Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

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Margret Budde

Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Margret Budde »

Der diesjährige Nobelpreis für Literatur ging an den 74-jährigen peruanischen Schriftsteller Mario Vargas Llosa. Aus diesem Anlass liest der Literaturkreis den Roman „Das Fest des Ziegenbocks“, ein eindringliches Plädoyer gegen Diktatur und Folter.
Brigitte Höfer
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Brigitte Höfer »

Hier ein paar Videos zu Llosa:

http://videos.arte.tv/de/videos/mario_v ... 70720.html
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/ ... rgas-Llosa
http://www.tagesschau.de/kultur/literat ... is120.html

Und zum Buch:
http://www.fbi.fh-koeln.de/institut/pap ... enbock.htm

Ich glaube, wir haben eine gute Wahl getroffen! (Ich habe das Buch geradezu verschlungen.)

Liebe Grüße, Brigitte
HildegardN
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von HildegardN »

Liebe Brigitte,
nein, "verschlungen" habe ich diesen Roman nicht, sonders zu Beginn etwas verzweifelt gefragt, ob ich je Zugang zu der eigentlichen Handlung finden kann. Die vielen fremdländischen Namen und natürlich die zugehörigen Personen, haben mich nahezu verwirrt. Später lernte ich dann einige kennen und teils auch begreifen.
Ich habe das Buch noch nicht ganz zuende gelesen, fand es aber, genau wie Du, zunehmend spannender und werde wohl bald abschließend sagen können: "Es hat sich gelohnt."
Schöne Adventsgrüße aus Bad Homburg
Hildegard
Marlis Beutel
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Marlis Beutel »

Liebe Mitleserinnen,

Ja, die verschiedenen Personen einzeln wahrzunehmen und die fremden Namen nicht zu verwechseln, ist bei einem solchen Buch schon eine anspruchsvolle Arbeit. Verschlingen kann ich das Buch auch nicht. Ich bin viel zu sehr betroffen darüber, was sich Menschen in Diktaturen gegenseitig antun, wie sehr Gewalt und Überwachung das Zusammenleben bestimmt. Wahrscheinlich sind die Erinnerungen an das Naziregime immer noch aktiv. Was haben wir hinterher alles erfahren an Ungeheuerlichkeiten, die uns Kindern gar nicht aufgefallen waren oder die wir nicht hinterfragt hatten! Ich hoffe, das Buch geht nicht so weiter.

Herzliche Grüße von der Bergstraße, Marlis
Marlis Beutel
Klaus Rüger

Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Klaus Rüger »

Ich habe das Buch unlängst gekauft und fast zur Hälfte schon "verschlungen" !
Am Anfang stellte ich im Internet (Wikipedia !) Recherchen über den Autor, die Geschichte der Dominikanischen Republik, die Geschichte Haitis und die Diktatoren der Insel Hispaniola an.Llosa hat sich mit diesem Diktator Trujillo ein Exemplar der südamerikanischen Diktaturen vorgenommen und künstlerisch gestaltet, die im letzten Jahrhundert immer wieder den "Hinterhof" der USA heimgesucht haben ! Gerade die USA haben mit der Unterstützung solcher Tyrannen nicht eben immer eine glanzvolle Rolle gespielt, um dies vorsichtig auszudrücken.Aus Angst , dass in Südamerika kommunistische Regierungen entstehen könnten, wurden oftmals Regime installiert, die von wahren Monstern regiert wurden und ihre Völker drangsaliert haben.
Weiterhin bestand in der Geschichte immer ein schwieriges Verhältnis zwischen Haiti (schwarze Bevölkerung,von Franzosen kolonialisiert, dort herrschende Armut) und Dominikanische Republik (meist weisse Bevölkerung,von Spaniern kolonialisiert, relativer Wohlstand gegenüber Haiti bis heute). Die Haitianer mussten als Zuckerrohrarbeiter im Nachbarland auf Zuckerrohrplantagen schuften, die als Besitzer teilweise US-Bürger hatten.

