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Elfi Böller, Jg. 1925 |
Mein Schulort war auf der Schwäbischen Alb, 9 km von der Bahnstation entfernt ohne
sonstige
Verkehrsverbindung. Dieser Fußmarsch im Winter, mit Gepäck und allein forderte alle
meine Kräfte.
Mein Schulleiter, ein getreuer Parteianhänger glaubte noch immer an den Endsieg.
Ich hatte jetzt große Angst und konnte mit niemand darüber sprechen. Feindliche
Bomberverbände brausten
täglich über uns hinweg und eine Stadt nach der anderen wurde zerstört.
Was sollte ich tun um hier wegzukommen? Wo standen inzwischen die feindlichen Truppen?
Das fragte ich mich jeden Tag.
Feindsender anhören, das war meine Antwort. Aber in meinem Zimmer befand sich kein Radio.
Ich spürte, daß
die Frau meines Schulleiters auch so dachte wie ich. Schüchtern und leise fragte ich sie,
ob ich mit ihr etwas
über die Kriegslage hören könnte. Sie war gleich dabei. Ganz geheim mußte das sein,
die Gefahr verraten zu
werden, war groß.
Nachricht: 40 km entfernt sind marokkanische Truppen im Vormarsch.
Meine Reaktion: Koffer gepackt am anderen Morge. mit einem alten Fahrrad trotz Widerstand
und
Drohungen des Schulleiters auf und davon.
50 km bis Ulm lagen vor mir, heute eine lächerlich kurze Strecke, aber damals ein
lebensgefährliches
Vorhaben, denn Tiefflieger beschossen alles was sich bewegte.
Nach großen Strapazen und Gefahren erreichte ich endlich meine Heimatstadt.
Mein Herz schlug bis zum Halse, als ich um die Ecke bog und voller Erleichterung mein
Elternhaus unversehrt
vorfand.
Eine Woche später besetzten amerikanische Truppen Ulm und Neu-Ulm. Als ich die riesengroßen Panzer sah und die amerikanischen Laute hörte, kam wieder die große Angst. Werden Sie mich jetzt umbringen, wie uns immer wieder eingetrichtert wurde? Wird das Leben in unserem zerstörten Land überhaupt noch weitergehen?
Elfi Böller, Mai 1998 , Boeller@aol.com , zeitzeugen@lists.uni-ulm.de