Ausgabe Nr. 39   Sept. 2007                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung
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Für immer in Bewegung bleiben
Perpetuum Mobile
                                                                    von Anne Pöttgen



 Perpetuum Mobile von Honnecourt; Wikipedia

Was für eine wunderbare Entdeckung im Internet: Die Website „HPs Perpetuum Mobile“. Das In-Bewegung-bleiben schlechthin. Auf der Hauptseite natürlich zunächst die klassischen Definitionen, zum Beispielt aus Meyers Enzyklopädie von 1896 mit dem Fazit: „….so gehört eine Maschine, welche sich ohne Energiezufluss von außen fort und fort bewegt, zu den Unmöglichkeiten.“ Achtzig Jahre später spricht die Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik von Perpetua Mobilia erster und zweiter Art, aber das Fazit ist das Gleiche: „ Das Perpetuum mobile erster Art würde im Widerspruch zum ersten Hauptsatz der Thermodynamik stehen, das zweite zum zweiten Hauptsatz.“ Eine ausführliche Begründung findet sich natürlich auf dieser umfangreichen Website.
Aber zunächst ein Blick in die Geschichte:


Mittelalter
Die Anfänge liegen in diesem Fall nicht bei den alten Griechen, die Idee stammt aus dem Orient aus dem 11. Jahrhundert. Und es war natürlich nur eine Idee, die der indische Mathematiker und Astronom Bhaskara niederschrieb: “Die Maschine dreht sich mit großer Kraft, weil das Quecksilber auf der einen Seite näher an der Achse ist als auf der anderen Seite.“ Praktisch erprobt hat der Gelehrte das nicht. Es ist ein radförmiger Mechanismus, an dem speichenartig angeordnete Behälter mit Flüssigkeitsfüllung, z.B. Quecksilber , angebracht sind.
Der mittelalterliche Baumeister Villard de Honnecourt zeichnete in sein Bauhüttenbuch eine genialische Erfindung: eine ungerade Anzahl schwerer Hämmer, die am Umfang des Rades beweglich angeordnet sind. Vier Hämmer sollten durch ihr Gewicht die restlichen drei Hämmer immer wieder nach oben befördern. Aber nach einiger Zeit hingen rechts und links je drei Hämmer, der siebte hielt alles im Gleichgewicht – das Gegenteil von mobil.


Renaissance
Der Ingenieur und Baumeister Francisco di Georgio erfand die Wassermühle als Perpetuum Mobile. Eine Mühle mit geschlossenem Wasserkreislauf. Überliefert sind einige Zeichnungen.
Natürlich hat auch Leonardo da Vinci sich mit der Idee des Perpetuum Mobile befasst. Es sind Zeichnungen, die sich des Kugellaufs bedienen, erhalten. Andererseits aber auch  Zeichnungen, die die Unmöglichkeit des Perpetuum Mobile beweisen.
Seine Worte: “Oh, Ihr Erforscher der beständigen Bewegung, wie viele eitle Hirngespinste habt Ihr erschaffen bei dieser Suche. Gesellt Euch also lieber zu den Goldmachern.“
Interessante Abbildungen zum Thema auf der Seite Konzepte I und in der „Ausstellung“


Techniken
Perpetua Mobilia müssen nicht unbedingt mechanischer Natur sein, es gibt auch Konzepte magnetischer, hydraulischer oder elektrischer Art.
So hat schon 1269 Pierre de Maricourt ein rotierendes Gerät ersonnen, das sich der Anziehungskraft an der Peripherie angeordneter Magnete bedient. Der Magnetismus war noch nicht erforscht und so erschien die Idee plausibel.
Ein ganz einfaches Perpetuum Mobile besteht aus einem Rohr, das mit zwei Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte gefüllt ist. Die unterschiedliche Dichte sollte die Drehung des Rohres bewirken. Sollte.
Eine entsetzlich komplizierte Maschine erfand Johann Joachim Becher, ein berühmter Erfinder, Physiker und Alchimist im siebzehnten Jahrhundert. Nach vielen Jahre vergeblicher Arbeit meinte er:“ Zehn Jahre bin ich auch mit dieser Narretey umgegangen, viel Zeit, Geld und Reputation darüber verloren, doch darf ich ohne Ruhm zu melden, dass ich sagen kann, dass der Motus perpetuus unmöglich sei.“


Energie aus dem Nichts
Auch rotierende Räder sind nicht zwangsläufig die einzige Form des Perpetuum Mobile. Auf der Seite Konzepte III geht es um Chemie oder Alchimie.
Nach einigen Ausführungen zu Magnetsteinen aus der Antike kommt der Autor zu den „Ewigen Lampen“, ebenfalls ein Thema aus alten Zeiten. Da stellt sich die Frage, wie viel ist Legende und fantasievolle Ausschmückung? Brannten die aufgefundenen Lampen tatsächlich seit ihrer Inbetriebnahme. Berichtet wird von der Öffnung des Grabes der Tullia, einer Tochter Ciceros. Es wurde eine Lampe gefunden, die offenbar oder doch angeblich seit der Beisetzung brannte.
Das einzige, das sich auf immer und ewig fortbewegt, sind die Legenden über die Ewigen Lampen, meint der Autor leicht ironisch dazu.


