Man sagt ab und zu, dass man zu Hause dort ist, wo man den Hut aufhängt, jedoch andernfalls ist dazu noch viel mehr notwendig. Ich konnte lange Zeit nicht begreifen, was „Heimweh“ bedeutet, da ich mein eigenes „zuhause“ hatte und vor allendingen: ich hatte großes Glück, dass meine Eltern ein hohes Alter erreichten und ich konnte bei ihnen mein tiefes Gefühl der festen Geborgenheit miterleben , wie ich es von Kind auf angewöhnt war. Leider nunmehr lebt weder meine Mutter noch mein Vater und es fehlen mir nicht nur diese beiden aber auch dieses Wohlgefühl!
Ich war im Jahre 1968 zu Besuch bei meinem Onkel im damaligen „Westdeutschland „ und dort traf ich auch Freunde meiner Eltern und meiner Großmutter. Sie alle hatten um die Zeit der „ersten Republik“ in der Karpato-Ukraine gelebt. Es war eine geringe Gruppe von gut situierten Menschen, die sich untereinander näher kannten und auch sich befreundeten. Ihre Religion, Nationalität und Muttersprache spielten gar keine Rolle angesichts ihrer Freundschaft. Der meiste Teil von ihnen beherrschte einige Sprachen und kommunizierte untereinander auf tschechisch oder auf deutsch, beziehungsweise auf ungarisch. Dies alles erfuhr ich von meinen Eltern, aber erst nach diesem Besuch nahm ich zur Kenntnis, was „Heimweh“ bedeutet. Diese in guten materiellen Bedingungen lebenden Leute, ohne jegliche Kommunikationsprobleme, sehnten sich nach ihrem alten „zuhause“, das ja gar nicht mehr existierte. Es war ein ganz sonderbares Erlebnis – ich gehörte als Nachgeborene der einen aus ihrer Gemeinschaft zu ihnen an und ich fühlte plötzlich auch ihr Gefühl eines Fremdlings in einem fremden Land, wo sie Jahrzehnte lebten. Denn diese Anknüpfung, die uns mit breiterem Milieu unserer Jugend verkörpert, ist viel stärker als wir überhaupt zugeben wollen.