Lernprojekt
Weltreligionen - selbst gestrickt
von Ellen Salverius-Krökel
Sie schlagen Ihre Zeitung auf und finden dies: Was Sie schon
immer über die Weltreligionen wissen wollten. Unter diesem Titel ist
eine neue, lehrreiche Publikation auf den Markt gekommen … So oder
ähnlich könnte der Anfang einer Vorstellung eines Buches, einer CD
lauten, wenn es sie denn gäbe. Eine dankenswerte Aufgabe wäre das
allemal. Sicherlich gibt es auch das ein oder andre dicke Buch dazu –
aber geben sie uns tatsächlich auch das, was wir zu diesem Thema wissen
wollen? Letztlich müssten wir da wohl eine Menge Bücher lesen und uns
das zusammensammeln, was uns interessiert. Mühselig ist das, wiewohl, es
geht auch anders.
Lernprojekte selber stricken
Dann eben also solch ein Werk, solch ein Lehrbuch oder Lernprojekt
selber stricken, will sagen, selber machen. Das kann, so werden Sie als
LeserIn sagen, lange dauern, und: kann ich das denn überhaupt? Ja, das
geht, auch wenn ein ganz klein wenig (für interessierte LeserInnen auch
etwas mehr) graue Theorie vonnöten ist. Also, nun zu unserem selbst
gemachten Lernprojekt, das auch noch den Segen der Pädagogen hat! Und da
wir ungern allein lernen und auch mit anderen MitstreiterInnen gerne
über unser Thema reden, laden wir solche doch gleich mit ein. Los
geht’s.
Unser Werkzeug: Webquest
Bevor wir das Thema der Weltreligionen aufgreifen, müssen ein paar Worte
zum Webquest gesagt werden. Es ist nicht schwer zu erraten, dass
dieses –quest irgendwas mit Fragen oder Suchen zu tun hat. Ursprünglich
soll es aus der Artusdichtung stammen – die Suche nach dem heiligen
Gral. So alt sind wir hier natürlich nicht, sondern unser Begriff
bezeichnet ein didaktisches Modell, mit der das mittlerweile mehr als
reichhaltige Wissen im Internet in Lernprozesse eingebunden werden kann.
Ausgedacht hat es sich der Amerikaner Bernie Dodge, Professor an der
Universität von San Diego, bereits 1995. Er wollte wissen, wie man das
Internet sinnvoll für Schulen nutzen kann. Er entwarf dazu auch eine
Struktur, die bis heute jedes Webquest nutzen sollte und dennoch eine
Menge Möglichkeiten zur freien Entfaltung bietet.
Was zu tun ist
Ausgangspunkt eines jeden Webquest ist eine Problem- oder
Aufgabenstellung, die anhand von Materialien aus dem Internet gelöst
werden muss. Also nicht einfach mal ein bisschen Googeln ;-) Dennoch
suchen wir natürlich im Internet nach Informationen zu unserem Thema,
wenn auch sehr zielgerichtet durch die besagte Struktur. Diese besteht
aus sechs Punkten, von denen der erste eine Einführung ist, der zweite
die eben genannte Aufgabenstellung, der dritte die Bereitstellung von
Ressourcen. Sodann gibt es eine Prozessbeschreibung, also eine mögliche
Beschreibung des Lern- und Arbeitsprozesses, eine Auswertung und eine
Präsentation.
Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass eigentlich so gut wie jedes
Thema so zu bearbeiten ist. Wirklich wichtig ist die Einhaltung der
Struktur und ein Einlassen darauf, selbst organisiert zu lernen. Lange
Entwicklungszeiten für solch ein Projekt dürfen getrost vergessen
werden.
Motivation ist alles
Alle sind am Thema interessiert – und dann macht irgendwann keiner
mehr mit: Darum - bevor wir unser Lernprojekt angehen, sollten wir
wissen, mit wem wir es in unserer Lerngruppe zu tun haben. Man kann nie
einen einheitlichen Wissenstand voraussetzen, aber wissen sollte man
schon, dass die Anforderungen nicht zu weit auseinander liegen. Lieber
einmal mehr nachfragen. Und dann natürlich klar benennen, welches Ziel
die Gruppe sich setzt. Die Ressourcen sind ebenso wichtig – hier sollte
schon ein bisschen Vorarbeit geleistet worden sein, damit die Lernenden
einen ersten Ausgangspunkt haben. Das können Webseiten, Bilder, Audios,
Literaturlisten, Zeitschriften oder Lexika sein. Neues dazu tun kann man
natürlich auch. Zur Motivation gehört auch, dass man sich beim Lernen
nicht alleine lässt. Wie kann man sich zeitlich organisieren, wie
dokumentiert man seine Ergebnisse, wer hilft mit bei schwierigen
Fragestellungen? Kommunizieren!
