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_ Susanne Krüger
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_ _ Monika Liebl
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Druckversion

Susanne Krüger


Böll: Nicht nur zur Weihnachtszeit


Diese Erzählung ist mehrschichtiger als Brechts "Greisin".
Um was geht es? Um bürgerliche Rituale, bzw. das denkbar deutscheste Ritual des Weihnachtsfestes. Die Groteske des immerwährenden, bzw. wiederholten Weihnachtsabends wird hier als Sinnbild für die verlogene bürgerliche Moral und ihre Auswirkungen ausgearbeitet.
"Unter der harten Kruste der Anständigkeit" haben sich Schimmelpilze der Zersetzung eingenistet, die das Ende der Unbescholtenheit einer ganzen Sippe ankündigen".
Der Konflikt fängt im Krieg an, eine Tatsache, die der Erzähler "auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen" erwähnen muss, der Krieg in dem "lauter unerfreuliche Dinge passieren, mit deren Erwähnung ich meine Zeitgenossen in keiner Weise langweilen will". Das ist ätzend zynisch gemeint. Die Welt bleibt für eine bürgerliche Familie aussen vor, egal wie katastrophal die Verhältnisse sind, die sie mitgeschaffen hat.
Die Tante besteht auf "stille Nacht, heilige Nacht" und dem Friedensengel, egal ob draussen Bomben fallen oder nicht. Das Ritual ist heilig. Die Familie, die Gesellschaft und die Kirche machen bereitwillig mit. So lange, bis es zur Farce wird, nur noch Schauspieler und Wachspuppen das Ritual erfüllen, die Familienmitglieder sich unter der Kruste der Anständigkeit zu Amoralischen gewandelt haben.
Krieg oder Nachkriegszeit, Böll sieht, dass sich trotz der Katastrophe des 2. Weltkriegs an den bürgerlichen Ritualen, so entleert, so falsch sie auch sind, nichts geändert hat.
Ob in der Figur des Vetter Franz, Boxer und später Laienbruder, dem das Schlusswort gegeben wird: "wir sind mit dem Leben bestraft", die "Botschaft" steckt? Er scheint mir eine positive Figur zu sein, der differenziert sieht und urteilt, mit scheinbar gegensätzlichen Eigenschaften facettenreich ausgestattet ist und der an der Welt, wie sie ist, nämlich seine Familie, leidet.
Macht es Sinn, die Rolle der Tante auf ihren Realitätsgehalt zu überprüfen? Die Abschottung von der gesellschaftlichen Wirklichkeit, wen betrifft sie nicht? Zeitweise ist sie vielleicht sogar überlebensnotwendig.