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Die Freimaurer
                                  von Lore Wagener
Rituale können abstrakte Vorgänge sinnlich erfahrbar machen. Das wissen die Freimaurer seit Langem. Es ist aber umstritten, ob sie ihre geheimnisvollen Riten „erst" seit dem Mittelalter entwickelten oder ob ihre Grundstruktur vielleicht auf babylonische Baumeister zurückgeht.

Geheimnisvolle Maurer

Ein Meister vom Stuhl
Ein Meister vom Stuhl

Das MDR-Fernsehen, das in seiner Sendereihe „Lexi-TV" Themen aus Kultur, Technik und Gesellschaft behandelt und auch jeweils eine Online-Ausgabe seiner Sendungen ins Netz stellt, hat eine Folge den Freimaurern gewidmet (Link unten). Auf den sieben Seiten dieser interessant bebilderten Folge werden Ziele, Symbole und Geschichte der Freimaurer erklärt. Auf der ersten Seite finden wir zwei kleine Videos, die sich mit dem Windows Media Player abspielen lassen. Damit können wir am öffentlichen Teil einer außerordentlichen Sitzung der Loge „Zur Beständigen Freiheit" teilnehmen. Hier erklärt der örtliche „Meister vom Stuhl" die Ziele und einige Rituale der Loge, zum Beispiel das Wahlverfahren. Zur eigentlichen Tempelarbeit müssen aber die Kameras den Raum verlassen. Die Fernsehleute stoßen erst wieder dazu, als die Loge sich zum gemeinsamen Essen setzt. Und nun lernen die Zuschauer noch einige Tischsitten kennen, die an die Bräuche von Burschenschaftern erinnern.

Ideale der Freimaurer
Erhebung eines Gesellen zum Meister um 1790
Erhebung eines Gesellen zum Meister um 1790

Natürlich erklärt der Meister vom Stuhl auch die Idealvorstellungen der Freimaurer. Der Begriff „Tempelarbeit" ist danach nicht religiös oder esoterisch gemeint
. Der Freimaurer ist im Grundsatz deistisch und sieht sich als Mitwirkenden am Bau eines „Tempels der Humanität", wobei seine wichtigste persönliche Aufgabe die Selbsterkenntnis und die Arbeit an sich selbst ist. Sie hat aber das übergeordnete Ziel, seine soziale Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu stärken. Der Freimaurer arbeitet beständig am „rauen Stein", womit er eben seine Persönlichkeit meint. Die ist beim Freimaurerlehrling noch rau, beim Gesellen schon geglättet und beim Meister von vollendeter Form. Ihre Ideale bekräftigen die Logenbrüder zum Abschluss der Tempelarbeit traditionell mit einem Chorgesang von Mozart: "Beim heiligen Eide geloben auch wir, am großen Gebäude zu bauen wie Ihr".

Ursprung der Freimaurerei
Die Spekulationen um mögliche frühere Ursprünge blieben in der Sendung außer Betracht. Erwiesen ist, dass sich die mittelalterlichen Steinbildhauer und Baumeister in den Dombauhütten zu Logen organisierten und sich free masons (Freimaurer) nannten. Sie wählten ihre Mitglieder aus und verpflichteten diese, über Interna zu schweigen. Sie waren die „feinere" Vereinigung gegenüber den anderweitig organisierten roughstone-masons. Zunächst bestanden die Logen nur aus Fachleuten, die das gemeinsame Errichten eines Großbauwerks vereinte. Als aber die Bautätigkeit nachließ, nahmen zuerst die englischen Logen auch Nichtfachleute auf, was ihnen finanziell half sowie den „spekulativen" Maurern Privilegien brachte. Auch als die Logen später nur noch aus „Nicht-Maurern" bestanden, wurden die alten Bräuche beibehalten. Daneben verinnerlichte man das Gedankengut der Aufklärung. Die heutige Organisation formierte sich zuerst 1717 in England mit der Londoner Großloge.

Rituale
An ihrem handwerklich geprägten Brauchtum hielten die Freimaurer eisern fest, sodass daraus verbindliche Rituale wurden. Das unterscheidet sie von Clubs mit ähnlichen ethischen Zielsetzungen - wie Rotary oder Lions - bringt sie aber durch ihr Schweigegebot auch in den Ruf der Geheimbündelei. Dabei hatten ihre Regeln zunächst einen ganz praktischen Ursprung: Im Mittelalter waren bekanntlich Lesen und Schreiben noch nicht weit verbreitet, aber die Steinmetze wanderten häufig zu anderen Baustellen, wo sie sich legitimieren mussten. Dazu benutzten die Logenbrüder einerseits geheim gehaltene Passwörter und sonstige Erkennungszeichen (hatten also auch schon ihre PINs). Andererseits pflegten die Logen bei ihren Zusammenkünften ihre eigentümlichen Rituale, die nur den Insidern geläufig waren.

Das Schweigegebot
Aufnahmeritual, Stich von 1745
Aufnahmeritual, Stich von 1745

Jeder Suchende hat bei seiner Aufnahme in die Loge einen feierlichen Eid zu schwören. Er gelobt unter anderem, das Brauchtum der Freimaurer in Ehren zu halten und vor Nicht-Freimaurern zu schützen, die inneren Angelegenheiten der Loge vertraulich zu behandeln und ebenso die persönlichen Angelegenheiten der Logenbrüder. Durch das sehr umfassende Schweigegebot sind die Logen nach wie vor von einem Geheimnis umgeben. Außenstehende können zwar in jeder Bibliothek und auf vielen Websites über die freimaurerischen Riten nachlesen, nur erleben können sie diese nicht. So ist zum Beispiel die Aufnahme eines „Suchenden" in eine Loge ein mehrstündiges Ritual, in dessen Verlauf auch der feierliche Eid auf den „Großen Baumeister aller Welten" geschworen wird. Dies geschieht im Rahmen der Tempelarbeit, von der „die Betriebsamkeit der Welt ausgeschlossen ist", wie der Logenbruder in dem vorgestellten Video sagt.