Das Thema ist nicht alles
Screenshot eines Webquest-Beispiels
Ob nun in einem langen oder einem kurzen Webquest-Projekt – nur zum
Thema allein lernen wir nicht. Ungeordnetes Wissen wird strukturiert,
Informationsflut bewältigt, Techniken zur Erarbeitung auch umfangreicher
Themen erlernt, Lernprozesse selber organisiert und gestaltet. Arbeiten
in der Gruppe und ein Ergebnis produzieren gehören ebenso dazu. Und ganz
nebenbei wird man auch sattelfest in der Nutzung der neuen
Kommunikationstechnologien. Einige Beispiele kann man im Internet finden
und sich so manche Anregung holen (s.u.).
Eines davon, nun endlich, ist das zu den Weltreligionen. Das Thema
behandelt alle Weltreligionen, außer dem Christentum – man kennt sich
aus, oder? Auch das Judentum kommt hier vielleicht etwas mehr im
Überblick nur vor, wird es doch immer wieder auch im christlichen
Religionsunterricht thematisiert. Aber das ist ganz nach Belieben.
Suchen und Finden
Natürlich kann sich eine jede Lerngruppe auch in Untergruppen
organisieren – die Weltreligionen sind ein weites Feld. Die
grundlegenden Schritte des Suchens und Findens, der Suchwortbildung und
der Einbindung unterschiedlicher Medien sowie erster Ideen zur
Ergebnisgestaltung sind eher technischer Natur. Thematisch kann man sich
für alle Weltreligionen gleiche Parameter vorgeben: Entstehung,
Überlieferung, Gottes- und Menschenbild, heutige Darstellung.
Interessant wäre es also, wenn die Lerngruppe die Weltreligionen unter
sich aufteilt und ihre Ergebnisse den anderen Gruppen zur Verfügung
stellt. Es sollen schließlich Informationen und auch Aufgaben zur
Verfügung gestellt werden, so dass es anderen gelingt, ohne weiter
gehende Recherchen wesentliche Fragestellungen zu lösen. Eine
Besonderheit kann noch dergestalt eingebaut werden, dass sich die
jeweiligen Gruppen zu jeder Weltreligion eine Besonderheit auswählen und
damit dem Lernprojekt ein paar Überraschungseffekte geben.
Besonderheiten, ja bitte
Sicherlich kommt hier auch der Einwand, dass wir alle unsere
Lektionen zum Thema erhalten haben. Wirklich? Ist die eine oder andere
Auffrischung nicht doch ganz wertvoll? Wer dennoch nicht mehr in den
Grundlagen stöbern will und auch nicht den Wunsch nach dem einen oder
anderen Aha-Erlebnis hat bezüglich wunderbarer Internetseiten zu
Altbekanntem, dem kann geholfen werden. Es ergeben sich aus unserem
Thema eine ganze Reihe aktueller oder weniger aktueller Fragestellungen:
Warum hat der Buddhismus im Westen eine solche Konjunktur? Wo treffen
sich Judentum und Christentum? Wo gibt es eigentlich überall den Islam?
Religionsstifter, besondere Kulturformen, uvm. Können zum Unterthema
werden.
Präsentieren!
Natürlich besteht kein Zwang zum Präsentieren. Aber wer möchte nicht die
Frucht seiner (gemeinsamen) Arbeit in ansehnlicher Form anderen und sich
selbst zeigen? Die Form der Präsentation kann jede Arbeitsgruppe für
sich entscheiden oder man stimmt sich im Vorfeld in der ganzen Gruppe
ab. Der Möglichkeiten gibt es viele: eine Webseite (ist wirklich nicht
mehr nur für Cracks) oder auch eine kleine Broschüre, Texte, Karten,
Diagrammen oder gar eine Zeitung. In der heimischen Stadtbibliothek
lässt sich vielleicht auch eine Ausstellung organisieren. Manchmal ruft
ein Thema schon nach einer ganz bestimmten Präsentationsform. Aber wie
gesagt, man muss das nicht machen, man kann solch ein Webquest auch
einfach um des Lernens Willen machen.
Fazit
Sicherlich kann man zu diesem Thema auch anders lernen, aber
es scheint dann doch eine sehr gute Methode zu sein, das Internet
sinnvoll zu nutzen, andere Medien mit einzubeziehen (je nach Geschmack
der Teilnehmenden), einzeln oder in Gruppen zu arbeiten und auf
unterschiedlichen Niveaus, die kommunikativen Fähigkeiten unter Beweis
zu stellen und das auch noch im virtuellen Raum. Letztlich aber ist
allein entscheidend, dass das Ziel des Projektes klar benannt ist. Am
Ende steht dann nicht nur das Ergebnis, die Wissensvermehrung, die
Kompetenzerweiterung, sondern auch endlich der Beweis, dass das Internet
sinnvoll genutzt werden kann.
Links
Zur Methode Webquest gibt es eine ganze Reihe von Informationen im
Internet:
www.webquest.org
www.webquests.de – mit einer Kurzanleitung für Eilige
Von hier aus gibt es auch weitere Informationen
http://www.wild.unizh.ch/lynx/d/ - Beispielseite
Zum Thema gibt es auch ein Buch:
Heinz Moser, Abenteuer Internet. Lernen mit WebQuests, Auer Verlag,
Zürich 2000
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