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Warum reisen wir?

Bearbeitungszeit 07.06.2004 bis 18.07.2004
Moderator Dieter Böckmann


Kurzreferat
Zusammenfassung

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Kurzreferat

Reisen gehört zum Leben. Jeder, jedes Paar und jede Familie verreist heutzutage - mit wenigen Ausnahmen - mindestens einmal im Jahr.
Aber warum reisen wir? Auf diese Frage gibt es so viele mögliche Antworten, dass ich nur versuchen kann, sie vollständig aufzuführen. Viel hängt dabei auch vom Lebensalter der Reisenden ab.
Allgemein gilt wohl, dass man reist, um Abwechselung ins Leben zu bringen. Schon der Ortswechsel belebt uns - eine andere Gegend, ein anderes Land, andere Menschen zu erleben und zu erfahren, "weg vom Alltag", bereichert uns. Und ein anderes Klima kann unserem Körper, unserer Gesundheit, wohl tun.

In den verschiedenen Lebensaltern

Als junge Familie mit Kindern reist man in der Urlaubs- oder Ferienzeit. Der berufstätige Familienvater zur Erholung, und Frau und Kinder, weil sie auch gerne am Meer oder in den Bergen sind. Wer erinnert sich nicht später gerne daran, wohin die Familie gereist war, als man noch Kind war.
Und dann gibt es einen wesentlichen Schnitt: Heranwachsen heißt auch, nicht mehr mit den Eltern zu reisen. Die jungen Leute müssen dazu durchaus noch nicht Erwachsene sein. Aber sie reisen, möglichst billig und möglichst weit. Auch "Rucksack-Reisen" sind da beliebt. Die Eltern, auch wenn sie noch keine Senioren sind, reisen ab dann allein.
Als Senioren ohne kleine Kinder, und gar wenn man alleine lebt, steht die körperliche Erholung nicht mehr im Vordergrund und man reist auch möglichst nicht in der Ferienzeit. Man will Neues kennen lernen, andere Länder, andere Kulturen, will Sehenswürdigkeiten, sowohl landschaftliche wie andere, "erleben", will sich geistig beschäftigen, seine Bildung erweitern.
Die Vor- und Nachbereitung: vor der Reise liest man Literatur über die Gegend oder das Land oder die Stadt, informiert sich in Reiseführern, im Internet oder in Gesprächskreisen, und wenn man mit dem Auto reist, beim ADAC. Und nach der Reise? Viele verfassen dann Reiseberichte, für andere - und für sich selbst, und man tauscht sich mit Verwandten oder Freunden aus, die entweder auch schon "dort" waren oder hinreisen wollen oder überhaupt an den Reise-Erinnerungen teilhaben wollen.

Welches Verkehrsmittel?

Auto? Bei Beginn und Ende der Ferienzeiten hört, liest und sieht man "Stau auf den Autobahnen". Aber als Senior muss man ja nicht in der Ferienzeit reisen. Und das Auto ist für den einen das Verkehrsmittel, um zum Reiseziel zu kommen, während andere per Auto durch ein Land reisen.
Bahn? Schnell und bequem; und sicher kommt man an.
Flugzeug? Es bringt uns zu fernen Zielen.
Fahrrad? Gehört zur Kategorie Erlebnis/Sport.
Schiff? Eine Schiffsreise durch das Mittelmeer oder die Karibik lässt den Reisenden das Luxusleben auf den Superdampfern genießen, und dann gibt es die Ausflüge.

