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Welchen Stellenwert nimmt die Freundschaft in den zwischenmenschlichen Beziehungen ein?

Bearbeitungszeit 09.02.2004 bis 21.03.2004
Moderatorin Angenita Stock-de Jong


Kurzreferat
Zusammenfassung

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Kurzreferat

"Wenn es um Tod und Leben sich dreht,
zeigt sich`s, wie es um die Freundschaft steht.
Reich und arm sind ein untrüglich Maß,
wer dein Freund ist und auf wen Verlass.
Fällt in Ungnad, wer einst hochgeehrt,
merkt er schnell, was seine Freunde wert."
Aus China

    "Wenn seit Jahrtausenden Freundschaften bestehen, dann sollten dieser Sozialbeziehung bestimmte, sie und nur sie kennzeichnende Funktionen, zuzuordnen sein, welche in anderen sozialen Beziehungen nicht so gut oder nicht in dieser Form oder dieser Kombination gegeben sind. Das klingt plausibel. Der Frage nach der zwischenmenschlichen Funktion von Freundschaft wird jedoch eher spekulativ und unsystematisch nachgegangen. In einer Reihe von Veröffentlichungen wird sie zwar abgehandelt, doch meist eher im Sinne einleitender Worte und nicht als eigentlicher Gegenstand der Arbeit. Die hier vernachlässigte eher soziologische Perspektive, Funktion von Freundschaft in der Gesellschaft, scheint auch noch recht unklar zu sein". (Ann E. Auhagen: Freundschaft im Alltag: eine Untersuchung mit dem Doppeltagebuch. 1. Aufl. Bern; Stuttgart; Toronto: Huber, 1991)
Als ich anfing mich mit diesem Thema auseinander zu setzen, merkte ich aber schon sehr schnell, dass keine einheitliche Vorgabe für das Konzept "Wie ist Freundschaft" und die "Definition von Freundschaft" existiert.
Ich wurde darin in dem o.g. Buch bestätigt.
Aus diesen Untersuchungen zeigt sich, dass das Freundschaftskonzept in Deutschland sich z.B. von Amerika unterscheidet. Ich werde mich deshalb in diesem Kurzreferat nur auf Deutschland beschränken.
Im Diskussionsforum können wir eventuell andere Länder und Kulturen mit einbeziehen.
Freundschaft ist ein Wert. Darüber sind wir uns wohl einig.
Freundschaft zu definieren ist schwierig, sie stellt eine eigenständige Beziehungsart dar. In dem o.g. Buch kommt man zu dem Ergebnis, dass der Begriff sehr unterschiedlich verwendet wird und sich durch Unschärfe auszeichnet.

Trotzdem wird eine eigene Definition erstellt:
"Freundschaft ist eine dyadische, persönliche, informelle Sozialbeziehung. Die beiden daran beteiligten Menschen werden als Freundinnen/Freunde bezeichnet. Die Existenz der Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeiten; sie besitzt für jede(n) der Freundinnen/Freunde einen Wert, welcher unterschiedlich starkes Gewicht haben und aus verschiedenen inhaltlichen Elementen zusammengesetzt sein kann."
Freundschaft wird zudem durch vier weitere Kriterien charakterisiert:
1. Freiwilligkeit: bezüglich der Wahl, der Gestaltung, des Fortbestandes der Beziehung.
2. Zeitliche Ausdehnung: Freundschaft beinhaltet einen Vergangenheits- und einen Zukunftsaspekt.
3. Positiver Charakter: unabdingbarer Bestandteil von Freundschaft ist das subjektive Element des Positiven.
4. Keine offene Sexualität.

Da wir uns in erster Linie mit der Frage: "Welchen Stellenwert nimmt die Freundschaft in den zwischenmenschlichen Beziehungen ein?" beschäftigen wollen, gehe ich hier kurz auf den "Wert für die Freundinnen und Freunde" ein.
Hierunter lassen sich alle emotionalen, geistigen, sozialen Werte fassen, die im Zusammenhang mit Freundschaft immer wieder genannt werden, wie Vertrauen, Verständnis, für den Anderen einstehen, Hilfe, Respekt, Zuneigung etc.
Freunde geben uns ein Zugehörigkeitsgefühl, emotionale Integration und Stabilität, die Gelegenheit, über uns selbst zu kommunizieren und anderen zu helfen, sie versorgen uns mit psychischem und physischem Beistand und zeigen uns, dass wir als Menschen einen Wert besitzen.

Freundschaft ist etwas Lebendiges. Sie lässt sich nicht nur in verschieden Phasen (Kindheit, Jugendzeit, Erwachsenen- und Rentenalter), sondern auch in Formen einteilen, z.B. Frauenfreundschaften, Männerfreundschaften, Busenfreundschaften, Zweckfreundschaften und differentielle (einzelne Bereiche umfassende) Freundschaften.

Da keine einheitliche Vorgabe für das Konzept und die Definition von Freundschaft existiert könnten wir auch in diesem Thema in der Diskussion zu mehreren Schlüssen kommen.

Als Einstieg in das Thema möchte ich die Frage stellen:
Welche grundlegenden Werte gelten für euch zumindest für den Beginn von Beziehungen als fördernd?

