Rom und Berlin, Garbatella und Treptow-Köpenick haben feste kulturelle Beziehungen. Das Heimatmuseum Treptow ist an dem internationalen Projekt ,,Grundtvig 2" beteiligt und dadurch mit mehreren Projekten verknüpft. Im November war das erste Treffen in Rom mit Römern, Madridern, Pragern, Ulmern und Berlinern und ich war dabei! Rom breitete sein frühlingshaftes Wetter für uns im November aus, empfing uns mit einem freundlichen Quartier in der ,,Casa Valdese", überraschte uns mit überwältigendem Straßenverkehr, mit unendlichen Touristenströmen und geschichtsträchtiger Architektur.
Ein hartes Arbeitsprogramm stand an, als Projektsprachen wurden italienisch und deutsch gewählt. Die gemeinsamen Projekte sollen eines erreichen, wunderbar mit einem alten Wort ausgedrückt: ,,Völkerfreundschaft". Das Projekt ,,Grundtvig 2 - meine oder unsere lebendige Stadt" ist das, was wir Berliner vertreten. Unser erstes Arbeitstreffen begann um 17 Uhr in der Volkshochschule. Die erste Begegnung diente der Vorstellung der Projekte und der sie begleitenden Personen.
Der nächste Morgen in Rom zog genau so freundlich herauf, wie sich der Abend verabschiedet hatte. Übrigens hatte es gleich am ersten Tag, auf der Metrofahrt, einen Ulmer erwischt, dem im Gedränge die Brieftasche mit seinem Geld, den Papieren und Kreditkarten verlustig ging. Und ich wurde in der Metro von einem Fahrgast darauf aufmerksam gemacht, ich möge doch mein glitzerndes Goldkettchen unter den Kragen stecken, was ich auch brav tat.
Nach dem Frühstück machten wir uns wieder auf in unsere Arbeitskreise. Uns wurde Garbatella
vorgestellt, der Stadtbezirk, mit dem Treptow-Köpenick in sehr engem Kontakt steht. Garbatella entstand 1919 als Projekt eines Gartenviertels. Ebenso ist die Adlershofer Holzhaussiedlung zu diesem Zeitpunkt erbaut worden, ist aber vom Baustil her überhaupt nicht vergleichbar. Garbatella ist eine absolut ,,südliche Stadt" eben reineweg italienisch!
Am Nachmittag hatte Karin Gelegenheit das ,,Kreative schreiben" vorzustellen.
Ich führte Protokoll und konnte so meinen Beitrag an dieser Arbeit leisten.
Beim Abendessen trafen wir alle wieder zusammen. Agnes hatte ihre Gitarre mitgebracht. Die einzelnen ,,Länder" sangen anschließend, nur wir Deutschen kriegten kaum den Refrain von ,,Berliner Luft" zusammen. Agnes und eine der Ulmerinnen retteten aber unseren Ruf mit einem schönen Duett.
Wieder ein volles Tagesprogramm: zu Beginn ein Empfang in Garbatellas Rathaus beim Bürgermeister. Mit Hängen und Würgen sicherten wir ein einigermaßen pünktliches Eintreffen. Busse und Metro haben auch in Rom so ihre persönlichen Noten, vor allen Dingen sind sie voll! Noch einmal wurden beim Empfang alle Projekte vorgestellt. Nach einem Büfett folgte der Spaziergang durch die Garbatella. Dieser Stadtbezirk ist mit Treptow-Köpenick nur insofern zu vergleichen, daß er auch im Grünen liegt und vielleicht von der sozialen Struktur her. Ansonsten ist der Baustil natürlich römisch, italienisch! Nur eine Ecke habe ich entdeckt, die so beschmiert war, wie hier in Berlin fast jede Straße. Dort war so ein Szene-Treffpunkt und die Schmiererei wurde als Kunst akzeptiert.
Anschließend eine Lesung in einem Seniorentreff. Drei junge Schauspieler lasen die Texte vor, ein Gitarrist spielte leise im Hintergrund. Die Senioren, deren Texte vorgelesen wurden, hatten kaum im Leben so geschrieben und waren gerührt, als sie ihre eigenen Geschichten hörten. Uns gefiel es sehr gut, daß Claudio sehr einfühlsam die Texte übersetzte. Allerdings waren wir recht betroffen, unter welchen äußeren Bedingungen sich hier Senioren treffen. Unsere Adlershofer ,,Alte Schule" oder das Treptower Heimatmuseum stellen da geradezu vorbildliche Bedingungen. Der Tag endete bei Rotwein und Gitarrenmusik gegen Mitternacht.
Am nächsten Tag waren wir nach dem Frühstück losgezogen und über die ,,Spanische Treppe"
- ich habe sie mir noch größer vorgestellt - zu unserem Arbeitsort gelangt, dem Internet-Raum der Volkshochschule. Wir wurden auch noch zu einem Museumsbesuch eingeladen, ins ,,Musei Capitolini". Dann bummelten wir gemeinsam durch diese wunderschöne Stadt. Der Trevi-Brunnen war für mich das Ziel, um meine Cents hineinzuwerfen, damit ich ja noch einmal diese Traumstadt wiedersehen kann! Unser Bummel führte uns über weitere schöne Plätze an ebenso traumhaften Brunnen vorbei bis zu einem großen Marktplatz, der nun wahrlich nicht mehr überschaubar war. Endlich wollte ich mir am Zeitungsstand ein paar Postkarten kaufen und suchte in meiner Schultertasche das Portemonnaie.
Ich suchte und suchte und als ich mich nach meinen Freunden umsah, war keiner mehr zu sehen. Viele, viele Menschen zwar, aber meine Freunde nicht! War das ein Gefühl. Ich hatte nicht mal aufgepaßt, wo lang sie gehen wollten und machte mich vorsichtig auf die Suche. Ich sah keine bekannte Jacke. Himmel, vor Schreck war mir sofort entfallen, wie unser Hotel hieß und das italienische Wörterbuch lag auf dem Nachttisch. Na prima! Ich dachte, geh mal vorsichtshalber zu diesem Kiosk zurück, vielleicht sucht dich ja dort einer. Und so war es auch. Agnes kam winkend auf mich zugelaufen, Günter hatte sich erinnert, mich zuletzt an eben diesem Kiosk gesehen zu haben. Da war ich aber froh! Bei meiner Gruppe wieder angelangt wurde ich auch noch gelobt, daß ich mich nicht von meinem Standort entfernt hatte. Wenn die gewußt hätten, wie ich herumgeirrt bin.
Am nächsten Morgen hieß es dann Abschied nehmen, und der Wunsch in Madrid wieder dabei sein zu dürfen bleibt. Wir Berliner hatten am Sonntag bis zum Abflug noch Zeit, den Petersdom zu bewundern, das Kolosseum zu besuchen und in den Katakomben der Kirche St. Clemente auf den Spuren der Mithras-Kultur zu wandeln. Drei Kirchen sind dort übereinander gebaut, die unterste eine Kultstätte aus der vorchristlichen Zeit, das war mir unheimlich.
Mir bleiben Eindrücke, die mir viel Neues nahe brachten. Der Kontakt zwischen Menschen unterschiedlicher Sprache ist nicht so schwierig wie befürchtet, und die Zauberstadt Rom hat mir einige ihrer Schönheiten gezeigt. Die römische Geschichte vom November 2002 ist zu Ende.