Rom ist eine Stadt, die sich in den 38 Jahren, die ich hier lebe, sehr verwandelt hat; ich erinnere mich daran, dass sie früher ziemlich provinziell war.
Als ich im April 1965 aus New York nach Rom kam, war Rom eine friedliche Stadt. Die ausländischen Frauen wurden als eigenartige Personen angesehen. Einige junge Mànner "spezialisierten" sich auf Ausländerinnen! Der wichtigste Unterschied für uns war, dass wir hier nicht von unserer Familie "umschlossen" waren. Aber wir waren normalerweise nicht so dumm und naiv, wie die jungen römischen Männer gedacht hatten....
Nach wenigen Jahren begann die Frauenbewegung, und den Frauen wurde bewusst, dass sie fast alle, Italienerinnen und Ausländerinnen, in dem gleichen Boot saßen. Es gab Frauen, die demonstriert haben, und andere, die nicht demonstriert haben. Ich habe nie demonstriert, aber ich habe mich deswegen schuldig gefühlt.
Von dieser Zeit erinnere ich mich gut an die kleinen Autos: die "500" und "600" FIAT. Fast alle Menschen hatten diese Autos. Wenn man eine Parklücke gefunden hatte, konnten zwei Männer ein anderes geparktes Auto umstellen, und so hatte man dann seinen eigenen Parkplatz. Das hat mich immer amüsiert.
Wenn eine Frau in der italienischen Gemeinschaft angenommen werden wollte, musste man den Sitten folgen. Eine von diesen Sitten 1965 war : keine Hosen auf der Arbeit tragen. Ich erinnere mich sehr gut an den Tag, vielleicht 1967, als eine von uns
Lehrerinnen mit ein Paar Hosen in die Schule gekommen ist. Sie hat uns erklärt, dass
sie die Direktorin darum gebeten hatte, und diese Frau hatte "Ja, gut!" geantwortet.
Am folgenden Tag hatten wir alle Hosen an.
Kurz darauf kamen die schlechten Zeiten : Der Terrorismus. Meine Schule war in der Nähe von der Kommunistischen Partei und der Christdemokratischen Partei. Heute gibt es dort keine Schule mehr, sondern eine englische Bibliothek und ein amerikanisches Kulturzentrum. In jener Zeit geschah es, dass wir manches Mal wegen des Tränengases nicht aus dem Gebäude gehen konnten. Ich musste immer zum "Piazza Venezia" gehen, um meinen Bus zu nehmen, und ich musste dabei an vielen jungen Soldaten in Kampfausrüstung vorbeigehen.
Inzwischen sind die Italiener reich geworden. Ich weiß nicht genau wann, aber an einem gewissen Punkt habe ich festgestellt , dass viele Italiener viel Geld hatten.
Ich lebte in einem reichen Land. Seit dem haben die Italiener kostspielige Kleider, große Autos und schöne Wohnungen (oft zwei Wohnungen),und sie reisen in die ganze Welt.
Rom ist durchaus nicht mehr provinziell.
Julie Lerro