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Heinz Görlich, Jg. 1932 


Die Familie Görlich. Heinz Görlich, 2.v.r, als 16 jähriger.

Tagebuchaufzeichnung

Aus meinem Tagebuch von 1949

11.1. ... gestern haben wir ein drei Zentnerschwein für uns schwarz schlachten lassen (das Heft hier darf jetzt bloß kein Kriminaler in die Finger kriegen). Es wird uns sehr viel helfen, das Versäumte nachzuholen. ... Heute hielt der Direks erst fast eine halbe Stunde lang eine Rede in der dunklen, kalten, notdürftig hergerichteten Aula, noch ohne Decke...

13.1. Eben las ich in der Zeitung von Gebietsabtretungen an Holland und Belgien. ... Woher nehmen sie die Berechtigung ... Wie sollen wir uns bei solchen Zuständen mit unseren Nachbarn befreunden ... Z. Zt. werden beim Bochumer Verein (Stahlwerk) Sachen demontiert, die zur Friedensproduktion (also bis 1939) dienten und dienen. Man will die modernsten Elektroöfen der Welt demontieren (ohne sie wieder aufzubauen). Dafür sollen wir ein fünf Kilometer entferntes Werk wiederaufbauen für ein paar Millionen Mark. Bis der flüssige Stahl ins Werk gebracht wird (5 km Entfernung!) erkaltet er und es kann also nichts gegossen werden !!!!!!!! Ist das Schikane oder nicht? Warum heucheln die Engländer ihre schlechten Absichten? Dürfen sie sich noch als Christen bezeichnen? In den letzten Tagen wurden auf der Bergstraße junge Bäumchen gepflanzt. Werden sie (wenn es so weitergeht) einem neuen Krieg zum Opfer fallen oder werde ich in späteren Jahren einmal sagen können, diese Bäume wurden gepflanzt, als ich in die Untersekunda ging? Hoffentlich geschieht das letztere!

14.1. Wir sollen jetzt endlich ein engl. Übungsbuch mit Grammatik kriegen.!

18.1. Ich bin bloß gespannt, wann ich mein Fahrrad in Ordnung kriege! ...

5.2. Papa fährt heute nach Reit im Winkel, um sich zum ersten Mal seit 1943 wieder zu erholen.

10.2. ... unsere Baustelle am Bochumer Verein soll aufgelöst werden ...

zwei Leute (= Schweißer) müssen bestimmt, die anderen beiden vielleicht aufhören. Die Wirtschaftskrise nimmt ihren Anfang. Gestern stellte eine große Bochumer Firma ihre Zahlungen ein.

12.2. Ich kriegte gestern endlich das Franz Buch, aus dem wir durchnehmen. Es ist doch traurig, daß wir vier Jahre nach dem Krieg noch immer kein Lehrbuch in Franz, Geschichte, Erdk. Englisch haben, das wir alle besitzen und nicht nur der Lehrer und einige Schüler.

22.1. Gestern kam Vati wieder ... uns dreien brachte er je eine Tafel Schokolade mit.

23.1. Heute bekamen wir eine Spritze um nochmal festzustellen, wer Tb hat,...

3.2. ... seit Samstag schwer Karneval. Im Radio konnte man hören, daß ... das Kölner Pfandhaus 200.000 DM Umsatz hatte. Das sagt alles.

18.3. Gestern Abend war im Klub (Weltjug. Freundsch.liga) ein Vortrag über die deutsch-franz. Frage (positiv!) von ... Es war ganz ordentlich.

31.3. ... heute der letzte Schultag (Schulgeld für 6 Tage!).

8.4. Die Teile fürs Fahrrad sind jetzt zusammen. Bis Samstag werde ich’s wohl zum Fahren gebracht haben.

9.6. Gestern Abend fuhr ich ... zum 1. Mal richtig Auto: Fahrkursus bei Papa. Es war prima.

14.6. Ich habe eine tadellose Lederhose (70,-) gekriegt.

4.7. Ich hatte richtig Wut auf die Alliierten, denn die Steuern sind ja fast ebenso schlimm wie die Demontagen; sie verhindern jede Kapitalbildung: auf 200.000 Mark Einkommen eines Betriebes (v. Eugen) 183.000 Mark Steuern! Das ist ja kompletter Wahnsinn.

Kursiv = Erläuterungen zum besseren Verständnis, sonst alles Orginal-Tagebuch


Heinz Görlich, Dezember 1998