Wissenschaft
Über Aristoteles, Thomas von Aquin, Simon Stevin, Johannes Kepler, Galileo Galilei, Huygens, Descartes, Newton, Leibniz und andere kommt der Autor unserer Website zum endgültigen Aus für das Perpetuum Mobile, dem Energieerhaltungssatz.
“In einem abgeschlossenen System, in dem sich beliebige mechanische und thermische Vorgänge abspielen, ist die Gesamtenergie konstant.“ Basta.
Und so nehmen Patentämter seit langem keine Anmeldungen mehr entgegen, die ein Perpetuum Mobile zum Gegenstand haben.
Ein interessantes Gedankenexperiment ist auf der Seite Wissenschaft dargestellt: Der Maxwellsche Dämon. Aber auch dieser flinke Dämon verdankt seine Existenz nur einem Denkfehler.


Physik
Unter diesem Menüpunkt finden sich zahlreiche weitere Themen: Schiefe Ebene, Federn, Arabische Räder, rotierende Systeme, Auftrieb, Magnete und so weiter, bei denen man sich zunächst fragt, ob sie etwas mit dem Thema Perpetuum Mobile zu tun haben. Sie haben, denn sie sind die Versatzstücke der Erfinder von Perpetua Mobilia.
Aber auch so nüchterne Menüpunkte wie Gesetze Auftrieb, Magnete, Elektrisches machen uns klar, wie der menschliche Geist in die Irre gehen kann.
Und dann der Punkt der Punkte „Thermodynamik“, die dem Laien, wie der Autor meint, wie schwarze Magie vorkomme,


Faszination Perpetuum  Mobile
- Es kann doch noch nicht alles erfunden sein
- Man muss aus dem Gleis der vorgedachten Denkpfade ausbrechen, um wirklich große Dinge zu erfinden.
- Eine Aufgabe, deren Lösung als unmöglich gilt, ist eine echte Herausforderung.
- Nichts ist unmöglich
Das sind einige der Gründe, die immer wieder Menschen antreiben, das Perpetuum Mobile zu erfinden. Dazu eine Prise technische Naivität, und Papier ist geduldig
Interessant die Ausführungen zum berühmten Wasserfall des Zeichners M.C. Escher. Auch kein Perpetuum Mobile, sondern eine Sinnestäuschung.


Beinahe …..
… hätte es doch geklappt: perpetuierliche Uhren oder Wärmepumpen oder oszillierende chemische Vorgänge erwecken den Anschein der ewigen Bewegung.
Heutige Konstrukteure behaupten nicht mehr, das Perpetuum Mobile erfunden zu haben, sie sprechen von offenen Systemen oder freier Energie. Auf der Unterseite Aktuelles werden einige der Neuerungen vorgestellt.


Fazit
Der Autor der Website Perpetuum Mobile stellt auf vielen Unterseiten auf höchst unterhaltsame Weise die Versuche vor, etwas Unmögliches zu schaffen. Er selbst hält es mit den folgenden drei Prinzipien:
In jeder Sache ist nur soviel Wissenschaft, wie Mathematik in ihr ist - Leonardo da Vinci
Wir schaffen nicht mehr Hypothesen und Annahmen, als unbedingt nötig – William Ockham
Messen, was messbar ist, messbar machen, was nicht messbar ist – Galileo Galilei

Auf weiteren Seiten breitet er kluge Gedanken zur Kryptologie, Mathematik, Informatik, Technikgeschichte und Temporalistik vor uns aus. Wie schrieb ich schon am Anfang des Artikels? Was für eine wunderbare Entdeckung – diese Website.


Links
www.hp-gramatke.de/perpetuum/index.htm
Auf den Seiten zum Perpetuum Mobile gibt es zahlreiche Links zum Thema, ebenso unter Museen
Kurz gefasst:
http://leifi.physik.uni-muenchen.de/web_ph09/geschichte/07perpetuum/perpetuum.htm

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