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Ewald Ristow

Stille Zeile Sechs von Monika Maron 1991



In zum Teil schwer zu ertragender Detailarbeit schildert M. Maron die Erlebnisse, Gedanken und Empfindungen der Historikerin Rosalind Polkowski, reflektiert an und um die Begegnung mit dem alten Herbert Beerenbaum, einem alten Kämpfer für den Kommunismus in Deutschland und der ehemaligen DDR. In eine Rahmenhandlung - die Beerdigung Beerenbaums- eingebettet, schildert sie symbolisch den Niedergang der DDR.

Der Entschluss von Rosalid Polkowski, nicht mehr für" Geld zu denken" und an ihrem Arbeitsplatz als Angestellte eines Geschichtsinstitutes nicht mehr zu arbeiten, soll sie von Zwängen der Obrigkeit und dem System befreien.

Gleichzeitig entscheidet sie sich, für den Funktionär Beerenbaum die Memoiren zu schreiben, währenddessen sie wieder mit Denkmustern ihres verlassenen Arbeitsplatzes konfrontiert wird. Selbstgerechtigkeit und uneinsichtiger Starrsinn erinnern sie im Verhalten und der Umgebung des alten Beerenbaums an ihren Vater. Dabei werden die in der Jugend erfahrenen Verletzungen und Kränkungen von ihrem Vater wieder deutlich .

In der nicht öffentlichen Lebenswelt und den Gestalten des Brunos, des Grafen - Karl-Heinz, des Sinologen - und der Klavierlehrerin Thekla Fleischer erfährt oder sucht Rosalind die Welt, die nicht vom System gesteuert und gelenkt zu sein scheint. Hier erfährt man die Atmosphäre der Andersdenkenden, derer die sich mit dem bestehenden System nicht identifizieren können oder wollen. Der Widerstand bewegt sich zwischen den Opfern und den Tätern und mündet zeitweilig in grotesken und irrealen Feststellungen, Handlungen und Vorhaben. "Die Freiheit ist kein Ort" - oder die Frage:"Opfer und Unschuld gleich?"

In der Person des Sohnes von Beerenbaum wird die stets präsente, aber doch eigentlich nicht offizielle Anwesenheit und Bedrohung der Stasi angedeutet, die auch noch das Vermächtnis der Väter weitergeben soll. -Auch wenn es nur in Form der von Rosalind selbst aufgeschriebenen Memoiren zu sein scheint.

Rosalind nimmt an der Beerdigung des von ihr gehassten Beerenbaums teil, ja sie kann sich dem nicht entziehen.

Zwei Generationen treffen in diesem Buch mit unterschiedlichen Auffassungen des gesellschaftlichen und politischen Systems der DDR aufeinander und bilden die Grundlage der Handlung.