von Theo Zimmer
Udo Wohnhas -Baggerd:
Familie im Wertewandel
Das soziologische Gebilde „Familie" wird heutzutage zunehmend
umklammert von einer stark individualisierten Gesellschaft,
die ihrerseits durch eine zunehmende Verunsicherung bei
der Bildung von neuen Familien beteiligt ist. Dabei handelt es sich um eine
kontinuierliche Entwicklung, welche die Institution Familie zunehmend
in die Zange nimmt.
Prolog
Durch die angesprochene gesellschaftliche Entwicklung verändern sich alle
Werte,
die bis dahin allgemeine Gültigkeit besaßen. Die gemeinhin festzustellende
Globalisierung verändert unaufhörlich alle Rahmenbedingungen, die bis dahin als verbindlich erschienen. In
seiner vorliegenden Abhandlung „Innerfamilialer Wertewandel im Rahmen
globalisierter Makroprozesse" zeigt der Verfasser eine Zäsur der historisch
überkommenen Entwicklung der Werte auf und stellt einen zukunftsweisenden
nationalstaatlich übergreifenden Lösungsansatz vor.
Einleitung und Aufriss des Problems
Um es vorwegzunehmen, die bis zu Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts
verbindliche Werteskala hat ihre Bedeutung eingebüßt. Früher geheiligte
Tugenden wie beispielsweise Rücksichtnahme, Bescheidenheit oder Sparsamkeit
haben ihren Stellenwert verloren. Die herkömmlichen Ideologien sind verloren
gegangen und haben bei jungen Familien zu Orientierungsunsicherheiten geführt.
In dem aufkommendem Wertevakuum haben sich neue Werte installiert: Selbstvertrauen,
Selbstverwirklichung, Freiheit und Lebensfreude. Das „Ich" steht nunmehr
zentral im Mittelpunkt. Herkömmliche Tugenden wie Mitmenschlichkeit,
soziale Verantwortung und Ehrlichkeit sind auf der Mülldeponie der Gesellschaft
gelandet.
Erkenntnistheoretische Probleme in der Sozialisationsforschung
Das bereits erwähnte Wertevakuum, als Folge des Globalisierungsprozesses, hat
die Menschen stark verunsichert und führt in der Folge als Kollateralschaden zu
rasant zunehmenden psychischen und physischen Veränderungen, die in einer
Entwurzelung der Menschen und in ihre gesellschaftliche Isolierung münden. Wohnhas begibt sich auf einen Exkurs
der Erkenntnisgewinnung, indem er aus
der Literatur verschiedene Modelle der Erkenntnisgewinnung vorstellt, Einleitend
das Modell des kumulativen Faktenwachstums nach Lorenz Schäfer, gefolgt vom Evolutionsmodell des Konventionalismus,
ergänzt durch das Falsifikationsmodell des kritischen Rationalismus. Als Letztes,
das Modell der Wissenschaftsentwicklung von T.
S.Kuhn.
Bei der Suche nach Interdisziplinarität als Metafokus muss festgestellt werden,
dass weder „nach Gegenständen noch nach Merkmalen von Gegenständen" eine
Ordnung im Sinne einer Disziplin entwickelt werden kann. Ein weitere Versuch Ordnungsprinzipien aufzustellen wurde von Jürgen Habermas mit einer sogenannten
Dreiteilung der Wissenschaften unternommen.
Lorenz Krüger bringt das Ganze auf
den Punkt, wenn er meint „Eine vernünftige Einsicht und Praxis in unserer von
uns nicht nur betrachteten, sondern auch gestalteten und verwalteten Welt
werden wir nur aus dem Zusammenwirken aller Disziplinen gewinnen können.
Am Ende des ersten Buchkapitels ist festzuhalten, dass dem Zusammenhang
zwischen der Globalisierung und innerfamilialen Prozessen eine der wesentlichen
Bedingungen bei der Entwicklung eines Rahmenkonzeptes für eine effiziente
Wertedebatte eingeräumt werden muss.
Soziologische Aspekte der Globalisierung
Der von Wohnhas am meisten zitierte
Autor Ulrich Beck versteht die
moderne Soziologie als moderne Wissenschaft von der modernen Gesellschaft.
Daraus ist zu folgern: Modern sein heißt Überlegen sein. Zum Verständnis der Logiken, Dimensionen und Folgen der Globalisierung zeigt z. B.
Wallerstein auf, dass der europäische
Kapitalismus nicht nur ungeheure Reichtümer erzeugt, sondern auch ungeheure
Armut kreiert.
Rosenau meint: „Global denken, lokal
handeln" wird zunehmend Wirklichkeit.
