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Beatrice Spiegel, Jg. 38

Candies for Brandy

Von München aus waren wir in Bad Aibling/Oberbayern evakuiert.1945 wunderten sich die amerikanischen Besatzer über "bad" Aibling.

Ein Trupp amerikanischer Militärlaster war im Hof des Landguts stationiert, in dem meine Eltern eine Wohnung für uns gefunden hatten. Uns Kindern warnte man vor den "bösen Amis ,unseren Feinden, besonders vor den Schwarzen, die Kinder fressen sollen.

Es gelang jedoch den freundlichen, Kaugummi kauenden Soldaten, die so ganz anders aussahen als unsere Landser, uns mit freundlichen Gesten - einer sprach Deutsch mit starkem amerikanischen Akzent - in ihre Führerkanzel zu locken. Dort wurde uns Kaugummi in dünner Alufolie, mit buntem Papier umwickelt, überreicht. Wir kosteten Kekse, die überraschenderweise nicht süß, sondern salzig schmeckten. Aus braunem Pulver stellten sie Limonade fiir uns her und aus weißem Milch.

Sie fragten nach unseren Eltern und boten ihnen ihre Militärlebensmittel zum Tausch gegen alkoholische Getränke an So machte unsere Mutter aus gelbem Pulver, das wir Kinder gerne mit Zucker aßen, Rührei. Unser Griesbrei aus U.S.- Maisgries war ebenfalls gelb geworden.

Am meisten beeindruckte uns eine militärfarbene Kilodose Pfefferminzkugeln, die ein amerikanischer Soldat meinem Vater gegen eine Flasche französischen Cognac übergab. Diesen "Brandy", wie der Amerikaner ihn nannte, hatte mein Vater 1941 als Besatzer aus Paris mitgebracht, was meine Mutter, so gut sie es mit ihrem Schulenglisch konnte, dolmetschte.

Aus dieser Dose erhielten wir Kinder in den kommenden Jahren zu allen Festen Bonbons zugeteilt, bis man etwa um 1950 die Möglichkeit und das Geld hatte, in Westdeutschland Bonbons zu kaufen.


Dr. Beatrice Spiegel , September 1998,   B.Spiegel@t-online.de