Es gibt viele verschiedene Arten von Reisen

Gruppen-Reisen (oft von Älteren bevorzugt): Man reist in Gruppen, in Gesellschaft mit anderen, per Flugzeug, Bus oder Schiff, seit einiger Zeit auch per Fluss-Schiff. Das Tourismus-Gewerbe bemüht sich, immer wieder neue Reise-Formen anzubieten. Es muss auch nicht immer ein fremdes oder fernes Land sein (auf Marco Polos Spuren...). Auch das eigene Heimatland bietet immer wieder Gegenden, in denen man noch nicht war.
Erlebnis-Reisen: Trekken im Himalaja - ein Segel-Törn - Bergsteigen - Höhlen erforschen - sich im Sommer mit dem Hubschrauber auf einen Gletscher fliegen lassen, um per Ski herunterzufahren - mit einem Frachtdampfer nach Amerika fahren - im Jeep durch die Sahara (mitunter gefährlich) oder durch Afrikas Wildschutz-Gebiete - an einer Karawane durch die Wüste teilnehmen...
Reisen als Besuche: Ja, bei Freunden oder Verwandten, die weit entfernt oder gar in einem anderen Land leben. Die so genannten Gemeindepartnerschaften zwischen deutschen Gemeinden und solchen in den europäischen Ländern leben zum großen Teil auch davon, dass damit immer Auslandsreisen verbunden sind.
Reisen in die Vergangenheit: Ja, in die Stadt oder Gegend, wo man seine Kindheit und/oder Jugend verlebt hat. Beispiel: Klassentreffen. Oder in das Land oder die Stadt, wohin einen vor Jahrzehnten die erste "große" Reise geführt hat.
Reisen in die Ferne: "Was, Ihr wart noch nicht auf den Galapagos-Inseln?"
Pilgerreisen: Da wäre zu erwähnen, dass ein kluger Kopf bei der Reise (grundsätzlich zu Fuß!) nach Santiago de Compostela erkannt hat "Der Weg ist das Ziel", d.h. dass der Wallfahrtsort dem Pilger gar nicht soviel gibt, sondern vielmehr das, was man mit Mitreisenden auf der Wanderung dorthin innerlich erlebt.
Ist eine Kur eine Reise? Na, zumindest ist ein Kurort meist weit entfernt. Und während der Kur, zumal man ja viel freie Zeit hat, macht man Bekanntschaften mit anderen. Ohne eine Kur zu benötigen, kann man auch eine "Wellness"-Reise machen.

Sprache(n)?

Englisch kann heute fast jeder, und damit kommt man auch (fast) durch die ganze Welt. Aber wer eine andere Fremdsprache "kann", der reist auch gerne durch (oder in) das betreffende Land.

Und jetzt noch eine Anmerkung: ganze Wirtschaftszweige (Tourismus-Firmen, Hotels, Reisebüros, Verlage für Reiseführer, Veranstalter von Reise-Messen usw.), ja ganze Länder, leben vom Reisen. In Tageszeitungen sind oft mehrere Seiten dem Thema gewidmet.

Zusammenfassung der Diskussion


Zu diesem Thema gab es im Forum 25 Beiträge von 10 Teilnehmern und in 5 Chats wurde jeweils eine Stunde diskutiert. Einiges wurde auch in E-mails geäußert.

Auf die Frage "Warum ...?" gab es viele Antworten.
Nicht nur zur Abwechselung, nicht nur weil es heißt "mal was anderes - raus aus dem Nest, aus dem Alltag", reisen wir, und man erlebt Reisen in den verschiedenen Altersstufen unterschiedlich. Für Rentner ist nicht mehr die Erholung von der Berufstätigkeit der wichtigste Reise-Anlass, zeitlich eingeschränkt durch die tariflichen Urlaubstage und die Ferien der Kinder. Auch muss es nicht unbedingt in der Hauptreisezeit, sondern kann eher im Frühjahr und im Herbst sein. "Jetzt reisen wir wann wir wollen und solange wir wollen".
Reisen wir vielleicht deswegen so gern, fragt einer, weil Reisen uns meist etwas Besonderes bieten, weil wir Neues oder Angenehmes erleben oder er-"fahren", das mit besonderen Gefühlen verbunden ist? Eine Reise soll schön sein, die Gegend, die Landschaft, die Kulturgüter, aber auch die Mitreisenden, das Essen, die Stimmung, die Menschen, die man kennen lernt, alles muss uns ansprechen. Freude und Zufriedenheit sollen uns begleiten.
Und Glück wird genannt. Viele Reisen bescheren glückliche Momente. Das Ungewöhnliche erleben, "Makro-Erlebnisse", das sind die gewaltige Bergwelt, das Meer, die herrliche Landschaft, die fremde Kultur. Auch die bezaubernde Stadt oder die grandiose Kathedrale.
Aber auch das Phänomen des Zeitempfindens im Alter, dieses Gefühl, dass die Zeit schneller vergeht, lässt, sagt man, Senioren so oft nach neuen Eindrücken auf Reisen suchen.
Reisen als Flucht? Reisen ist ein Zeichen von Aktivität: Immer? Manche Menschen sind permanent unterwegs. Da scheint es nicht Aktion, sondern Aktionismus zu sein. Sie scheinen auf der Flucht vor sich selbst zu sein. Sie ertragen die Muße nicht, fürchten die Leere abseits ihrer Aktivitäten, mögen nicht mit sich allein sein.
Zur Psychologie, oder besser Anthropologie, des Reisens werden in einem Forumbeitrag jene kühnen Vorfahren genannt, die weit vor aller Geschichte aus Afrika aufbrachen, um sich zuerst Europa und Asien, später Amerika und Australien zu erschließen. Natürlich waren das keine "Reisen" im heutigen Sinne. Aber wer die Herausforderung annahm, kam - im wahrsten Sinne des Wortes - weiter, hatte den Selektionsvorteil des mobilen Vorfahren gegenüber dem immobilen! Vermutlich ist uns deshalb der Drang zur Ortsveränderung angeboren.

