Heranwachsen, Entwickeln, Gedeihen |
von Liane Rohn Wie Ziele, sind auch Werte keinesfalls selbstverständlich, sie gehen erst aus ihrer Wertschätzung hervor. Werte gelten, weil sie gelten - sind Werte an sich, sogenannte Primärtugenden: Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit, gefolgt von den Sekundärtugenden: wie Fleiß, Pünktlichkeit und Freundschaft. „Wertedebatten, wie sie in der heutigen Zeit geführt werden, überfrachtet mit „heilbringenden Erwartungen", sollten die Wahl offenlassen, und die Entscheidung für bestimmte Werte objektiv und unbeeinflusst dem Individuum überlassen. So einvernehmlich bestimmte Werte sind, so abhängig sind sie von ihrer individuellen Wertschätzung." So die Meinung des Philosophen Wilhelm Schmid.(Lebenskunst) Philosophen wie Friedrich Nietzsche, für den der Wertebegriff dazu geeignet war, eine Umwertung aller Werte vorzunehmen, erhob ihn zu einem „Schlüsselbegriff", mit dem umzugehen gelernt werden muss." Wird alles gleichviel wiegen, werden alle Werte gleichviel wert sein, wenn sie sich zu einer Frage der Wahl entwickeln, wurde Michel Foucault gefragt. „Sie sind nicht gleichviel wert, entsprechend der Wahl, die wir treffen" so einfach war Michel Foucaults Antwort. Auswahl Sich einem einzigen Wertebegriff unter Tausenden zuzuwenden, heißt also selektieren. Ich versuche, mich mit der Entwicklung und den Entwicklungsphasen Heranwachsender zu befassen. Werte sind nicht erziehbar. Sie sind, wie schon vorab erwähnt, individuell geprägte Grundsätze, die ein Mensch im Laufe des Lebens bildet. Werterziehung beginnt auch nicht erst im Kindergarten- und Schulalter. Von Geburt an, noch Gefühlen untergeordnet, kommt im Laufe der Entwicklung kognitives Verstehen hinzu, danach folgt die so genannte „Haltung", die Moral genannt wird. Vorbilder Es ist wohlbekannt, und eine Studie des Projektes „Kinder brauchen Werte" (Bundesforum Familie) belegt, dass Kinder bereits im Vorschulalter erstaunlich differenzierte Wertvorstellungen und auch einen Gerechtigkeitssinn entwickeln. Sie unterscheiden klar, was richtig ist und was falsch. Und sie entdecken sehr früh, dass ihre Regeln zu denen Erwachsener unterschiedlich sein können! Kinder nehmen sehr genau wahr, wenn Vater oder Mutter Regeln missachten, die sie für ihre Kinder ganz hoch hängen: beispielsweise: man spricht nicht schlecht über Tante Erna, aber tags darauf selber „über sie herziehen". Darum ist die Auseinandersetzung mit diesem Dilemma, scheinbar unterschiedlicher Regeln über Wertvorstellungen, sehr früh notwendig. Einordnungen Dazu gehört es, Werte zu beschreiben. Wer ist mein Freund? Wie merke ich es? Wozu brauche ich einen Freund? Je jünger die Kinder sind, umso deutlicher findet die Auseinandersetzung durch verschiedene Handlungen statt. Wenn z. B. für Gefühle Worte gefunden werden, lernen Kinder mit unterschiedlichen Werten umzugehen. Das ist der Anfang der kognitiven Phase Heranwachsender. Lernen und Werteerziehung finden also zunächst in der Familie, sozusagen der ersten sozialen Gemeinschaft statt. Das Kind wächst in eine Wertewelt hinein, die von den Eltern vermittelt wird. Toleranz Von J.W. Goethe sei vorab vermerkt: „Das Schicksal jeden Volkes hängt von den Menschen unter 25 Jahren ab". Dieses Urteil über die Bedeutung der Jugend für die Gesellschaft hat bis heute nichts von seiner Wertigkeit verloren. Mit Konflikten zwischen unterschiedlichen Milieus umzugehen heißt, eine tolerante Haltung als starken moralischen Wert zu lernen. Dazu zählt, des anderen Unrecht gelten zu lassen, es nicht zu bekämpfen. Das heißt nicht, sich moralisch indifferent zu verhalten. Denn Toleranz bedeutet weder moralische Gleichgültigkeit noch kognitive Schwäche. Verhaltenswerte innerhalb der Gesellschaft Aus einer Haltung werden Werte - aus Werten werden Normen, aus Normen entstehen Gesetze und Verhaltensregeln, denen sich schließlich alle gesellschaftlichen Milieus anzupassen haben. Werteorientierung zu geben ist nicht nur für Kinder und Heranwachsende wichtig. Erwachsene müssen Heranwachsenden die Räume und Handlungsmöglichkeiten gewähren, um Verantwortungsbewusstsein selbst zu gestalten. Eigenverantwortung als wünschenswerte Tugend zu beschwören, wenn es nichts zu verantworten gibt, hieße lediglich, pflichtbewusst Vorgaben zu erfüllen. Zusammenfassung Pflicht- und Akzeptanzwerte schrumpfen zu den sich ausdehnenden Selbstentfaltungswerten. Die kritische Haltung Heranwachsender gegenüber Althergebrachtem drückt sich aus in Spontaneität, Kreativität und sozialem wie politischem Engagement. Jugendliche bewerten Werte hinsichtlich ihrer Lebensperspektive heute deutlich pragmatischer. Sie stellen sich die Frage, welche Werte für sie nützlich und sinnvoll sind. Eine gute, eine wertvolle Fragestellung. Quellen und Links: Wilhelm Schmid - Philosophie der Lebenskunst Prof. Dr. B. Laux, Uni Regensburg „Eine wertelose Gesellschaft ist wertlos". Shell-Jugendstudie |
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