Magen, Mira: Schließlich, Liebe

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Erna
Beiträge: 878
Registriert: Freitag 1. April 2005, 10:47

Magen, Mira: Schließlich, Liebe

Beitrag von Erna »

Das Buch "Schließlich, Liebe" hatte ich vorgeschlagen, weil es von einer Israelitin geschrieben wurde. Durch die Bücher von Batya Gur, Amos Oz und anderen, bin ich so etwas wie ein Fan dieser Literatur geworden.
Der Titel machte mir ein wenig Bauchweh, vielleicht eine Art Lore-Roman?Meine ersten Eindrücke waren, oh das liest sich aber leicht! Hier brauchst du nicht zwei- oder dreimal den Satz lesen, weil er so lang oder so verschachtelt ist.
Schön finde ich, dass das Thema in einer ganz gewöhnlichen Lebenswelt angesiedelt ist und von Menschen handelt, die ihr Geld durch tägliche Arbeit verdienen müssen.
Daneben die Vielfalt der Protagonisten. Sie haben ihre Wurzeln in den verschiedensten Ländern und sind auch von deren Kultur geprägt. Sie sind alle jüdischen Glaubens und doch sind die Unterschiede innerhalb ihrer Gläubigkeit beinahe größer als zwischen Anhängern unterschiedlicher Religionen.
Wir finden die verschiedenen Arten der Liebe, zwischen Mutter und Kind, Mann und Frau, unter den Kindern.
Bis jetzt bin ich der Ansicht, es lohnt sich, das Buch zu lesen.
Erna
HildegardN
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Registriert: Mittwoch 20. September 2006, 14:13

Schließlich, Liebe

Beitrag von HildegardN »

Sohara lebt in Tel Aviv. Sie ist Krankenschwester. Single - und entschlossen, ein Kind zu bekommen - und sie bekommt es und widmet sich von nun an voll und ganz ihrem Sohn. Als alleinstehende und alleinerziehende Mutter, die berufstätig ist und es auch aus finanziellen Gründen sein muß, hat Sohara, die zumeist mit Sori angesprochen wird, es schwer. Aber sie schafft es.
Wo bleibt denn Zeit für die Liebe, die doch diesem Buch den Titel gab, und der eigentlich und ganz korrekt, "Schließlich, Liebe"lautet. Obwohl ich das Buch inzwischen zuende gelesen habe, habe ich noch nicht herausgefunden, wie ich das Komma verstehen soll.
Die Liebe begleitet den Leser durch das ganze Buch, obwohl es, wie Erna schon schreibt, nicht mit einem Liebesroman zu vergleichen ist. Im Vordergrund steht die Liebe der Mutter Sori zu ihrem Kind. Ist da überhaupt noch Platz für andere in ihrem Herzen, könnte die Frage der Leser oder sogar ihre Befürchtung lauten? Die Sorge scheint unbegründet, denn Michael, der werdende Vater ihres zweiten Kindes, erobert einen Platz in ihrem Leben - und schließlich auch in ihrem Herzen. Ist es dieses "schließlich", das sich im Titel des Buches wiederfindet?
ursel

Ob Mira Magén für mich einen 2. Teil schreiben könnte?

Beitrag von ursel »

