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Geschichte Dresdens – bis zur Wende
                                von Liane Rohn
Als Sechsjährige hatte ich 1938 den ersten Kontakt zu dieser geschichtsträchtigen Stadt. Auf der Brühlschen Terrasse, an deren Geländer sich  d e r  Daumenabdruck Augusts des Starken befindet, aß ich zum ersten Mal italienisches Eis.

Zerstörung

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1. Frauenkirche 1958

Doch dieses Dresden wurde am 13./14. Februar 1945 ausgelöscht. Über 35000 Menschen verloren durch barbarische Luftangriffe amerikanischer und englischer Bomber ihr Leben. 12 Millionen Kubikmeter Trümmer zerstörten die Oper, den Zwinger, das Taschenbergpalais, und die Kuppel der Frauenkirche stürzte noch am 15. Februar in sich zusammen. Dresden brannte 5 Tage lang.
Bis dahin glaubten die Dresdener, ihre Kunststadt könne vor Flächenbombardements, wie auf andere deutsche Großstädte verübt, verschont bleiben.

Gang durch die Geschichte
Als ich 1955 für einen mehrwöchigen Messeaufenthalt in die noch immer gezeichnete Stadt kam, mietete ich eine kleine Wohnung von einer Urdresdnerin im weniger zerstörten Stadtteil Laubegast. Und das war ein Glücksfall. Sie erzählte mir an manchen Abenden aus der Geschichte ihrer Heimatstadt, aber auch von der hautnah erlebten Zerstörung Dresdens.
Als Nachfahrin eines Bediensteten Augusts des Starken bot sie nicht nur Einblicke in das Leben und Wirken des sächsischen Kurfürsten durch Familienüberlieferungen, sondern unternahm mit mir einen Gang durch die Geschichte Dresdens, die ich mit meinem Wissen und Recherchen an einigen markanten Stellen deutlich machen werde.
Aus dem sorbischen Dorf Drezdany begründet sich der Ort Dresden um 1206. Früh und rasch entstand die "Stadt", die 1260 erstmals urkundlich erwähnt wird.
Im Mittelalter eine Residenz, entwickelte sich Dresden zur protestantischen kurfürstlichen Hauptstadt Sachsens.

Die Herrschaft Augusts des Starken
Unter der Herrschaft Augusts des Starken, Kurfürst von Sachsen, entstand die Barockstadt. Das war er: trickreich zum Katholizismus konvertiert, um König von Polen werden zu können,1670 in Dresden geboren, 1733 in Polen gestorben, bestattet in Krakau, sein Herz jedoch nach Dresden gebracht. Die bedeutenden Bauten in der Zeit von 1711 bis 1755 waren neben dem Zwinger, die Frauenkirche, die Kathedrale, das Japanische Palais und die legendären Anlagen von Pillnitz.
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Überdauerndes der prunkvollen Herrschaftszeit Augusts waren die Sammlungen der Gemäldegalerie, das Grüne Gewölbe und die erste europäische Porzellanmanufaktur, die später nach Meißen umzog. Geprägt war seine Regierungszeit von prächtigen Hoffesten, die Kunstsinn und politische Machansprüche repräsentierten. Der französische Hof war in dieser Hinsicht sein Vorbild.

Der Mensch August
Es ist müßig, jene Qualitäten von Augusts außergewöhnlicher "Manneskraft" zu beschreiben. Egal, ob es 300 oder 150 von ihm gezeugte Kinder waren, ein ausschweifendes Dasein hat er allemal geführt. Nachhaltig gerächt hat er sich an einer seiner Mätressen, Gräfin Kosel, ihm "zur linken Hand getraute Gemahlin", Symbolfigur sächsischer Geschichte. Er hat sie geliebt, wegen politischen Verrats verfolgt, verschleppt und für 49 Jahre auf Burg Stolpen gefangen gehalten.
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2. Burg Stolpen

Nach Augusts Tod stand ihr frei, Stolpen zu verlassen. Sie blieb und starb im Alter von 85 Jahren.

