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Kommentierte Inhaltsangabe zu Erich Loest, Nikolaikirche von Horst Westphal/Lübeck
Man muss schon aufpassen beim Lesen der „Nikolaikirche“ von Erich Loest. Der Autor springt von einem Schauplatz zum anderen und zurück in die Vergangenheit, um ein anschauliches Bild von den Lebensumständen in der DDR und dem raffinierten Netz der Stasi, das alles umgab, zu entwerfen.
Am Beispiel der Familie Bacher - der Vater Polizeigeneral, der Sohn Stasi-Offizier, die Tochter wegen Abweichlertum aus der SED hinausgeworfen - schildert Loest den Riß, der durch die Gesellschaft der DDR ging und ihren Niedergang verursachte, die raffinierten Methoden der Stasi, die Unzufriedenheit der Menschen mit dem System und den Weg von den Friedensgebeten zur friedlichen Revolution. Wie ein Mosaik setzt er aus den einzelnen Teilen ein eindrucksvolles Bild der damaligen Verhältnisse zusammen.
Die Frau des verstorbenen Generals einerseits linientreu, gleichzeitig nicht abgeneigt, erneut Kontakt zu einem in Westberlin lebenden Fotojournalisten und ehemaligen Freund zu unterhalten. Ihre Tochter Astrid in der Nervenkrise, weil sie gezwungen war, im Büro und in der Parteigruppe ganz anders zu reden als zu Hause. Sohn Alexander Bacher steigt bei der Stasi auf bis zum Major. Er muss sich auf dienstliche Anordnung von seiner Geliebten trennen, als er erfährt dass sie sich an kirchlichen Gruppen beteiligt.
Daneben wird eine Reihe von Einzelschicksalen geschildert. Die evangelische Kirche wird insgesamt dank solcher Figuren wie der Pfarrer Ohlbaum und Reichenbork sehr positiv beschrieben. Ohne den von ihnen bis aufs Äußerste genutzten Freiraum, den der Staat der Kirche beließ, wäre eine gewaltlose „Wende“ nicht denkbar gewesen.
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