AusdruckenLernCafe 34 vom 1. Juni 2006: "Alter(n), eine Herausforderung"
Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
http://www.lerncafe.deLast und Chance
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Anne Pöttgen
E-Mail: annepoettgen@web.de
Symposium 2004
Das Symposium "Alter als Last und Chance" fand im Rahmen der Cadenabbia-Gespräche "Medizin - Ethik - Recht" statt. Veranstalter der Gespräche ist die Konrad-Adenauer-Stiftung.
Erfreulicherweise wurde die Last des Alters nur in wenigen Beiträgen thematisiert. Eher wurde darüber gesprochen, "Wie lässt sich das Alter gesund, aktiv und selbstbestimmt gestalten?" Fast 50 Vorträge gab es dazu an drei Tagen. Zunächst die Definition oder vielmehr die Definitionen des Altersbegriffs; breiten Raum nahmen die demografische Entwicklung und die Medizin im Alter, die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte des Alters ein. Aber auch die Politik in der alternden Gesellschaft war ein Thema.
Definitionen
Die Humangenetik weiß, dass das Altern schon sehr früh beginnt. Herzfunktion, Knochenmasse, Muskelkraft und Lungenfunktion nehmen kontinuierlich ab. Nun, das wissen wir selbst aus eigener Erfahrung. Da ist schon interessanter, wie das Alter aus der Sicht der Medien definiert wird oder aus der Sicht unserer Krankenkassen.
Wichtiger allerdings die theologische Sicht: Alter als Erfüllung des Lebens. Und der schöne Satz: Zeit für mich zu haben, ist ein Geschenk, Zeit für andere zu haben, ist ein Zeichen der Liebe. Oft haben alte Menschen nichts Kostbareres anzubieten als ihre Zeit.
Lebenserwartung
"Der 60-Jährige hat schon heute noch eine durchschnittliche weitere Lebenserwartung von etwa 25 Jahren. Das heißt: Wenn man heute in Rente geht, hat man noch mehr als ein Viertel seines Lebens vor sich..."
"Wir brauchen eine altengerechte (=menschengerechte) Umwelt, auch unter dem Aspekt der Prävention, d.h. der Gewährung eines möglichst gesunden und kompetenten Älterwerdens bei lang erhaltener Selbständigkeit. Stadtentwicklung, Wirtschaft und Industrie haben sich darauf einzustellen."
Das ist eine der Forderungen der bekannten Alternsforscherin Prof. Ursula Lehr. Darüber hinaus sind nach ihrer Ansicht Nachbarschafthilfen zu organisieren, Kontaktmöglichkeiten zu begünstigen und bürgerschaftliches Engagement zu fördern.
Kreativität
"Unter den Vertretern einer modernen Psychologie der Lebensspanne besteht heute Konsens, dass sich Entwicklung im Lebenslauf nicht als eine an das chronologische Alter gebundene Sequenz von Wachstums- und Abbauprozessen beschreiben lässt. Vielmehr ist bei der Analyse des Alternsprozesses die Gleichzeitigkeit von "Stärken" und "Schwächen" oder "Gewinnen" und "Verlusten" zu berücksichtigen." (Prof. Andreas Kruse).
Aus dem angesammelten "Lebenswissen" (Kruse) entspringt die Möglichkeit, in den zwischenmenschlichen Beziehungen neue Lösungen zu finden, aber auch künstlerisch kreativ zu werden: zu schreiben, zu malen, endlich Theater zu spielen.
Altersweisheit
"Die Zukunft des Alters zwischen Jugendkult und Altersweisheit" war der Titel des Beitrags von Prof. Jürgen Mittelstraß. Die Auswirkungen des Jugendkults werden uns im Fernsehen - so wir es denn sehen - vorgeführt: Die Werbung der Kosmetikindustrie und der Anti-Aging-Medizin, die Taten der Schönheitschirurgen und die Vielfalt der Diäten. Aber die Altersweisheit, wo begegnet sie uns? In den Medien gibt es nur die Gleichung Alt = krank oder pflegebedürftig.
"Entscheidend ist, dass das Alter wieder als eine Lebensform, als eine Gestalt des Lebens in den Blick tritt, die sich nicht allein als Ausbleiben von "Wachstum" und als Eintritt von "Verfall" definieren lässt."
Konzepte
Mitte der achtziger Jahre entstand der Begriff der "neuen Alten", aktiv, selbstständig, unabhängig. Noch weit entfernt davon, betreutes Wohnen oder gar das Altenheim als ihr Problem zu betrachten. Inzwischen sind 20 Jahre vergangen und die nicht mehr so neuen Alten erwarten, "dass es für jede Phase des Alterns ein spezielles, funktional optimiertes .Angebot gibt."
Eva-Maria Lettenmeier, Geschäftsführerin Augustinum Wohnstifte, dagegen vertritt die Ansicht, man solle an einem Ort alt werden dürfen. Ihr Ratschlag: "Suchen Sie sich eine geeignete Lebensform, wenn Sie selbst noch etwas für andere zu geben haben. Warten Sie nicht auf den Zeitpunkt, an dem Sie nur noch nehmen müssen."
Publikation
Die Vorträge beim Symposium in Cadenabbia waren auf jeweils 10 Minuten beschränkt, für die Publikation wurde erfreulicherweise viel Raum gewährt, 600 Seiten.
Alter als Last und Chance, Hrsg. Volker Schumpelick/ Bernhard Vogel, Verlag Herder, 2005, 19,00 Euro
Links
Die erwähnten Autoren:Prof. Andreas Kruse
Kreativität im Alter als Grundlage mitverantwortlicher Lebensführung
www.dgps.de/dgps/mitglieder/
detail.php4?&id=arc114872res_id
Prof. Ursula Lehr
Der demographische Wandel
www.dzfa.uni-heidelberg.de/mitarbeiter/lehr.htm
Ein Interview mit Frau Prof. Lehr finden Sie bei uns unter "Hintergründe"
Prof. Jürgen Mittelstraß
Die Zukunft des Alters zwischen Jugendkult und Altersweisheit
www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Philosophie/
Mitarbeiter/mittelstrass/homepage.htm
Prof. Josef Schuster SJ
Alter - aus theologischer Sicht
www.sankt-georgen.de/lehrende/schuster.html