Der Rassist Trojillo liess 1937 Tausende von haitianischen Zuckerrohrarbeitern ermorden, nur weil sie schwarze Hautfarbe hatten ! Die zivilisierte Welt , vor allem die USA, hat dies aber ziemlich widerspruchslos hingenommen !! Eisenhower sagte später einmal über Trujillo
"Er ist ein Schweinehund, aber er ist unser Schweinehund " !!!
Um die Bevölkerung "aufzuweißen", wollte er Juden Asyl gewähren, die in Europa damals verfolgt und vertrieben wurden !
Der heute fast vergessene DDR-Schriftsteller Wolfgang Schreyer ,er lebt noch in Ahrenshoop, hatte in den Siebzigern des vorigen Jahrhundert schon in seiner "Dominikanische Triologie" über diese Diktatur geschrieben.
Dies zum Umfeld des Romans, über die künstlerische Gestaltung und weiteres vielleicht später !

Mfg
Klaus
Erna
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Erna »

Lieber Klaus,
Danke für den ausgezeichneten Beitrag zum "Fest". Ich konnte leider noch nicht mit dem Lesen beginnen (Krankheit) hoffe aber, dass ich jetzt mithalten kann und habe bisher nur die Rezensionen dazu gelesen.
Wir haben davor ja schon die Bücher von Toni Morisson, der "schwarzen" amerikanischen Nobelpreisträgerin gelesen und so ist das Buch sicherlich eine gute Ergänzung. Toni M. sagt an einer Stelle, sie fühle sich nicht als Amerikanerin. Wir Leserinnen fanden auch, dass es zwischen weißen und farbigen Amerikanern große Unterschiede in den Verhaltensweisen gibt.
Gruß
Erna
Erna
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Erna »

Nun habe ich auch begonnen, den "Ziegenbock" zu lesen. Mich beeindruckte sehr, wie Llosa seine Protagonisten einführt und auch gleichzeitig ein Bild der Stadt gibt.
Urania macht ihr Morgenjogging an den alten Stätten vorbei, die sie noch aus ihrer Jugend kennt. Als sie vor ihrem Elternhaus steht, beginnt das nächste Kapitel mit der großartigen Einführung des Vaters.
Llosa beschreibt das ganze morgendliche Zeremoniell, das der General durchführt, ehe er um fünf in seinem Büro erscheint. Und in mir hat die dazu gehörige Beschreibung des Machogehabes schon eine starke Abneigung erzeugt.
Erna
Marlis Beutel
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Marlis Beutel »

Liebe Erna,

vor allem freut mich, dass Du wieder dabei bist!
Ich lese nicht so schnell wie Ihr anderen und bin auch immer noch ziemlich betroffen. Wie gehen Menschen miteinander um! Ich bin beim 13. Kapitel, wo Agustin Cabral in Ungnade fällt, ohne dass er weiß, warum. Ein strenges Regime lässt sich ganz gut ertragen, wenn man die Regeln kennt. Aber Willkür macht schwer zu schaffen.
Cabral versucht herauszufinden, warum Trujillo ihn fallen ließ. Er wird nicht vorgelassen, also versucht er mit anderen einflussreichen Personen zu reden. Die reden zwar durchaus, aber kann er ihnen glauben und vertrauen?
Die Dialoge finde ich interessant. Anscheinend lieben es die Südamerikaner, einander Kosenamen zu geben. Cabral heißt "Cerebrito", wird auch von anderen so genannt. "Cerebro" ist "Gehirn", also ist Cerebrito jemand mit Köpfchen.
Der Leser erfährt zwar ziemlich früh, dass Ourania Probleme mit dem Vater hat. Aber der Autor lässt sehr, sehr lange offen, weshalb. Man wird den Roman nicht aus der Hand legen, bis man alle Zusammenhänge kennt.

Viele Grüße und gute Wünsche von der Bergstraße, Marlis
Marlis Beutel
Erna
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Erna »

Liebe Marlis,
das mit den Namen ist schon ein rechtes Verwirrspiel. Hildegard sagte mir, dass sie sich die Namen und Spitz- oder Kosenamen der Personen auf einen Zettel geschrieben hat, um nicht so viele Schwierigkeiten mit der Zuordnung zu haben.
Ich bin noch gar nicht weit beim Lesen. Aber bei jedem Buch, das in Amerika und vor allem dort spielt, bin ich froh, in Deutschland zu leben.
Aus dem verschneiten Frankfurt Grüße
Erna
HildegardN
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von HildegardN »

