AusdruckenLernCafe 34 vom 1. Juni 2006: "Alter(n), eine Herausforderung"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deLandesseniorentag Baden-Württemberg in Ulm
3. Mai 2006
(Druckversion)
Helmut K. Doerfler
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Clemens Thelen
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Endlich alt
"Endlich alt. Jetzt mache ich, was ich will" heißt der Titel eines aktuellen Buches über die zweite Lebenshälfte. Günther H. Oettinger (53), Baden-Württembergs Ministerpräsident und Landesvorsitzender der CDU, hat da etwas andere Ideen. Der konservative Landesvater eröffnete am 3. Mai mit einer programmatischen Vision fürs Alter den Landesseniorentag in Ulm - Motto "Offen fur Neues" - und meinte sinngemaß, die Alten von 65 plus hätten jetzt ja eigentlich Zeit für Pflege von Hochbetagten und in der Schule. Er rief sowohl auf zu einer "Solidargemeinschaft 60 bis 95" als auch zu mehr Begleitung der Jugend durch kompetente Alte. Das Ganze natürlich ehrenamtlich, denn so der wackere Schwaben-Ministerpräsident: "Wir müssen die Staatsquote deckeln".
Emanzengraus
Da passte auch die "Rente 67" gut ins politische Konzept. Oettinger ganz schwäbisch: Man könne ja ein "Altensparbuch" einführen, einen neuen Generationenvertrag im Ruhestand mit Pflegegutscheinen. Auch Ulms OB Ivo Gönner warb im Grußwort für "zeitlich befristetes, Objekt bezogenes ehrenamtliches Engagement". Ins gleiche konservative Horn tutete der renommierte Ulmer Hirnforscher (Prof. Dr. Dr.) Manfred Spitzer, allerdings nur für Frauen. Brandneue evolutions-wissenschaftliche Untersuchungen der Altenforschung bewiesen, dass in Familien mit Großmüttern mehr und früher Kinder gezeugt und aufgezogen würden und dort außerdem die Kindersterblichkeit zwischen Zwei und Fünf drastisch reduziert sei. Schlussfolgerung des popularen, von Massenmedien hoch geschätzten Neurobiologen: "Omas gehören zu den Enkeln, nicht auf Kreuzfahrtschiffe und Weltreisen."
Fitt durch Kinder
„Und wo bleiben da die Opas und Kinderlosen?“ fragt sich jetzt verwundert der bildungshungrige Zeitgenosse. Die für die Aufzucht offenbar total nutzlosen Opas seien – so Spitzer – „auf dem genetischen Rücken der Großmütter“ mit in die Neuzeit gekommen (und dürfen vielleicht im Alter eher wieder zum Sammeln und Jagen aufbrechen). Carmen Stadelhofer hingegen, ebenfalls Festrednerin bei der Eröffnung des Landesseniorentags, wusste für die Alten bessere Lern- und Tätigkeitsfelder, nämlich „Altern lernen, für Gesundheit (vor-) sorgen, Wissen vertiefen und erweitern, Kompetenzen weitergeben und sich nachberuflich engagieren, neue Technologien lernen (speziell im virtuellen Raum) und nicht zuletzt zwischen Generationen und Kulturen den Dialog pflegen.“
Senioren wählen
Rund 1.700 Grau- und Weißhaarige hatten das Ulmer Congress Centrum besetzt und konnten sich nachmittags aus dreißig Workshop-Angeboten das Passende herauspicken. Der Vorsitzende des Landesseniorenrats Baden-Württemberg forderte: „Seniorenpolitik darf nicht nur eine Politik für Senioren sein, sie muss auch als Politik mit Senioren gestaltet werden.“ Ministerpräsident Oettinger sicherte konsequenterweise einen Beauftragten für demografischen Wandel in seinem neuen Kabinett im Südwesten (und damit wohl auch den besseren Zugang zu staatlichen Futtertrögen) zu.
SOR-workshop
Seitens des ZAWiW (Ralph Schneider) wurden die Hintergründe der Modellprojekte LernCafe und SOR vorgestellt. Dann kamen die RedakteurInnen selbst zu Wort: sie stellten die Themen des LernCafes, dessen Aufbau und beispielhaft Artikel vor und welche Lernmöglichkeiten sich damit eröffnen. Auf Rückfrage aus dem Publikum wurden redaktionelle Arbeitsschritte erläutert. Schließlich schilderten die SOR-Mitglieder ihre Motivation, bei der Senior-Online-Redaktion mitzumachen. Es wurden Punkte wie das Schreiben fürs Web benannt, zu sehen, wie eigene Texte und Bilder im Internet erscheinen, aber auch die virtuelle Gemeinschaft. Mit diesem Workshop konnten neue LeserInnen für das LernCafe gewonnen werden, zugleich wurde das Interesse für Online-Journalismus als nachberufliches Tätigkeitsfeld geweckt.