18. Jahrhundert
Dresden wies zu jener Zeit bereits 63000 Einwohner aus. Das Bürgertum nutznießte zunehmend vom Prunk und der Macht des Hofes. Der prächtige Bau der Frauenkirche beispielsweise ist ein Zeugnis auch der Leistungen des Dresdner Bürgertums.
1756/60 besetzten preußische Truppen Dresden.1760 brannte das  Stadtzentrum durch preußischen Beschuss fast völlig nieder. Es dauerte mehr als 60 Jahre, bis die Bevölkerungszahl den Stand vor dem Siebenjährigen Krieg wieder erreichte.
Und Dresden, ehemals wichtigste europäische Residenz, stieg ab in eine politische Provinz. Andererseits sind hervorragende Kulturleistungen zu verzeichnen. Körner, Winckelmann und Schiller lebten eine gewisse Zeit hier. Und durch das Wirken Caspar David Friedrichs 1798 rückte die Stadt ins Zentrum der Frühromantik. Kleist und E.T.A. Hoffmann prägten diese Periode.

19. Jahrhundert

Als 1805 Sachsen von den französischen Armeen besiegt wurde, entstand das Bündnis mit Napoleon, der sich mehrfach in Dresden aufhielt. Napoleons  Sieg von 1813 vor den Toren Dresdens war einer seiner letzten. Nach der napoleonischen Herrschaft entwickelte sich mehr und mehr die Industrialisierung der Stadt, und nicht allein der königliche Hof bestimmte deren Zukunft.
Bereits 1839 entstand die erste Technische Bildungseinrichtung, und die erste Ferneisenbahn Deutschlands zwischen Dresden und Leipzig von 115 km Länge wurde in Betrieb genommen.
Die aus dem Mittelalter stammenden Stadtbefestigungen wurden abgetragen, dieses erlaubte durch gewonnenen Freiraum das Entstehen immer zahlreicherer Stadtteile. Um 1850 wohnten bereits mehr als 100000 Menschen in Dresden.
Das Gesicht Dresdens veränderte sich in den Jahren nach 1850 zunehmend. Elbbrücken, Bahngleise und Bahnhöfe wurden neu gebaut oder erweitert, der Elbhafen errichtet. Das Neue Rathaus und das Opernhaus entstanden.
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3. Die Semperoper

Kulturell und wissenschaftlich herausragende Leistungen prägten nunmehr das geistige Klima der Stadt. Weber, Wagner und Semper lebten und wirkten hier. Am 1849 stattgefundenen Maiaufstand für politische Reformen und einen bürgerlichen Staat, waren die beiden letzteren beteiligt, die "Revolution" scheiterte jedoch.
1871 beherbergte Dresden eine der größten Garnisonen, sodass der Bau umfangreicher Kasernen notwendig wurde. Um 1900 war Dresden mit 500000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des Deutschen Reiches. Das kulturelle Ansehen wurde durch das rasante Wachstum nicht beeinträchtigt. Dresdens Ruf, reizvoll und attraktiv zu sein, blieb stets begründet

20. Jahrhundert
Nach dem 1. Weltkrieg beendete die Novemberrevolution 1918 die Herrschaft von Friedrich August III., Enkel Augusts des Starken, und Sachsen wurde Freistaat.
Bedeutende bauliche und kulturelle Leistungen prägten die 20er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts.
An der Kunstakademie Dresden lehrte der Maler und Grafiker Otto Dix als Professor von 1927 bis 1933, nachdem er hier Meisterschüler war. Oskar Kokoschka, österreichischer Maler, Grafiker und Schriftsteller lehrte ebenfalls als Professor bereits vor ihm in den Jahren 1919 bis 1924. Noch zu DDR-Zeiten hatte ich das Glück, beide Künstler kennen gelernt zu haben.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bedeutete zu beträchtlichen Teilen das Ende progressiven Kulturlebens alter Dresdner Tradition. Politische Gegner wurden unterdrückt und die jüdischen Bürger misshandelt und deportiert. Viktor Klemperer hat deren Schicksale in Tagebüchern festgehalten. Er selbst entkam der Gestapo, verstarb 1960. Seine Grabstätte befindet sich in Dresden-Dolzschen.