Symbole
Zirkel und Winkelmaß
Zirkel und Winkelmaß von Hans-Joachim Naber

Rituale kommen in der Regel nicht ohne Symbolik aus. Auf unserer Website sind einige Symbole der Freimaurer zu sehen. Winkelmaß und Zirkel sind die Wichtigsten. Das Winkelmaß symbolisiert das Gewissen und steht für das rechte Handeln des Freimaurers. Der Zirkel, als Symbol des Kreises, soll die Beziehung zu den Logenbrüdern und die Liebe des Freimaurers zur ganzen Menschheit einschließen. In ähnlicher Weise werden andere Maurerwerkzeuge, wie Zollstab oder Spitzhammer interpretiert. Ein weiteres Symbol ist das in ein Dreieck eingezeichnete "allsehende Auge". Und der erste US-Präsident George Washington ist auf Seite 6 unserer Online-Ausgabe in einem rituellen Maurerschurz zwischen den Säulen und auf den Mosaiksteinen eines fiktiven „Salomonischen Tempels" abgebildet. Nebenbei bemerkt: Da dieser Präsident 1793 die reale Grundsteinlegung für das Capitol in Washington nach freimaurerischem Ritus vollzog, dürfte er dort auch das dargestellte Outfit getragen haben.


Freimaurer in Amerika
George Washington mit Freimaurerschurz
George Washington mit Freimaurerschurz

Da die Freimaurer, wie sie selbst sagen, sehr diskret sind, erfährt man zu Lebzeiten eines Menschen kaum, dass er einer Loge angehört. Im Nachhinein kann man aber feststellen, dass es viele einflussreiche Freimaurer gab. George Washington war nicht der einzige berühmte Amerikaner, auch Benjamin Franklin war Freimaurer, und von den 56 Patrioten, die 1776 die amerikanische Unabhängigkeitserklärung unterschrieben, gehörten erstaunlich viele den Logen an. Das förderte natürlich Spekulationen. Aber auch in den nachfolgenden amerikanischen Politikergenerationen gab es berühmte Freimaurer, zum Beispiel die Präsidenten James Monroe, Theodore Roosevelt und Harry S. Truman.

Berühmte Europäer

Emanuel Schikaneder, Librettist der Zauberflöte
Emanuel Schikaneder, Librettist der Zauberflöte

Schon bald nach der Gründung der Londoner Großloge 1717 und der deutschen Loge d*Hambourg 1737 fand die Freimaurerei unter den geistigen und politischen Eliten in Europa viele Anhänger, denn ihre Ideale entsprachen ja den Leitlinien der Aufklärung. Die MDR-Sendung nennt hier die Monarchen Wilhelm II. und Wilhelm III. von England sowie Friedrich den Großen von Preußen. Es gab später auch berühmte demokratische Politiker, wie Winston Churchill, Benjamin Disraeli oder Gustav Stresemann, die Freimaurer waren. Auch Dichter, Wissenschaftler, Juristen und Musiker fühlten sich von den Logen angezogen, allen voran unser Dichterfürst Goethe, aber auch Lessing, Herder oder Knigge. Der Logenbruder Wolfgang Amadeus Mozart hat der Freimaurerei mit seiner Oper „Die Zauberflöte" ein hinreißendes Denkmal gesetzt. Und der Nicht-Freimaurer Friedrich Schiller schrieb 1785 auf Veranlassung eines Freimaurer-Freundes die bekannte Ode „An die Freude" für die Tafel einer Freimaurerloge in Dresden.

Verfolgung
  und Neubeginn
Die Freimaurer waren auch lokal nicht unbedeutend. Auf der Homepage der Loge meiner Stadt fand ich einen Rückblick, der zeigte, dass in der Gründerzeit viele der hiesigen Industriellen Freimaurer waren. Dies konnte - in Verbindung mit dem Schweigegebot - eine autoritäre Obrigkeit schon misstrauisch machen. Und so berichtet die MDR-Sendung auch, dass die Freimaurer im Laufe der Zeit in verschiedenen Ländern verfolgt und verboten wurden. Die Nazis witterten gar eine „diabolische freimaurerisch-jüdische Verschwörung" und verboten die Logen völlig. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die Logen aber wieder aufgebaut, und jetzt blüht die Tempelarbeit aufs Neue. Heute gibt es etwa 20.500 deutsche Freimaurer. Weltweit wird ihre Zahl auf etwa sechs Millionen geschätzt. Die Logen waren bis vor kurzer Zeit reine Männerbünde. Inzwischen gibt es aber auch eine Großloge „freimaurerisch arbeitender Frauen" in Deutschland.

Linkliste

http://www.lexi-tv.de/lexikon/thema.asp?InhaltID=2646

Die MDR-Sendung:Freimaurer
http://www.sueddeutsche.de/wissen/special/443/161002/3/

Süddeutsche.de. Die Serie Geheimbünde Teil III
http://www.uni-muenster.de/PeaCon/conspic-site/freimaurer.html
Freimaurer; kurzer Überblick

Auf Links zu einzelnen Logen wurde verzichtet. Die lassen sich leicht über Google finden.
Quellenangabe für alle Bilder: Wikipedia gemeinfrei

 

 
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