Zurück zur Zeitzeugen Homepage

Alt und Jung begegnen sich im Internet

Seniorstudierende der Universität Ulm und SchülerInnen des Droste-Hülshoff-Gymnasiums in Freiburg beteiligen sich an dem virtuellen Projekt "Kommunikation zwischen Jung und Alt - über früher und heute"

Beginn: Mai 1999

Berichtszeitraum: Mai bis Juli 1999

Durch das im April 1999 vom ZAWiW der Universität Ulm und der Landeszentrale für Politische Bildung zusammen gestaltete Seminar "Haben die Alten noch etwas zu sagen" entstand ein Kontakt der Gruppe "Zeitzeugenarbeit" des ZAWiW  zu Frau Christine Ehrlenspiel, Lehrerin, und deren SchülerInnen im Rahmen des Ethikkurs der 10. Klassen am Droste-Hülshoff-Gymnasium in Freiburg . Von den jungen Leuten wussten die Ulmer SeniorInnen zunächst nur, daß sie im Unterricht das Thema "Vorurteile Alt/Jung" behandelten und dass sie sich Kontakt zu älteren Menschen wünschten, die sie über ihre Erfahrungen früher und ihre Einstellung heute befragen könnten. Der Arbeitskreis "Zeitzeugenarbeit" des ZAWiWs forderte die Jugendlichen auf, ihnen doch per elektronische Post, die sie im Unterricht nutzten konnten, Fragen zu schicken und darüber in einen Austausch zu kommen. Als dann Fragen von sieben verschiedenen Untergruppen des Ethikkurses  zu verschiedenen Themenbereichen in Ulm eintrafen, suchten die Mitglieder des Arbeitskreises "Zeitzeugenarbeit", die sich am Projekt beteiligen wollten, Unterstützung von Mitgliedern des Arbeitskreises "SeniorInnen und Internet". Die Älteren beantworteten per elektronische Post ganz ungezwungen auf Fragen der SchülerInnen zu ihren Erfahrungen und ihrem Lebensgefühl in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, zu ihrer Einstellung zum Kosovo-Krieg, zur Genmanipulation, zum Umgang mit ausländischen MitbürgerInnen,  aber auch zum Verhältnis von Jungen und Mädchen früher oder was sie über das Verhalten von Jugendlichen heute denken. Sie stellten an die jungen Menschen auch Fragen, die diese auf gleichem Wege beantworteten. Darüber hinaus  ergab sich in einzelnen Fällen eine persönliche Korrespondenz.

Die Klärung der Umgangsformen  war den Jugendlichen beim Einstieg in die Kommunikation sehr wichtig."Können wir Sie mit Du ansprechen?" war eine zentrale Frage  in der ersten Runde. Die Tatsache, dass einige Ältere spontan schrieben, dass die übliche Anredeform im  Internet, Vorname und du, auch für sie gelten könne, hat den Jugendlichen offensichtlich die Kontaktaufnahme erleichtert und ermöglichte sehr schnell einen unkomplizierten, freundschaftlichen Umgangston. Die Probleme in der Kommunikation waren vor allem technischer Natur. Die SchülerInnen hatten zu diesem Zeitpunkt nur während des Ethikunterrichts Gelegenheit, die Briefe zu lesen und zu beantworten. Da in diesen Stunden aber auch Inhalte des Lernplans weiterverarbeitet werden mussten, gab es für die SchülerInnen wenig Gelegenheit zu ausführlichen Antworten, aus diesem Grund und aus Neugierde beiderseits verabredeten sich beide Gruppen, sich während der Senior-Info-Mobil- Aktion des ZAWiW im Juli 1999 in Freiburg zu treffen. Der Empfang der sieben SeniorInnen, die sich zu dem Besuch aufmachten, durch die SchülerInnen des Ethikkurses des Droste-Hülshoff-Gymnasiums war ausgesprochen nett. Die SchülerInnen bewirteten die Gäste mit Kaffee und Kuchen und in altersgemischten Tischrunden wurde nach anfänglicher Schüchternheit bald sehr lebhaft diskutiert. Themen waren Berufswünsche und Berufseinstiegsmöglichkeiten früher und heute, das Bild der Jungen und der Alten voneinander, Konflikte zwischen den Generationen, usw.

Das Interesse der SchülerInnen an Fortführung der Gespräche zwischen Jung und Alt wurde am Ende dieses Treffens sehr deutlich. Im Rahmen einer Schul-AG (Arbeitsgemeinschaft) möchten sie diese Gespräche im neuenSchuljahr virtuell fortsetzen, da dieser Unterrichtsrahmen eher erlaubt, die begonnene  Kommunikation in Gruppen und individuell zu spezifischen Interessenspunkten fortzuführen. Die SchülerInnen äußerten das Bedürfnis, schneller an die Antworten der Älteren zu kommen, als dies im normalen Unterricht möglich ist. Daher wurde vereinbart, dass neben dem bereits erprobten Austausch über elektronische Post in der Folgezeit auch Bilder ausgetauscht und Diskussionsforen eingerichtet werden sollen, und dass die Form der Videokonferenz erprobt werden soll. Neben der thematisch freien Korrespondenz innerhalb der Arbeitsgruppe soll der virtuelle Austausch auch weiterhin in den Ethikunterricht der 11. Klase integriert bleiben zu jeweils bestimmten Themenschwerpunkten. Außerdem soll mit einer Klasse der Austausch aufgrund einer gemeinsamen Buchlektüre erprobt werden.

