"Der Mann der die Bäume pflanzte - ein Bericht"
von Jean Giono
Buchtipp von Matthias Gruner
Giono wurde am 30.3. 1895 in Manosque (Basses Alpes) in Frankreich als Sohn eines Schuhmachers geboren.
1911 verlässt er das Gymnasium, um seine Eltern finanziell zu unterstützen und arbeitet als Angestellter in einer Bank in Manosque. Seine Teilnahme am ersten Weltkrieg, 1915- 1918, lässt ihn zum Antimilitaristen werden. Mit Ausnahme seiner Zeit als Frontsoldat lebt der Schriftsteller in seiner Heimatstadt Manosque, wo er am 9. November 1970 auch stirbt.
Seine Literatur entspringt zum größten Teil den Themen der Provence.
Der im folgenden beschriebene Bericht wurde 1952 von Jean Giono unter
dem Titel „Un caractère“ in England referiert, und in der
Modezeitschrift „Vogue“ 1954 veröffentlicht. In den sechziger und
siebziger Jahren wurde der Bericht unter dem heutigen Titel „L’homme
qui plantait des arbres“ bekannt.
Jean Giono erzählt, wie er eine lange Fußwanderung über verkarstete
Höhenzüge einer Alpengegend macht, die in die Provence übergeht. Als er
in dieser trostlosen, trockenen Gegend kein Wasser findet, trifft er zu
seinem Glück einen Schäfer, der ihn aufnimmt, und mit dem Nötigsten
versorgen. Die Landschaft beschreibt er als sehr eintönig und öde.
Entsprechend auch die Menschen, die in den wenigen, kleinen Dörfern
wohnten:
Hier lebte es sich schlecht. Die Familien hausten eng aneinander
gedrängt sommers wie winters in einem Klima außergewöhnlicher Härte.
Auf engstem Raum lebten sie und steigerten ihre Selbstsucht bis zu
blinder Wut. Sinnloser Ehrgeiz vermehrte das Verlangen, diesem Ort zu
entkommen.(...) Dazu kam noch der Wind, der pausenlos die Nerven
reizte. Es gab Selbstmordwellen und viele Fälle von Raserei, die mit
Mord endeten. (S.12)
Ganz im Gegensatz dazu die Darstellung von Elzéard Bouffier, der Mann
der ihn aufnahm und mit Wasser versorgte. Dieser Mann war mehr als ein
Schäfer, denn er pflanzte täglich hundert Eicheln und andere Baumsamen
in den verkarsteten Boden, denn
er hatte erkannt, dass das Land ohne Bäume sterben würde und beschloss,
dem abzuhelfen.(...) So Gott ihm das Leben gönnte, würde er in dreißig
Jahren so viel gepflanzt haben, dass diese zehntausend (bisher
gepflanzten Bäume; M.G.) sich dagegen wie ein Tropfen im Meer ausnehmen
würden. (S.15)
Diese Arbeit verrichtete Bouffier bis ins Jahr 1947, als er mit 89
Jahren friedlich starb. Der französische Autor besuchte ihn in
regelmäßigen Abständen und konnte seine Arbeit Stück für Stück
mitverfolgen. Seinen Charakter und sein Werk beschreibt Giono so:
Damit uns ein Mensch das Bild seiner besonderen Eigenschaften enthüllt,
bedarf es der glücklichen Fügung, sein Wirken lange Jahre miterlebend
begleiten zu dürfen. Wenn dieses Wirken frei ist von Egoismus, und wenn
der Impuls, der sein Handeln leitet, ungewöhnlich großherzig ist, wenn
auch nicht nach Belohnung und Anerkennung geheischt wird und dieses
Wirken darüber hinaus Zeichen in der Welt hinterlassen hat, dann
begegnet man zweifellos einem unvergesslichen Menschen. ( S. 1 )
(...) Das Werk bewirkte eine ganze Reihe von Veränderungen. Aber darum
kümmerte er sich nicht; Hartnäckig verfolgte er weiter seine Aufgabe.
Als ich zum Dorf hinabstieg, sah ich Wasser in Bachläufen fließen, die
seit Menschengedenken trocken gewesen waren. (...) Noch nie war es mir
geschenkt, derartige Folgen von Arbeit zu erleben. ( S. 17 )
Auf die Frage wo die Wälder zu finden seien antwortete kurz vor seinem Tod Jean Giono:
Selbst wenn sie nach Vergons gehen, werden sie nichts sehen: seit jener Zeit ist alles verändert und über den Haufen geworfen worden, um Silos für Atomraketen, Schießplätze und mehrere Ölreservoirs anzulegen. Unversehrt blieben nur wenige Buchen und Erlen. Sie werden nicht einmal die Spur eines Andenkens an Elzéard Bouffier finden. Seien sie zufrieden mit dem Text und dem Geist der Sache. Er hat sein Genügen in sich. ( S. 42, Gretl Stritzel, Wackersberg 1995, In: vorliegendem Buch )
Verlag: Sanssouci
ISBN 3-725-41132-8
Preis: Euro 17.90