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Wolfgang Weigel |
W.Weigel im Alter von 9 Jahren |
Die erste mir erinnerliche Begegnung mit Ausländern hatte ich im Jahre 1944 mit einem französischen Kriegsgefangenen, der auf dem Bauernhof eines Onkels von mir als Landarbeiter eingesetzt war. Wobei allerdings hinzugesetzt werden muß, daß Marcel nicht von uns Kindern als Fremder angesehen wurde, denn er war ja immer schon da, wohl schon seit dem Jahre 1940 nach seiner Gefangennahme im "Frankreichfeldzug". Er sprach auch Dialekt, wie jeder Einheimische, ob er Schriftdeutsch konnte entzieht sich meiner Kenntnis. Ein letztes Mal habe ich diesen Mann gesehen, als die ehemaligen Kriegsgefangenen nach Kriegsende in der Kreisstadt zusammengezogen wurden, um nach Frankreich zurück transportiert zu werden.
Der erste mir bewußt als Fremder begegnender Mensch war ein Russe, wohl mongolischer Abstammung, der in deutscher Uniform als Angehöriger der sog. "Wlassow-Armee" in den letzten Kriegstagen 1945 mich um "Chleb" (Brot) angebettelt hat. Ein Ansinnen das mich aber nicht verwundert hat, da alle deutschen Soldaten, die in den letzten Kriegstagen durch das Dorf an der Ries gezogen sind, um etwas "Eßbares" nachgefragt haben. Zum einen hat mich an dem beschriebenen Mann das Aussehen verwundert, die "Schlitzaugen" waren mir fremd, zum anderen, daß er kein Wort deutsch sprach. Der andere Fremde, der Franzose, war ja durch die Sprache schon nicht ein Fremder. Als ich ihm dann das Brot brachte bedankte er sich überschwenglich bei mir und verstaute es in seinem Gepäck. Er mußte aber dann weiterziehen der Donau entgegen. Bei der Rückkehr in das Haus meiner Verwandten wurde ich aber ausgeschimpft, mir ist nur noch erinnerlich, daß es wohl darum ging, daß man Angst hatte, daß diese Leute wieder zurückkommen könnten, um die Leute auszurauben.
Vollends kam dann das kindliche Gemüt durcheinander, als die ersten schwarzen US-Soldaten auftauchten und sich so gar nicht als Kinderschrecken dargestellt haben, sondern sich der Kinder annahmen, die um die Unterkünfte der amerikanischen Streitkräfte streiften, um evtl. etwas von den Köstlichkeiten der amerikanischen Truppenverpflegung abzubekommen. Hier waren es hauptsächlich die farbigen Soldaten, die ein Stückchen Schokolade oder eine Orange abgaben.
Dieses in aller Kürze mein Bericht über die ersten erinnerlichen Begegnungen mit Fremden (Ausländern).
Fünfzehn Jahre später konnte ich dann in Gesprächen mit Franzosen und Amerikanern, deren Erinnerungen über die Eroberung von Süddeutschland austauschen, dieses ist aber eine andere Geschichte.
Wolfgang Weigel, Dezember 1998