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Hans Scherb, Jg. 1934 


 

 

Schulverhältnisse bei Kriegsende

Man schrieb das Jahr 1943 .

Ulm erlebte die ersten massiven Bombenangriffe. Sie galten zunächst dem Ulmer Güterbahnhof, in dessen Nachbarschaft unsere Schule lag. Es handelte sich um die später völlig zerstörte Blauringschule am Hindenburgring.
Fast täglich mußten wir von der Schule aus in den Luftschutzbunker bzw. - bei rechtzeitiger Warnung -nach Hause rennen. Im Winter 1943 auf 1944 wurde die Schule schließlich geschlossen und wir mußten nur noch einmal wöchentlich - später vierzehntägig - erscheinen. Die Schule war nicht geheizt. Wir saßen in Mänteln da, sofern man welche hatte, und haben die Schulaufgaben mit nach Hause genommen.
Die Lehrerschaft war durch Kriegseinsatz stark geschrumpft und bestand praktisch aus Lehrerinnen und reaktivierten Pensionären. Ein Unterricht im eigentlichen Sinne fand nicht mehr statt.
So viel zur Situation in Ulm.

 

Im Frühjahr 1944 wurden wir evakuiert und landeten in einem Dorf im Landkreis Biberach. Als Viertklässler wurde ich in die vierklassige Volksschule gesteckt und durfte mich als "Großer" fühlen. Das änderte sich nach den großen Ferien. Mit Versetzung in die sogenannte Oberklasse (Klassen 5 bis 8) waren wir dort die Kleinen.
Ich hatte inzwischen die Aufnahmeprüfung in die Oberschule im nahen Städtchen bestanden. Aufgenommen wurde ich dennoch nicht, weil meine Mutter - wohl versehentlich - geäußert hatte, daß wir wieder nach Ulm zurückkehren wollten. Man bedeutete uns, daß in der französischen Besatzungszone die erste Fremdsprache natürlich Französisch sei, während in Ulm zuerst Englisch gelehrt werde. Es blieb mir nichts anderes übrig, als bis zu unserer Heimkehr im Februar 1946 die Volksschule zu besuchen. Mitten im Schuljahr hatte ich wegen der fehlenden Englischkenntnisse keine Chance, in die Oberschule zu wechseln. Die weitere Station war also die fünfte Klasse Volksschule in der Ulmer Wilhelmsburg.
Nach einer weiteren Aufnahmeprüfung landete ich im Herbst in der Knabenmittelschule im Fort Unterer Kuhberg. Dort fühlte ich mich sehr wohl, obgleich der Weg vom Lehrer Tal sich über eine Stunde hinzog, den man - im Sommer meist barfuß -zurücklegen mußte. An diesen Sommer 1947 erinnere ich mich deshalb so gut, weil die Sommerzeit damals und einmalig, sich von der Normalzeit um zwei Stunden unterschied. Das bedeutete im praktischen Schülerleben: Wecken ca. 4.3o Uhr, Start 5 Uhr, Unterrichtsbeginn 6 Uhr. Wir waren froh, als der Sommer um war!
Trotz der katastrophalen Wegverhältnisse gedieh ich prächtig. Die Zeugnisse sprachen für sich (selbst Schuld) und ich siedelte - auf Wunsch der Eltern und Lehrer - wieder mitten im zweiten Schuljahr nahtlos in die Kepler Oberschule über. Ich selber war nicht begeistert, ließ mich aber wegen des nur halb so langen Schulwegs überzeugen.
Während die räumlichen Verhältnisse bis dahin ordentlich bis noch erträglich waren, stellten sie sich in der Innenstadt als sehr schlecht dar. Der Hauptkomplex der Kepler Schule am Charlottenplatz bestand aus drei Holzbaracken, die im Sommer sehr heiß, im Winter saukalt waren. Diese Baracken reichten natürlich nicht aus, um neun Jahrgänge aufzunehmen. Deshalb wurden weitere Räume, meist in Gastwirtschaften, angemietet. Ich erinnere mich noch an die "Stadt Sedan", an den "Löwengarten" aber auch an verschiedene Räume im "Annastift" (heute Altersheim) am Charlottenplatz. Wir waren jedenfalls dauernd unterwegs und verkürzten manche Unterrichtsstunde durch nicht übermäßige Eile.

Die Kepler Oberschule - von den Schülern liebevoll "KOS" genannt - war meine letzte, die fünfte, Schulstation - als Schüler. Denn später stand ich nebenberuflich auf der anderen Seite des Pultes an der Fachschule der Finanzverwaltung.

 

Hans Scherb