Wie reisen wir? - diese Frage folgte auf das Warum. Es war nicht beabsichtigt, etwa alle denkbaren Arten von Reisen zu betrachten. Vielmehr beschrieben die Teilnehmer ihre Reisen - und da ergab sich ein buntes Bild.
Thema eines Chat war auch die Frage "wie bereitet Ihr Euch auf eine Reise vor?". Das hängt weitgehend von der Art der Reise, vom Ziel und vom Verkehrsmittel ab. In jedem Fall werden Lexikon und Reiseführer gewälzt, Landkarten studiert, Internet und ADAC befragt, und wenn das Ziel ein Hotel oder Feriendorf ist, oder bei Reisen mit Bahn oder Flugzeug, auch Reisebüros. Viele erleben ihre Reisen dreimal: Vorbereitung, Durchführung und bebilderte Aufzeichnung.

Reisen mit dem Wohnwagen oder Wohnanhänger. Es ist ein "Haus auf Rädern", Bett und Küche sind immer dabei. Hier wird ein "Grundgerüst", eine grobe Planung für die gesamte Reiseroute erarbeitet. Welche interessanten Orte oder Sehenswürdigkeiten liegen entlang oder nahe bei der Reiseroute? Informationen über Land, Leute und Kultur gehören dazu. Mitunter leiten Hinweisschilder zu besonderen Orten, die nicht eingeplant bzw. nicht bekannt waren. Es wird von einer 14-wöchigen Wohnwagen-Reise durch Norwegen berichtet. Und weil die heutigen Wohnwagen winterfest sind und gute Heizungen haben, ist auch "Campen" zum Wintersport möglich, z.B. zum Langlauf. Einige haben da langjährige Erfahrung.

Reisen mit dem Auto, auch "Auto-Wandern" genannt, wenn man schlecht zu Fuß ist. Für die Reiseplanung gilt weitgehend das, was bei "Wohnwagen" gesagt wurde. Nur übernachtet man im Hotel. Aber es gibt auch das "Improvisieren - mal sehen, wo man landet. Man fährt einfach in ein fremdes Land, eine fremde Landschaft, und will sich überraschen lassen".

Wandern. Zu Fuß ist die Natur am deutlichsten wahrzunehmen. Hinzu kommt die Freude an der Bewegung und dass man eine bestimmte Leistung vollbracht hat. Grund zu mancher Wanderung war das Gemeinschaftserlebnis mit Freunden. Es wird berichtet, wie Wanderer die Gebirge und schönen Landschaften des ganzen Heimatlandes kennen gelernt haben.

Gruppenreisen, bei denen alles von Profis vorbereitet und geplant ist, finden, allerdings mit einigen positiven Ausnahmen, wenig Beifall. Vielleicht sind die meisten von uns noch zu jung dazu, oder sind wir zu sehr Individualisten?

Auch mit der Bahn kann man durch ein fremdes Land reisen.

Und Fernreisen werden genannt, nach USA und Afrika.

In Irland kann man einen "Zigeunerwagen" zum Alleinkutschieren mieten.

Bed and Breakfast. In Großbritannien und Irland ist dies weit verbreitet und kostengünstig. Für eine Nacht oder auch für mehrere Tage.

Hier ist etwas zu Sprache zu sagen. Man reist gerne in Länder, deren Sprache man beherrscht. Und wenn nicht, dann kann man einen Sprachkurs machen. Aber auch mit Zahlen, bitte, danke, guten Tag, auf Wiedersehen kommt man schon ein ganzes Stück weit.

Fotografieren. Bilder gehören zum Reisebericht, angefertigt nach dem Reisetagebuch. Viele legen von jeder Reise ein beschriftetes Fotoalbum an. Seit einigen Jahren kann man dank der Digitalkamera nicht nur manche Aufnahmen löschen, sondern anstatt Fotoalben Dia-Shows anfertigen, die man auf dem Computer oder mit dem DVD-Player auf dem Fernseher vorführen kann. Da kann man auch Musik oder einen gesprochenen Kommentar unterlegen.

Zum Schluss ein wenig Etymologie. Das althochdeutsche rîsan bedeutete aufstehen, aufbrechen. Die Wortform "Reisen" hat sich seither kaum verändert.
Das französische Wort für Reise voyage ist, wie fast alle frzs. Hauptworte, lateinischen Ursprungs, nämlich des Begriffes für Weg = via (in Verbindung mit einen Weg nehmen/einschlagen) und wurde früh verwendet für Pilgerreise oder Kreuzzug, später verallgemeinert für jemanden, der sich auf den Weg zu einem weit entfernten Ort macht.

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