Mein Zugang zu einem neuen Buch ist oft mit Vorurteilen gepflastert. Diesmal hatte ich keine große Lese-Lust. Die Probleme einer israelischen Krankenschwester erschienen mir nicht soo prickelnd. Zu diesem Zeitpunkt hängt es vom Talent des Autors ab, ob ich zu einer gegenteiligen Meinung komme, und Magén hat es geschafft. Bei der Lektüre habe ich eine große Zuneigung zu ihrer Art der Schilderung gefasst und damit zu den Haupt- und Randfiguren der Geschichte: zu Personal und Kranken im Krankenhaus, zu den alten Eltern, zu den zahlreichen Kindern, zu Nachbarn und zu den Männern im Leben von Sohara, die glaubt, es reicht, ein Kind zu haben, den Vater braucht man nicht.
Sie hatte nach der Geburt ihres Sohnes Evjatar 6 Jahre lang keine Beziehung zu einem Mann. Als sie die Entwicklung und das Verhalten ihres Sohnes sieht, kommen ihr allerdings Zweifel daran, ob es richtig ist, ihn vaterlos aufwachsen zu lassen. Es gibt ungeheuer liebevoll geschilderte Alltagsepisoden und kleine Beobachtungen, die zum Teil nüchtern und zum Teil mit viel Gefühl beschrieben werden.
Besonders schön sind die humorvollen, feinen, leisen Passagen zur privaten und beruflichen Umgebung, zum Kibbuz, zur Religion, zum Schabbat, zur Mutter, zur vielgebärenden Schwester Odelia oder zum Sohn einer Patientin.
Schließlich, Liebe (ob da ein ! oder ein ? zu setzen ist?) Ich würde gern eine Fortsetzung lesen, um herauszufinden, ob Michael der Mann im Leben von Sohara und Evjatar und seinem bald auf die Welt kommenden Bruder bleibt, was mit Chaggai wird, wo sie leben werden und ob das angedeutete glückliche Ende Bestand hat. Aber da ist es wie im Film. Es hört vorher auf.
Ursel
Erna
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Beitrag von Erna »

Inzwischen habe ich auch das Buch zu Ende gelesen. Dazu auch noch das Interview der drei israelischen Schriftstellerinnen. Danach muss ich sagen, da alle drei davon sprachen, dass sie in ihren Büchern viel Biographie verarbeiten, dass Sori wohl geheiratet und noch Kinder bekommen hätte, wenn das Buch weiter geschrieben worden wäre. Denn Magen selbst war ja auch Krankenschwester, genau wie Sori.
Was ich auch sehr interessant fand, ist, dass Magen, obwohl sie sich aus der konservativen Religionsanschauung gelöst hat, noch immer nicht fähig ist, am Schabbat das Licht anzuzünden. Im Gegensatz zu vielen Christen, die nach Aufgabe ihres Glaubens, oft sehr abfällig über den Glauben sprechen, spricht sie liebevoll davon und zeigt, dass er doch Menschen eine Sicherheit gibt. Siehe Odelia und Nachum.
Erna
Erna
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Beitrag von Erna »

Heute habe ich einen Vortrag über Frauen in Israel gehört und dabei erfahren, dass es in Israel die Regel ist, dass Frauen, die keinen Mann gefunden, der sie interessiert, sich künstlich befruchten lassen. Die Frauen haben einen ganz starken Kinderwunsch. Man sagte, dass er einmal durch die Religion aber auch durch den Holocaust gefördert wird. Es gibt viele Kliniken, die die künstliche Befruchtung durchführen. Als ich es bei Magen las, nahm ich an, dass es eine Besonderheit sei. Erna
ursel

ohne Vater aufwachsen

Beitrag von ursel »

Das erklärt auch für mich Einiges. Denn ich habe mich gefragt, wieso sie das vaterlose Aufwachsen ihres Kindes nicht vorher bedacht hatte, schließlich ist sie als vernünftige, mit beiden Beinen im Leben stehende und trotzdem sehr sensible Frau geschildert. Beim Aufwachsen des Sohnes scheint sie selbst die größten Probleme zu haben, wenn sie seine Sehnsucht nach einem Vater oder nach einer männlichen Bezugsperson spürt.
ursel
Erna
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Beitrag von Erna »

Seid fruchtbar und mehret euch, heißt es in der biblischen Schöpfungsgeschichte. Und Israels Frauen halten sich daran. Mutterschaft, auch vielfache, ist en vogue, ob in religiösen oder in säkularen Milieus. und sei es nur, um ein demographisches Gleichgewicht gegen die gleichfalls politisch unterfütterte Geburtenfreudigkeit der Palästinenser zu schaffen. Für Europäer sind das befremdliche Töne. Sabina Matthay hat sie aufgezeichnet
Vom 18.4.07 in hr2
Erna
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