Liebe Marlis,
es dauert noch ziemlich lange bis Mario Vargas Llosa die Leser über Uranias Schicksal umfassend informiert. Bis dahin wird nur auszugsweise darauf aufmerksam gemacht bzw. hingewiesen, dass der Hass Uranias auf ihren Vater wohl begründet sein wird.
In zahlreichen Rückblenden kommt Uranias Vergangenheit zur Sprache, aber erst nahezu zum Schluss erfährt der Leser, weshalb sie als Vierzehnjährige ihre Heimat verließ und weshalb sie ihren Vater seitdem hasst.
Hildegard
Erna
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Erna »

Trotzdem die Personen in diesem Buch gleich mehrere Namen haben, finde ich, dass es durch die Kapiteleinteilung doch klar gegliedert ist.
Was ich schrecklich finde, ist zu lesen ,wie schreckliche Menschen mit einander umgehen. Ein Mord ist keine besondere Sache, die Frau eines Anderen zu benutzen auch nicht. Das ist nun ungefähr 50 Jahre her. Es würde mich interessieren, wie sehr sich die Dominikanische Republik geändert hat.
Erna
Marlis Beutel
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Marlis Beutel »

Liebe Erna,

zunächst las ich den Roman so, als wäre er eine wahre Geschichte. Ich war sehr, sehr betroffen. Das scheint Dir genauso zu ergehen. Er ist unglaublich fesselnd und zieht einen in seinen Bann. Jetzt bin ich fast am Ende und kann mich davon distanzieren und kritische Fragen dazu stellen. Der Autor hat sich also (fast?) alle Einzelheiten ausgedacht! Erstaunlich, nicht wahr? Ich frage mich natürlich auch, inwieweit sich Menschen tatsächlich so skrupellos verhalten und ob es in Mittelamerika anders zugeht als im derzeitigen Europa.
Du hast mal wieder die Dinge auf den Punkt gebracht, als Du schriebst, Du seiest froh, hier zu leben.

Viele Grüße von der Bergstraße, Marlis
Marlis Beutel
Klaus Rüger

Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Klaus Rüger »

Weiterhin gibt es in der Dominikanischen Republik Vorbehalte gegenüber dem ärmeren Nachbarn Haiti. Viele Haitianer arbeiten dort als Gastarbeiter und werden diskriminiert , ja noch in der Gegenwart werden "Negros" umgebracht !
Aber was geschieht in Ungarn und Frankreich mit den Sintis ?! Sollten wir nicht erstmal vor unserer Haustür kehren ?
Ich habe inzwischen das ganze Buch ausgelesen, die sadistischen Folterungen der Attentäter haben mich erschüttert ! Ich glaube nicht, dass der Autor soviel frei erfunden hat ! Noch in unserem Jahrhundert, was als aufgeklärt bezeichnet wird, gibt es Diktaturen, die meinen, sie könnten mit ihrer Bevölkerung machen was sie wollen !
Nicht nur in Diktaturen, ein Exemplar wird im Buch beschrieben, sondern auch in bestimmten als Demokratien bezeichneten Ländern gibt es Menschenrechtsverletzungen !

Mfg

Klaus
Erna
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von Erna »

Ich will nicht sagen, dass bei uns alles in Ordnung ist und wir uns besser als die anderen dünken sollten. Aber was ist denn ein Menschenleben dort wert? Dabei spielt der Roman ja in einer sozial gehobeneren Schicht. Wie wurde da mit den "normalen" Menschen umgegangen?
Erna
HildegardN
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Re: Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Beitrag von HildegardN »

Liebe Erna,
wie mit "normalen" Menschen umgegangen wurde, können wir m.E. am Beispiel von Uranias Vater, dem Senator Augustin Cabral, erkennen, der einfach, ohne jede Erklärung oder Begründung fallen gelassen oder ausgebootet wurde, als er nicht mehr ins Konzept passte.
Haben wir nicht im sog. Dritten Reich" erfahren, dass der Führer (oder Diktator) völlige Anpassung forderte und bei Zuwiderhandlung sehr negativ, wenn nicht auch grausam reagierte.
Ich finde, dass die "Untaten" des Diktators Trujillo durchaus von dem Autor nachempfunden sein können, zumal die Vergangenheit mit ähnlichen Beispielen aufwartet.
Hildegard
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