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 Stefan Schwob, Jg. 1930 

Mein erster Kontakt mit einem Ausländer

Unweit der Mündung wo die Drau in die Donau fließt, bin ich in Ost-Slawonien im ehemaligen Jugoslawien geboren. Deutsch und Serbo-Kroatisch habe ich in der Schule gelernt und bin zweisprachig aufgewachsen. Deshalb betrachte ich die Serben und Kroaten nicht als Ausländer, ich habe ja mit ihnen gelebt. Gegen Ende des 2. Weltkriegs und auch kurz danach, lebte ich mit meinen Eltern und Geschwistern sieben Monate auf einem einzelnen Bauernhof in der Steiermark.

Auf diesem Hof hatten auch zehn französische Kriegsgefangene ihr Quartier, neun von ihnen waren auf die umliegenden Bauernhöfe zur Arbeit eingeteilt, wo sie auch verpflegt wurden. Am Abend kamen sie dann wieder in ihre Sammelunterkunft zurück.

Fliehen wollten sie nicht, das wäre ja eine Flucht in den Krieg gewesen.

Auf dem Hof wo wir wohnten arbeitete Charles, wir Kinder nannten ihn Karl. Er erzählte uns von Frankreich und dem Krieg und wie er hierher kam. Ich hörte ihm interessiert zu, den Frankreich war für mich weit entfernt und ein fremdes Land.

Die Gefangenen wurden nicht bewacht und auch nicht kontrolliert. Jeder Sonntag war für sie ein besonderer Tag, da zogen sie ihre Uniformen, obwohl sie sich nicht vom Hof entfernen durften.

Mit viel Geduld, Disziplin und Arbeit haben sie so den 2. Weltkrieg unbeschadet überstanden.


Stefan Schwob, Oktober 1998