Zsuzsa Bank: Der Schwimmer

Hier werden alle Bücher einsortiert, deren Diskussion beendet ist.
christaS

Beitrag von christaS »

Nun bin ich auch am Ende des Buches angelangt- und etwas unzufrieden. Ich bin nicht dafür, dass Romane mit "Ende gut- alles gut" enden, aber in diesem Falle wird ja alles offen gelassen. Ich wäre nun auf eine Fortsetzung gespannt. Über politische Gründe, die die Mutter der beiden Kinder bewogen haben ihre Familie zu verlassen, habe ich nachgedacht und kann eigentlich nichts in dieser Richtung finden. Sie wollte einfach weg und nahm ( wie viele) an, im Westen bricht für sie das goldene Zeitalter an- welcher Irrtum. Ohne die Sprache zu können,ohne einen Beruf zuhaben, kann man meiner Meinung nach, solche Hoffnungen begraben. Hat sie überhaupt nachgedacht über ihr zukünftiges Leben? Nun, es wäre wirklich interessant, wie sich das Leben der einzelnen Personen weiter entwickelt.
Ein neues interessantes Leseerlebnis wünscht sich und euch ChristaS
hwest

Präziser Erzählstil

Beitrag von hwest »

Ich schätze, wie die meisten von Euch, das Buch wegen des behutsamen, präzisen Erzählstils. Aus der Sicht eines Kindes schildert Bank in einfacher Sprache fast emotionslos Personen und Ereignisse ohne sie zu deuten und lässt dem Leser damit viel Freiheit, die Geschichte hinter der Geschichte zu finden. Meisterhaft werden die Gefühle der auftretenden Personen in anrührenden Bildern, die Innen- und Außenwelt verschmelzen lassen, geschildert (z.B. als Kata nach dem Verschwinden der Mutter im Garten der Gr0ßmutter stundenlang im Regen sitzt „...ich wünschte, er könnte mich genauso durchweichen, dieser Regen, vielleicht auflösen, und ich, ich könnte mit dem Wasser weggleiten – irgendwohin S. 13)

Ebenso indirekt behandelt die Autorin den politischen Aspekt, den ich für das Verständnis des Buches als sehr wichtig erachte. Der zeitgeschichtlich und politische Hintergrund: Durch das 1948 mit der UDSSR geschlossene Bündnis geriet Ungarn mehr und mehr in wirtschaftliche, politische und kulturelle Abhängigkeit, auch mit der Kirche kommt es zu Konflikten, ein Kardinal wird in einem Schauprozess verurteilt. Im Oktober 1956 kommt es nach Studentenunruhen zu einem Aufstand, der am 13.November von den Sowjets blutig niedergeschlagen wird. Die politischen Führer werden hingerichtet, Hunderttausende fliehen ins Ausland. Einige lernen wir im Roman kennen : Katas Mutter, die an ihrem Arbeitsplatz schikaniert und gesundheitlich strapaziert wird, ihre Freundin Vali, Máté Pal und sein Bruder Arpi, die in sich in einem Lager treffen, in dem die Flüchtlinge daran glauben „bald schon zurückzukehren, wenn alles vorbei ist“, später noch Jenö, Katas Vetter, der schüchterne Klavierspieler.

Andere im Roman auftretende Personen identifizieren sich ganz sicher nicht mit dem herrschenden politischen Regime: die Großmutter Roza, die bei jedem Wetter und Gesundheitszustand Sonntags zur Kirche geht (S.10), die Großmutter Anna, die nicht mehr versteht, warum sie bei Stalins Tod getrauert hat (S.252), der Vater Kálman, der sich schon im Krieg nicht der militärischen Autorität unterordnen wollte (S.57). Sie bleiben trotzdem und erleben eine Zeit der Hoffnungslosigkeit und Stagnation. Diese Stimmung wird, wie ich finde, überzeugend zum Ausdruck gebracht im Bild der scheinbar ziellosen Reise der Familie durch das Land „....dann hatte ich das Gefühl, wir lebten auf einem Kreisel, auf seiner Spitze, dort wo man ihn dreht und loslässt, und wir, wir drehten uns mit ihm, immer auf der einen Stelle, immer unter demselben Himmel“ (S.269/70).

Ich denke, dass ist auch der Grund dafür, dass keine innere Entwicklung bei den Personen, besonders den Kindern geschildert wird, was von einigen von Euch bemängelt wurde. Als auch der sog. Prager Frühling 1958 scheitert, bleibt den Menschen hinter dem „eisernen Vorhang“ nur eins, zu warten: „ich werde warten müssen, bestimmt länger, als ich denke, bestimmt länger, und ich habe gesagt, es macht nichts, es macht gar nichts, ich kann warten, und dann habe ich noch einmal gesagt: Ich kann warten, ja“. (S.285)
Ingeborg, ViLE-Lübeck
ursel

Gedanken zu den letzten Beiträgen

Beitrag von ursel »

Das sollten wir immer so machen: jemand postet den Beitrag eines Anderen. Und ich falle jedes Mal drauf rein. Ein spannendes Erlebnis, letztens bei Erna und jetzt bei Horst. Das beweist aber auch, dass jeder sein ganz eigenes Profil hat.
Ich fand sehr interessant, wie Monika auf die politische Lage eingegangen ist. Im Hinblick darauf wollte ich das Buch noch einmal durchblättern. Aber es ist für ein Querlesen ungeeignet. Das schlenkert man nicht gerade mal so hin. Deshalb bin ich Ingeborg für ihren wunderbaren Beitrag dankbar, so kompetent hätte ich mich gar nicht äußern können. Auch was Monika zum nicht vorhandenen psychotherapeutischen Angebot und zur Gastfreundschaft schreibt, kann ich nachempfinden.
Da wir gerade ein Gewitter hatten, habe ich doch noch mal geblättert. Die politische Lage wird mehrfach angedeutet, ganz sachlich und undramatisch, wenn auch sehr inhaltsschwer. Erstaunlich, daß ich das im Leseverlauf auch ein wenig weggedrückt hatte.
Ursel
hwest

Beitrag weitergeleitet

Beitrag von hwest »

Liebe Ursel,
sicher ist Dir schon aufgefallen, dass wir nach dem Ausscheiden von Birgit einige Zeit keine richtige technische UNterstützung hatten. So war auch die Anmeldung unseres Gruppenmitglieds Ingeborg fehlgeschlagen. Um ihren Beitrag nicht verloren gehen zu lassen, habe ich ihn dann ins Forum gesetzt. Ich hoffe nur, dass ein neuer Anmeldeversuch Ingeborgs nun funktionieren wird. Dann kann sie unter eigenem Namen Beiträge schreiben, so dass Du nicht mehr irritiert wirst.
Besten Gruß, Horst
ursel

das habe ich nicht so gemeint

Beitrag von ursel »

Lieber Horst,
natürlich kann jeder für andere Beitragsschreibende was einstellen. Das ist doch wunderbar. Ich fand es deshalb spannend, weil ich bei Erna völlig verblüfft war und beim Lesen dauernd dachte, sie hatte doch kurz vorher anders argumentiert. Und bei Dir war ich nur erfreut. Mußte dann allerdings meine Bewunderung für den Beitrag von Dir auf Ingeborg lenken.
Ich wollte mit meiner Bemerkung nur darauf hinweisen, daß wir alle bereits unser eigenes Profil im Forum haben. Tut mir wirklich leid, wenn Du da was als kritik aufgefasst hast. Ich weiß sehr gut, daß man mit dem Posten Probleme haben kann und daß Birgit weg ist.
Gruß ursel :o
Gesperrt