Gilpins Denkansatz zur Globalisierung
steht aller Neuheitsrhetorik skeptisch gegenüber.
David Held weist auf die gefesselte
Souveränität hin.
Beck versteht die ökologische
Globalisierung als unfreiwillige Politisierung.
Eine Autorengruppe in der Tradition der cultural theory um Kevin Robins besteht darauf, dass die Theorie der McDonaldisierung
falsch sei, während sich Roland Robertson
mit Weißwurst Hawaii auseinandersetzt.
Gemeinsam ist bei den verschiedenen Theorieansätzen die Auflösung
gesellschaftlicher Grenzen, die sich bisher in den nationalstaatlichen
Territorien dargestellt haben.
Bedeutungszuwachs der nicht familialen Lebensformen
In diesem vierten Kapitel erläutert Wohnhas,
wie sich die Werte innerhalb der familialen Lebensformen unter der aufkommenden
Globalisierung verändert haben. Zu den Aspekten der Partnerwahl gehört z. B.,
dass Sexualität heute früher als ehedem erfahren wird. So beginnt nach Lenz der Einstieg in die Sexualität
zwischen dem 14. und dem 18.Lebensjahr. Beziehungserfahrungen ersetzen die herkömmliche Partnerwahl.
„Living-apart-together" ist die moderne Lebensform. Die Ehe hat erheblich an Bedeutung verloren.
P. Simm stellte bereits vor zwanzig Jahren fest, dass „... nicht mehr die
Eheschließung Kinder legitimiert, sondern Kinder legitimieren die Ehe".
Nach Franz Xaver Kaufmann hat sich
eine Entkoppelung von Ehe und Elternschaft bereits vollzogen.
Lebensformen und Wohlbefinden
Zum subjektiven Wohlbefinden gehören hauptsächlich vier Faktoren, nämlich
Freiheit, Freude, Zufriedenheit und Glück.
Nach P. Mayring unterscheidet man im
subjektiven Wohlbefinden das aktuelle Wohlbefinden (state) und das habituelle
Wohlbefinden (trait).
Es darf vermutet werden, dass trotz des Werteverlustes der Ehe und trotz der
hohen Scheidungsraten durch die Partnerbeziehung das Wohlbefinden und die
Lebenszufriedenheit des Mannes positiv beeinflusst wird.
Wissensmanagement als soziologische Antwort auf die Globalisierung
Die herkömmliche Industriegesellschaft mit ihren Säulen der Produktion und der
Dienstleistungen verändert sich zunehmend zu einer Wissensgesellschaft.
Betrachten wir die Wissensgesellschaft, so umfasst diese drei hauptsächliche
Faktoren, intellektuelles Kapital, organisationales Wissen und kollektive
Expertisen.
H. Willke führt drei Kulturen des
Lernens an:
Erstarrte Komplexität(Hierarchie): die Spitze des Systems definiert
Lerninhalte.
Unorganisierte Komplexität (Anarchie): jeder definiert Lerninhalte für sich.
Organisierte Komplexität (vernetzte Systeme): Lernen als Prozess in einem
systemischen Kontext.
Als wichtigen Faktor für die Konkurrenzfähigkeit sieht Wohnhas die Entwicklung von Expertisen an.
Aufgrund der Bewertung und der Revision des Wissens kann ein organisationaler
Mehrwert geschaffen werden.
Resümee und Ausblick
Wie oben bereits angedeutet, hat sich die Bereitschaft eine Ehe einzugehen in
einer zunehmend problematischen Partnerwahl verdichtet.
Aus der Analyse der „Soziologischen Aspekte der Globalisierung" geht hervor, dass
einer der Hauptverursacher der aufgezeigten Problematik die Auswirkungen der
Globalisierung sind. Wie die „Erkenntnistheoretischen Probleme in der Sozialisationsforschung"
zeigen, scheint das Evolutionsmodell des Konventionalismus die Methode zu sein,
mit der eine Annäherung an das vorgeschlagene Ziel möglich ist. Als eine Lösungsmöglichkeit für die sozialwissenschaftliche Praxis wird unter
„Wissensmanagement" eine soziologische Antwort auf die Globalisierung
vorgestellt. Alles in allem zeigt das Büchlein mit dem Untertitel „Innerfamilialer
Wertewandel im Rahmen globalisierter Makroprozesse" den
Leserinnen und Lesern, die eine Beziehung - mit oder ohne Trauschein -
anstreben, welche Komplexität die Abläufe im Beziehungsgeflecht herrscht;
Personen, die bereits in einer Beziehung leben lernen die Interdependenzen in Beziehungen als
ein ganzes Gespinst kennen.
Weiterführende Informationen:
ISBN: 978-3-86039-15-3
AJZ-Verlag
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