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Zusammenfassung der Diskussion


Zu diesem Thema wurden von acht Teilnehmern und fünf Teilnehmerinnen insgesamt 38 Beiträge ins Diskussionsforum gestellt.
In der Zeit vom 15.2.-21.3.04 fanden fünf Chats statt, die sich mit der Thematik beschäftigt haben.
Themen der Chats waren:
  • "Hältst du dich für freundschaftsfähig?" (17.02.04)
  • "Gibt es Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfreundschaften? Wenn ja, welche?" (24.02.04)
  • "Welche Rolle spielt Neid in der Freundschaft?" (02.03.04)
  • "Stellenwert in der Freundschaftsbeziehung in Ost- und Westdeutschland (früher und heute)" ( 09.03.04)
  • "Was verbindet Freunde, das Verwandte nicht verbindet und umgekehrt?" (16.03.04)


  • Einheitlich wurde das Thema "Welchen Stellenwert nimmt die Freundschaft in den zwischenmenschlichen Beziehungen ein?" als sehr interessant bezeichnet und die meisten hatten sich mit dessen Bedeutung bis heute noch nicht beschäftigt, obwohl das Außergewöhnliche der Freundschaft seit Jahrtausenden Gegenstand der Ethik ist. Schon Solon, Platon, Aristoteles und die großen Denker des Mittelalters wie Augustinus, Abaelard, Thomas von Aquin haben sich mit den ethischen Fragen der Freundschaft beschäftigt.
    Für Aristoteles ist die Freundschaft nicht nur Voraussetzung für das glückliche Leben des Einzelnen, sondern auch von staatstragender Bedeutung.

    Wie schon in dem Kurzreferat erwähnt wurde, ist Freundschaft schwierig zu definieren. Jeder muss für sich selbst bestimmen, was für ihn Freundschaft ist. Nicht strittig ist, dass sie unverzichtbar ist und einen Wert darstellt. Das bestätigten die Beiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Klar wurde unterschieden zwischen Bekannten und Freunden, aber sie sind beide wichtig im Leben.
    In der virtuellen Brockhaus-Enzyklopädie wurde folgende Erklärung gefunden: "Freundschaft ist eine Form der Beziehung zwischen zwei oder mehreren Partnern, die durch gegenseitige Anziehung und persönlichkeitsbezogene Vertrautheit und durch Achtung bestimmt ist und Hilfs- und Opferbereitschaft und freiwillige Verantwortung für den anderen einschließen kann, im Unterschied zu zweckbedingten partnerschaftlichen Verbindungen."
    In "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry sagt der kleine Prinz über den Fuchs:
    "Der war nichts als ein Fuchs wie hunderttausend andere. Aber ich habe ihn zu meinem Freund gemacht und jetzt ist er einmalig in der Welt."

    Freundschaft wird als ein Prozess, ein Geben und Nehmen gesehen. Eine Aufgabe, die immer wieder neu gestaltet und überdacht werden muss. Sie ist etwas Lebendiges.
    Freundschaft soll keine Aneignung, keine Fessel sein, sondern Akzeptanz, Respekt für das Anderssein der Freunde. Dieses Anderssein ist Bereicherung, nicht Einengung.
    In der Diskussion wurde immer wieder von der Freundschaft in der Jugend geschrieben, z.B.:
    "Die gemeinsame Vergangenheit ist so stark, dass sich bei Begegnungen immer sofort die alte Vertrautheit einstellt."
    "Langjährige Freunde sind das schönste Geschenk des Alters."
    Die Zeit, die eine Freundschaft dauert, ist wichtig. Freundschaften wachsen. Je länger sie anhalten, umso fester werden sie. Häufig frischt man im Alter Jugendfreundschaften wieder auf. "Ist das die Sehnsucht nach der Jugend?" wurde gefragt.
    Es gibt aber auch Freundschaften in den verschiedenen Phasen (sog. Lebensabschnitts-Freundinnen/Freunde) und Bereichen unseres Lebens (z.B. im Verein), die alle ihren Wert haben.

    Die Frage "Bin ich freundschaftsfähig?", die auch im ersten Chat Gegenstand der Diskussion war, beschäftigte interessanterweise intensiver die männlichen Teilnehmer. Die Kriegszeit, häufiger Schul- und Ortswechsel und die berufliche Laufbahn ließen weniger Platz für Freunde und Freundschaftspflege.
    Auch tauchte mehrfach die Frage auf, ob es eine Freundschaft zwischen Mann und Frau geben kann. Sie wurde bejaht. Aus Freundschaft kann aber auch Liebe werden, aus Liebe Freundschaft. Eine Stelle im Johannes-Evangelium wurde zitiert:
    "Eine größere Liebe hat niemand als die, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde". (15.13)
    Auf die Frage "Gibt es Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfreundschaften" kam die Erklärung, dass Frauen sich leichter erschließen, Zwischentöne viel mehr spüren, die sie gedanklich und sprachlich aufgreifen und aufarbeiten als Männer das tun.
    Von einer echten, langjährigen, Freundschaft, die sich nur per e-mail entwickelt hat, wurde berichtet. Nicht alle waren sich einig, welche Art von Freundschaft sie darstellt. Es wurden überhaupt viele Fragen gestellt, worauf wir keine einheitliche Antwort gefunden haben.
    Der Satz "Nehmen wir doch einfach Freundschaft als eine wunderbare Erscheinung der Beziehungen zwischen den Menschen in ihrer ganzen Vielfalt, ohne alles Mögliche zu hinterfragen" passt an dieser Stelle.

    Wichtig war für uns alle, dass dieses Thema uns veranlasst hat, über die Freundschaft allgemein und welchen Stellenwert sie für uns persönlich bedeutet, nachzudenken. Das ist uns wohl gelungen.

    Mit folgendem Zitat möchte ich die Zusammenfassung abschließen:
    "Über Freundschaft erfahren wir nichts aus Büchern, sondern aus dem Bauch."
    (Liane Beaurepaire)

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