Nach 1945

Am 8. Mai 1945 wurde Dresden von der sowjetischen Armee besetzt. Und in dieser, wie in allen zerbombten und zerschossenen Städten Deutschlands beseitigten „Trümmerfrauen" die Schuttberge der Zerstörung. Die gesamte Bevölkerung Dresdens versuchte unter unbeschreiblichen Mühen, die Lebensfunktion der Stadt wiederherzustellen.
Anfang der fünfziger Jahre begann der Wiederaufbau von Wohn- und öffentlichen Gebäuden zunächst im Zentrum Dresdens. Mein Augenschein bestätigte mir neben den Berichten meiner Vermieterin, wie trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten in der DDR, zwar äußerst lückenhaft, der Wiederaufbau der Stadt langsam Gestalt annahm. Einige Außenbezirke, die nicht so stark von den Kriegseinwirkungen heimgesucht waren, schaute ich mir an, so zum Beispiel Laubegast, wo ich ja zu jener Zeit wohnte.
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Gedenkstein Neuberin

Die bekannteste Einwohnerin, "die Neuberin", Caroline Friederike Neuber, 1697 geboren und 1760 verstorben, war die Mutter der deutschen Schauspielgeschichte.

Kurort
Mit der Standseilbahn von 1895 fuhr ich "Zum weißen Hirsch", einem Stadtteil, der bereits vor 1664 erwähnt, als Bad- beziehungsweise Kurort recht früh weltweit bekannt wurde. Das im 19. Jahrhundert gegründete Sanatorium beherbergte um die Jahrhundertwende über 4000 Kurgäste. Es entstand der Kurort Weißer Hirsch - Dresden.
Während der Zeit des Nationalsozialismus gab es im traditionellen Sinne keinen Kurbetrieb mehr. Die zahlreichen jüdischen Gäste waren unerwünscht, deshalb wurden Verbote zur Nutzung von Badeinrichtungen und öffentlichen Parkanlagen erlassen.
Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde das Sanatorium zu Lazaretteinrichtungen umgewandelt, es blieb von Kriegseinwirkungen verschont.

Wohnen und Forschen

Nach 1946 entwickelte sich der Stadtteil Weißer Hirsch zu einem beliebten Wohnort prominenter Persönlichkeiten. Martin Andersen-Nexö, Ludwig Renn und Manfred von Ardenne ließen sich nieder.
Hier entstand die einzige private Forschungsinstitution der DDR. Manfred von Ardenne baute sie 1955 nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion auf, wo er als Physiker unter anderem an der Entwicklung von Kernwaffen gearbeitet hatte.
Als ich Gelegenheit hatte, ihn kennen zu lernen, befasste er sich mit dem Wissens- und Forschungsgebiet der Elektronenstrahltechnologie. Jahrzehnte später wandte er sich der Medizin zu, und zwar der Krebsforschung.
Hier sei ein kleiner literatur-historischer Hinweis gestattet: Baron von Ardennes Großmutter Elisabeth diente Theodor Fontane als Inspiration zur Romanfigur "Effi Briest".

Entwicklung

In Dresden, inzwischen Bezirkshauptstadt, entstanden mehr und mehr wichtige Industriezweige, damit verbunden wirkten Forschungseinrichtungen. 1961 wurde die  Technische Universität gegründet.
1969/70 entstanden in der Prager/Petersburger Straße die so genannten "Wohnmaschinen". Diese Plattenbauten besaßen den "spröden Charme der 70er". Damalige Urbanistiker sprachen von "Internationaler Moderne". 20 Millionen Euro wurden bis 2007 in die Sanierung dieser Wohnanlagen gesteckt!
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4. Prager Straße

Die Dresdener hatten nunmehr die Möglichkeit, innerhalb der DDR und Ostberlin per Flieger zu reisen. Wegen Unrentabilität wurde der Flugverkehr 1984 eingestellt. Lediglich die ost- und südosteuropäischen Flüge hatten Bestand.

Mit einigen Sätzen, die von der bekannten Schriftstellerin Christa Wolf nach der "Wende" stammen, beende ich meinen Streifzug durch Dresden:
Die "friedliche Revolution" hat auch die Sprache befreit. Was bisher so schwer auszusprechen war, geht uns auf einmal frei von den Lippen. Wir staunen, was wir offenbar schon lange dachten, und was wir uns jetzt laut zurufen: Demokratie - jetzt oder nie, und wir meinen wahrhaftig Volksherrschaft.

Links:
Die Burg Stolpen
Tagebücher von Victor Klemperer
Über die Neuberin
Dresden intensiv erleben

Bildquellen-Nachweis
1. Löwe, by-sa, CC
2. Thomas Henkel, by-sa, CC
3. Kolossos und Dschwen, by-sa, CC
4. Inger Sorensen, Das neue Dresden
Lizenz Creative Commons 3,0 (CC)
Sonstige gemeinfrei.

 

 
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