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Horst



Ein Text, der mich nicht anspricht. Mein Eindruck: Die Fabrikantentochter Hedwig Dohm konnte sich offensichtlich nicht in die Lebensumstände der Familie eines kleinen Beamten hineinversetzen und scheint oft zu übertreiben. Dies führt in der "Story" immer wieder zu Brüchen.

Die Frau Agnes Schmidt wird beschrieben als eine gute, brave, etwas beschränkte und philiströse Hausfrau, unwissend und völlig im Familienleben aufgehend.

Ihr Leben wird als in beengten Verhältnissen geschildert, sie muss sehr sparsam sein, sich sogar bei den Mahlzeiten etwas vom Munde absparen, damit ihr Mann eine größere Portion erhielt.

Dann liest man jedoch, dass die Familie ein Dienstmädchen hatte, das offenbar auch die Küchenarbeit machte, sogar dann noch, als die Frau verwitwet war und nur noch für sich allein sorgen musste.

Ihr Mann, angeblich ein kleiner Beamter, aber er hinterließ ihr eine Witwenpension von 3.000,- Mark, für damalige Zeit eine sehr respektable Summe.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in dem sparsamen Haushalt eines kleinen Beamten üblich war, zum Essen regelmäßig ein Glas Wein zu trinken. Ebenso unwahrscheinlich, dass die Tochter beim Besuch der Mutter auf den Wein verzichtete, um ihr ein Glas anbieten zu könne. So armselig dürfte der Haushalt eines Amtsrichters nicht gewesen sein.

So entstehen Bilder, die nicht zueinander passen wollen.

Mich stört vor allem der durchgehaltene Ton des Jammerns. Es war bei der Frau kein Antrieb da, die von ihr so beklagten Lebensumstände zu ändern. Der ganze Text scheint demagogisch nur zu dem Zweck geschrieben, Argumente für die Ziele der Frauenbewegung zu konstruieren.