von Roma Szczocarz
,,Das Schicksal ist keine Frage
des Zufalls; es ist eine Sache der persönlichen Entscheidung. Es ist nicht
etwas, das einen erwartet, sondern etwas, das man selbst erschafft" von William
Jemmings Bryen.
Die
Abschiedsbriefe
Das anspruchsvolle Thema "Werte und Lebenseinstellungen" beginne ich mit einer
Frage: Welche Werte sind mir sehr wichtig in meinem Leben?
Als ich darüber nachgedacht habe, fand ich ein literarisches Feuilleton (13.
Januar 2011 in „DIE ZEIT") von Elisabeth von Thadden über die Werte, die mir
auch bedeutungsvoll sind, wie: Würde, Liebe, Familie, Glaube, Ehrlichkeit und
Patriotismus. Ein Titel des Feuilletons lautete: "Als bliebe ich am Leben", so
schrieb aus dem Gefängnis der Widerstandskämpfer Helmuth James von Moltke an
seine Frau Freya.
Diese private Korrepondenz wurde im Januar 2011 unter dem Titel
"Abschiedsbriefe" veröffentlicht. Sie sind ein Zeugnis der Liebe und des
Glaubens an Gott.
Wer war Helmuth Graf von Moltke?
Helmuth James Graf von Moltke wurde am 11. März 1907 in Kreisau (Krzyżowa)
Niederschlesien geboren. Das offene, liberale Denken der Eltern prägte den
jungen Moltke, und der schlesische Gutsherr studierte Rechts- und
Staatswissenschaften in Breslau, Berlin und Wien. Neben dem Studium widmete er
sich seiner eigentlichen Leidenschaft, der Politik. Nach der Machtübernahme im
Januar 1933 sammelte er auf seinem Gut in Kreisau mutige Menschen aus verschiedenen
Schichten um sich. Dieser Widerstandsgruppe mit unterschiedlichen
weltanschaulichen und politischen Richtungen, unter anderen protestantische und
katholische Theologen, sowie Vertreter der Sozialdemokratie, ging es weniger um
die Beseitigung Hitlers, als vielmehr um die Schaffung einer politischen
Neuordnung für ein Deutschland nach Hitler. Wichtigstes Vorhaben der Mitglieder
des Kreisauer Kreis war die Ausarbeitung von Plänen für die Zukunft
Deutschlands und Europas nach der Überwindung des Nationalsozialismus.
Gedenkstein Gebr. Moltke in Kreisau, gemeinfrei
Freya von Moltke.
„Ich
werde mich immer, immer an Deiner Seite über die Felder gehen sehen" aus den
Abschiedsbriefen.
1931 heiratete Helmuth James von Moltke Freya Deichmann, eine Kölner
Bankierstochter. Seine Frau teilte seine entschiedene
antinationalsozialistische Gesinnung.
Was ihm seine Frau bedeutete und welche moralische, auch seelische
Unterstützung sie ihm war, zeigen uns die einzigartigen Briefe der beiden. Sie
sind für uns bewegende Dokumente einer Liebe, die sie beide gegen die
politischen Machthaber bewahren mussten. Diese Korrespondenz ist ohne
Vergleich, auch dadurch, dass jeder Brief der letzte sein kann. Man schiebt den
Tod weit von sich. Man liest die Briefe. Atemlos. Obwohl das Ende bekannt ist:
die Hinrichtung Moltkes.
Zwei Menschen - eine Gesinnung
Helmuth James und Freya von Moltke schreiben als zwei Christen: alles in Gottes
Namen, in Gottes Hand "solange das, Dein Wille geschehe, dadurch nicht übertönt
wird". Sie schreiben als ein Paar. „Ich verlasse Dich nicht, denn meine Gefühle
und alles, was lieben kann in mir, gehört ja Dir". Sie schreiben zum Ende als
zwei politische Menschen, die sich für die Nachkriegszeit ein ziviles, geistig
erneuertes Deutschland in einem geeinten Europa vorstellten.
Am 23. Januar 1945 wurde Moltke zusammen mit vier Widerstandskämpfern
hingerichtet.
George Kennan, der Moltke
lange Jahre kannte, schrieb im Rückblick: „Moltke war eine so große
moralische Figur und zugleich ein Mann mit so umfassenden Ideen, wie mir im 2.
Weltkrieg auf beiden Seiten der Front kein anderer begegnet ist. Als
politischer Widerstandskämpfer war er zugleich auch ein Märtyrer der Kirche
Jesu Christi."
Kreisau heute.
Serie Aufrechte Demokraten 2007
Der kleine Ort Kreisau gilt als ein Vorbild für toleranten und offenen Umgang
miteinander: Bürger aus Polen und Deutschland leben in einer funktionierenden
Gemeinschaft in gegenseitiger Anerkennung. Hier ist die Freya von
Moltke-Stiftung, Berlin tätig, die im Jahr 2004 gegründet wurde. Sie hat sich
zum Ziel gesetzt, "Brücken zu bauen" durch Unterstützung der „Stiftung Kreisau
für Europäische Verständigung", in der zahlreiche Treffen der Jugendlichen aus
unseren beiden Ländern stattfinden. Der Ort ist heute ein Symbol für
Versöhnung, Erinnerung, Verständigung und Zukunft.
Und wie sagte Freya von Moltke:
„Wenn nicht jeder vom Anderen zu lernen bereit ist, dann bleiben wir, wo wir
waren. Wir müssen gemeinsam lernen!"
Links
Zum 100. Geburtstag in „Der Weg"
Biografie Graf Moltkes
Kreisauer Kreis
Freya von Moltke-Stiftung
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