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Landolf Scherzer |
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In der Rubrik "Wendezeit" werden Texte (Inhaltsangaben, Rezensionen) versammelt, die sich mit Büchern, Texten zur Wendezeit beschäftigen, die aber nicht in die Literaturauswahl der Leserunde aufgenommen sind.
Druckversion
Landolf Scherzer: „Der Zweite“
Im vorliegenden Werk „Der Zweite“ geht es um den zweiten Landrat nach der Wende im thüringischen Kreis Bad Salzungen, den der Autor 14 Tage lang bei seiner Arbeit beobachten darf. Der Roman ist so aufgebaut, dass der Autor sowohl bei Entscheidungsfindungen des Landrates zugegen ist als auch selbst an den Brennpunkten der Nach-Wende-Entwicklung mit den verschiedensten Menschen und Personengruppen Gespräche führt.Handlungsmittelpunkt sind kollektive und Einzelschicksale im Kreis Bad Salzungen nach der Wiedervereinigung. Mit krimineller Energie erfolgt die Wirtschaftsanpassung an die alten Bundesländer. Das Beispiel im Roman ist die Schließung der Kali-Werke Merkers und Bischofferode als lästige Konkurrenz zu den hessischen Kalibetrieben. Aber auch Einzelschicksale werden geschildert: ein ehemaliger Kali-Kumpel (Bauingenieur, Genosse, Parteilleitung) ist Immobilienmakler, ein NVA-Offizier wird Unternehmer, ein Politoffizier Pförtner, ein Steiger verkauft Eintrittskarten für ein Besucherbergwerk. Die ständig zunehmende Arbeitslosigkeit untergräbt das Selbstbewusstsein vieler Menschen, die bevorstehende Kreisgebietsform verunsichert noch mehr, weil die Menschen direkt oder indirekt weitere Arbeitslosigkeit und damit weiteren sozialen Abstieg verbinden.
Und inmitten dieses sozialen Spannungsfeldes steht der Landrat Baldus. Bis zu seiner Wahl war er Berufsoffizier, kommandierte 1991/ 92 das Panzergrenadierbataillon in Bad Salzungen. Um seine Peron, seinen Charakter, seine ethischen und politischen Grundhaltungen dem Leser nahe zubringen hat der Autor „Gespräche mit dem Landrat“ zwischen den Kapiteln eingeschoben. Der Landrat bekennender Katholik, hat in der CDU-Partei nicht wenige Gegner und versucht, sowohl den Kreis über die Kreisgebietsform zu retten als auch die innere Einheit herzustellen („Wir müssen auf die Ostdeutschen zugehen, ihre 40-jährige Identität respektieren, wer so nicht handeln will, beharrt auf Trennung“)
Der Landrat verliert sowohl den Kampf um den Erhalt des Kreisstatus als auch die Wahl zum Landrat des neu gebildeten Wartburgkreises.
Der Kreis Bad Salzungen steht stellvertretend für alle Kreise in den neuen Bundesländern.
Das Buch sollte man lesen!
Günter Matthes
i.A. gemeinsamlesen Mittweida
