern sind deutlich höher als im Berufsleben: Konkret: Lesen und Schreiben, was mir gefällt, Wissensgebiete erschließen, für die mir zuvor die Zeit fehlte, Leute mit verwandten Interessen kennen lernen (ohne jede Absicht), alte und neue Freundschaften pflegen, spirituelle Neigungen neu beleben - kurz: Das Absichtslose ganz zweck- und nutzlos zu tun. Und Vieles auch zu lassen. Das Ganze begleitet von dem deutlicher bewussten und gefühlten "Hintergrundrauschen" der eigenen Endlichkeit, ohne Druck, noch etwas werden zu wollen - bin ich ja schon was - eben einfach zu sein und älter zu werden: Was für ein Geschenk! 
Helmut K. Doerfler