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_ Peter Joksch
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Kommentierte Inhaltsangabe von Peter Joksch


Zwei alte Frauen von Velma Wallis

Die Wahl dieses Buches empfinde ich als eine Sternstunde. Velma Wallis nennt ihre Geschichte: Eine Legende von Verrat und Tapferkeit, in der Buchbe-sprechung heißt es: Legende von Verrat und Mut.
Was ist nun eigentlich eine Legende?
In einer Legende finden sich häufig lehrhafte Züge, denn diese Erzählung, die Ereignisse im Leben eines vorbildlichen Menschen, meist eines Heiligen, zum Gegenstand hat, will nicht nur unterhaltsam sein, sondern auch Bewunderung beim Leser hervorrufen. ... (Aus: Einführung in die neuere deutsche Literaturwissenschaft von D. Gutzen u. a. Velma Wallis beschreibt das Verhalten von Einzelpersonen und eines Volksstammes in le-bensgefährlichen Ausnahmesituationen.
Der Volksstamm der Athabaska kämpft in einem arktischen Winter wegen Nahrungsmangel ums Überleben. Der Häuptling beschließt, neue Jagdgründe aufzusuchen und der Rat des Stammes beschließt weiterhin, zwei alte Frauen am momentanen Ort zurückzulassen. Dies bedeutet normalerweise für die Zurückgelassenen den sicheren Tod durch Verhungern bzw. Erfrieren.
Dies Zurücklassen Alter und Kranker war bei diesem Volksstamm durchaus üblich und wird in der Erzählung mehrmals beschrieben. Hierbei ist immer nur allgemein von Alten und Kran-ken, nicht jedoch ausdrücklich von Frauen die Rede (S. 20; 23; 67; 71). Die angeführten Beispiele erwähnen allerdings immer Frauen. (Aus der Literatur ist bekannt, dass auch in an-deren Volksstämmen – Australien; Afrika – das Aussetzen Alter und Kranker – Frauen sowie Männer - nicht unbekannt war).
Wie groß die Not in diesen Zeiten war, geht daraus hervor, dass mehrmals Fälle von Kanniba-lismus erwähnt werden (S. 24; 26; 67; 68). Dieses Zurücklassen war auch kein Stammesge-setz, sondern wurde von in solchen Situationen von Fall zu Fall beschlossen, wobei es immer wieder Gegenstimmen gab und auch der Volksstamm größtenteils immer ein schlechtes Ge-wissen hatte.
Man könnte das Verhalten des Zurücklassens vergleichen mit Situationen des letzten Welt-krieges. Auch hier gab es Verhaltensweisen bei Extremsituationen wie bei der Flucht aus ei-ner durch Bombenangriffe brennenden Stadt, Rettung aus torpedierten und sinkenden Schif-fen, bei vor der Front fliehenden Trecks in denen keine Rücksicht auf alte, kranke, hilflose oder schwache Personen genommen wurde, sondern jeder nur noch an sein eigenes Überleben dachte. Dieser Urinstinkt ließ alle kulturellen und zivilisatorischen Errungenschaften abfallen und jeden nur noch an sein Überleben denken.
Die quasi zweite Geschichte in dieser Erzählung ist das Verhalten der beiden alten Frauen, nachdem sie zurückgelassen wurden. Sie waren bisher von ihrem Stamm unterstützt worden, hatten diesem jedoch auch selbst im Rahmen ihrer Möglichkeiten geholfen. In letzter Zeit je-doch hatten sie häufig geklagt und ihre altersbedingten Leiden stark in den Vordergrund ge-schoben. Dadurch hatten sie für ihr Volk den Eindruck verstärkt, alt und hilflos zu sein. In dem Augenblick des Zurückgelassenwerdens jedoch bäumten sie sich auf und kämpften um ihr eigenes Überleben. Dies wird spannend beschrieben und beweist, was auch im und nach dem letzten großen Krieg immer wieder erkennbar war. Die angeblich so schwachen und zu beschützenden Frauen entwickeln eine Kraft, die sich weder die Männer noch die Gesellschaft haben vorstellen können.
Umso unverständlicher jeweils, dass dann in normalen Zeiten immer wieder das Vorurteil des "schwachen und hilflosen Weibes" in all seinen Schattierungen zu Tage tritt.