Der Vorschlag einiger SchülerInnen, in Zukunft gemeinsam zu chatten, wurde in Freiburg spontan  gemeinsam am nächsten Tag in den Räumen des Heinrich-Hansjakob-Hauses ausprobiert. Sechs SchülerInnen  und fünf Ältere trafen sich, um diese unmittelbare Kommunikationsmöglichkeit via Internet zu erproben. Doch wurden die Grenzen eines inhaltlichen Austauschs durch Chatten sehr bald deutlich, es erwies sich als schwierig, auf verschiedene Beiträge gleichzeitig einzugehen und erforderte eine hohe Konzentration der Beteiligten, die auf längere Zeit bei so vielen Schreibbeiträgen gar nicht durchzuhalten war.

Die Schulleitung des Droste-Hülshoff-Gymnasiums begrüßt und unterstützt diese neue und ergänzende Form des außerunterrichtlichen schulischen Engagements und sieht sich durch die Initiative der Landesregierung "Schule ans Netz" darin bestätigt.

Mit dem E-mail-Austausch als einer im schulischen Raum bisher wenig erprobten Form der intergenerativen Kommunikation erfahren die SchülerInnen  die Älteren zugleich nahe wie distanziert. Fragen, die sie im Familienkreis ihren Großeltern nicht stellen können oder wollen, können sie nun stellen und sie werden ihnen beantwortet. Die Jugendlichen erleben dadurch, wie viel und zugleich wie wenig sich die Probleme Jugendlicher verschiedener Epochen unterscheiden. Dies ist dem beidseitigen Verständnis dienlich und womöglich auch dem solidarischen Einfühlungsvermögen - gegenseitig!

Eine weitere pädagogische Aufgabe erfüllt sich innerhalb dieses Internet-Projekts: die gemeinsame Auseinandersetzung von Jung und Alt, auch der Lehrerinnen und Lehrer, mit dem sinnvollen Einsatz des Computers. Als vergleichsweise neues, weltweit bekanntes und benutztes Medium ist er im internationalen Kommunikationssystem nicht mehr wegzudenken. Da jedoch sein Einfluss und seine Gefährlichkeit nicht zu unterschätzen sind, ist die Anleitung der Jugendlichen zu seinem angemessenen Gebrauch von einiger Wichtigkeit.

Die Erwartungen an das Gelingen dieses Versuchs, per elektronischer Post Kontakte zwischen den Generationen aufzubauen und zu pflegen, sind hoch, aber erfüllbar.

Carmen Stadelhofer


Projektzwischenbericht, Zeitraum September- Januar 1999

von Christine Ehrlenspiel, Droste-Hülshoff-Gymnasium Freiburg

17.01.2000

 Seit Beginn des Schuljahres 1999/2000 leite ich für die Jahrgangsstufe 11 jeden Montag eine Arbeitsgemeinschaft "Ethik im Internet - Jung fragt Alt - Alt fragt Jung", in welcher via e-mail zwischen den SchülerInnen und den Seniorenstudierenden des Zentrums für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWIW) der Universität Ulm ein Austausch stattfindet über Themen, die beide Gruppen als Gruppenthema oder Partnerthema festlegen.

Zweck dieser Arbeitsgemeinschaft, die sich aus einem Unterrichtsthema im Fach Ethik der Klassenstufe 10 im vorangegangenen Schuljahr entwickelt hat - näheres dazu ist in einem Konvolut von inzwischen 8 (!) Heften gesammelt - ist einerseits das Einüben und der sinnvolle und kritische Gebrauch des Mediums Internet, andererseits der intergenerative persönliche und direkte Gedankenaustausch zum Abbau von gegenseitigen Vorurteilen.

Da diese Form des intergenerativen Austauschs bisher einmalig ist, kann die Arbeitsgemeinschaft als ein Pilot-Projekt gelten, das auch auf Landesebene, eventuell auf Bundesebene vorgestellt werden soll. Gespräche diesbezüglich laufen bereits.


Arbeitsplan

von Christine Ehrlenspiel, Droste-Hülshoff-Gymnasium , Freiburg

17.01.2000

Ziele der Arbeitsgemeinschaft

2. allgemeines Vorgehen

a) Bilden von Tandems, die sich für die Diskussion eines von ihnen gewählten Themas entscheiden

b) Vorstellen des Themas und erste Gedanken zum Thema

c) ungefähre Festlegung des Diskussionszeitraums

d) Zwischenzeitliche schriftliche Ergebnissicherung , die

e) schriftliches Zusammenfassen der End-Diskussion (sowohl mit dem Zawiw-Tandem wie mit der AG-Runde) für die Archivmappe

f) Ausdrucken

3. Verteilung der Zuständigkeiten (an Besitzer von privaten Internet-Anschlüssen)

4. Das Procedere während der AG-Stunden: