Die weiße Festung v. Orhan Pamuk

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ellen
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Beitrag von ellen »

Ich muß nochmal nachlesen, aber mir war so, als ob der zwangsweise Rückzug aus Spanien Ende des 15. Jh. auch darein gehört. Er wird nicht der Auslöser gewesen sein, sondern eher ein Zeichen der Schwäche. Und die darf man hier nicht auf das Kriegshandwerk beschränken. Damit einher geht auch die geistige und politische.
Ich werde mich schlau machen.

Ein bißchen deutlicher wird mir in diesem Buch manches, seitdem ich für die Kulturellen Werte das Mittelalter-Thema bearbeite. Danch erscheint mir das hier, und das soll es wohl auch, als eine Utopie, die doch gar nicht so weit von den Möglichkeiten der Gegebenheiten der Zeit weg ist. Im Mittelalter soll, trotz aller Intoleranz, doch ein deutliches Mehr an Toleranz gegenüber anderen Religionen und Kulturen geherrscht haben. Im 16. Jh. mag das schon wieder anders gewesen sein?
Zuletzt geändert von ellen am Freitag 9. September 2005, 13:10, insgesamt 1-mal geändert.
Erna
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Beitrag von Erna »

Ich habe heute einmal zum Osmanischen Reich recherchiert und habe einen längeren Artikel dazu bei Wikipedia und einen im adLexikon www.adlexikon.de gefunden. Über türkische Frauen, wenigstens die am Hofe, findet man etwas unter www.meissoun.ch/harem.htm. Über normale Frauen habe ich nichts gefunden.
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Carmen Stadelhofer
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Beitrag von Carmen Stadelhofer »

Liebe Mitdiskutierende, wir haben am Dienstag in unserer Literaturgruppe hier in Ulm noch einmal ausführlich über "Die weiße Festung" diskutiert, die einen verstehen den Roman eher historisch mit irrealen Elementen, die anderen als übergeschichtliche Aussage, der Handlungsverlauf, viele Vergleiche und "Bilder" regten uns zur Diskussion an, aber nicht auf. Zwei hatten mittlerweile "Schnee" bzw. "Rot ist mein Name" gelesen, auch mit ganz unterschiedlichen Empfindungen bezüglich der von Pamuk kunstvoll verwendeten Sprache, Bilder , etc.
Letztlich beschloss die Gruppe, sich bei der nächsten Lektüre gerne noch einmal einem/einer türkischen Autor/Autorin zuzuwenden, der inhaltliche Schwerpunkt bzw. die Handlung sollte in der heutigen Türkei liegen und sich mit gesellschaftlichen Themen befassen, um über das Buch und die damit verbundene Diskussion die Probleme der bzw. in der heutigen Türkei besser kennen zu lernen. Wer hat einen Lektürevorschlag für uns?
Interessant zu lesen, nicht zu dick, als Taschenbuch..!
Danke im voraus! Carmen
PS Pamuk erhält, wie uns ja bekannt, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für das Jahr 2005. Die renommierte Auszeichnung wird am 23. Oktober 2005 zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse verliehen. Das Preisgeld wurde von 15.000 auf 25.000 Euro aufgestockt. Es gibt eine Direktübertragung im Fernsehen und eine Sendungen zu Orhan Pamuk
Erna
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Beitrag von Erna »

Für sein Buch "Schnee" muss Pamuk sich im Dezember vor Gericht verantworten, da man meint, er habe damit das Ansehen der Türkei geschädigt. In den neunziger Jahren hat Pamuk bei einem Deutschlandbesuch gesagt, dass er es vermeiden wolle, sich politisch zu äußern. Nun hat er das doch getan und ist gleich angeeckt.
Die Handlungen der türkischen Administration, aber auch der Bevölkerung, sind für uns nicht immer zu verstehen. So hat man einen in diesen Tagen stattfinden sollenden Kongress zur Armenierfrage, von Wissenschaftlern angeregt, auch verboten.
Es gibt einige türkische Schriftstellerinnen, aber im Augenblick fällt mir nur Sevgi Soysals "Tante Rosa" als in Deutsch vorliegend ein. Von den in Deutschland lebenden Schriftstellerinnen, die aus der Türkei kommen und deutsch schreiben, geben Alev Tekinay, Scheinhardt aber auch gute Beschreibungen der Türkei. Als weiteres wäre Barbara Yurtdas zu nennen, die als Deutsche mit ihrem türkischen Mann über den dortigen Alltag schreibt.
Erna
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Beitrag von Erna »

Gestern habe ich beim Stöbern eine neue junge türkische Schriftstellerin entdeckt, Elif Safak, von der ich aber bisher nichts gelesen habe. Sie hat 5 Bücher geschrieben, zwei sind ins Deutsche übersetzt. Natürlich nicht als Taschenbuch. Eines spielt auch in Istanbul, im Mittelalter. Es heißt: Spiegel der Stadt und kostet € 19,90.
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ellen
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Ende der Leserunde?

Beitrag von ellen »

Da nun eine ganze Weile nichts mehr zun unserem Buch gesagt wurde und die Gruppe Lübeck zu einer neuen Leserunde aufgerufen hat, bleibt zu fragen, wer jetzt dort mitmacht. Über eine Antwort würden wir uns freuen.

Als einen möglicherweise Abschluß möchte ich aber noch ein paar wenige Gedanken zu Orhan Pamuks "Weißer Festung" loswerden. Im Zuge der Preisverleihung an Pamuk am letzten Sonntg, sind vermehrt wieder Artikel und Interviews über und mit dem Autor veröffentlicht worden. In einem Interview der "Welt" hat er sich auch über sein Buch "Die weiße Festung" geäußert. Er wurde darauf angesprochen, daß Identität ihm in seinen Romanen sehr wichtig sei. Pamuk glaubt "fest an die Schlüpfrigkeit der menschlichen Identität. So seien die Grenzen unseres Selbst nicht stark, und die Rätselhaftigkeit der Veränderung interessiere ihn eben. Und das gelte auch für Nationen. So sei sein Buch "Die weiße Festung" sein bescheidener Beitrag zum Genre des Doppelgängerromans, indem er das Motiv einer Figur mit zwei Ichs auf ein ängstliches Land zwischen Ost und West übertragen hätte - eine Angst, die die Türken fast zur Kunst erhoben hätten. Auf die Frage, ob er aus dieser Angst schöpfe antwortete er, daß er diese Angst nicht wie andere Autoren als Krankheit behandelt habe. Tradition und Moderne solle nicht aufeinanderprallen, sie sollen nebeneinander bestehen. Man solle dies nicht als so dramatisch ansehen und den Politikern nicht glauben, wenn sie behaupten, daß die türkische Identität sich nur aus einer Quelle speise. Islamische Tradition sei kein Hindernis für eine moderne Gesellschaft, nicht einmal für eine säkulare.
Das wollte ich einfach weiter geben. Vielleicht wirft es doch ein wenigstens kleines erhellendes Licht auf den Text und seine Intention.
Ellen
ursel

Literaturnobelpreis geht an Orhan Pamuk

Beitrag von ursel »

In einer Pressemitteilung der Schwedischen Akademie vom 12.10.2006 heißt es kurz und knapp:
Der Nobelpreis in Literatur des Jahres 2006 wird dem türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk verliehen
„der auf der Suche nach der melancholischen Seele seiner Heimatstadt neue Sinnbilder für Streit und Verflechtung der Kulturen gefunden hat“.

2005 war es Harold Pinter, 2004 Elfriede Jelinek.
Ursel
Ralph Schneider

euro|topics

Beitrag von Ralph Schneider »

Liebe LeserInnen,

die europäische Presseschau euro|topics stellte einige Beiträge anlässlich des Nobelpreises an Orhan Pamuk zusammen.

Das entsprechende Dossier unter dem Titel "Orhan Pamuk - die andere Stimme der Türkei" ist hier nachzulesen:
http://www.eurotopics.net/de/pressescha ... SSIER11017

Viele Grüße,
Ralph
Erna
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Beitrag von Erna »

Die offizielle Türkei hat die Preisverleihung an Orhan Pamuk mit einem lachendnen und einem weinenden Auge gesehen. Einerseits war man sehr geehrt, dass ein türkischer Schriftsteller diesen Preis bekommen hat, andererseits, dass es d i e s e r Schriftsteller ist, der doch immer wieder "das Nest beschmutzt". Es sind noch keine 5 Wochen her, da hat O.P. wieder einmal vor Gericht gestanden, weil er irgend etwas gegen das Türkentum geschrieben haben soll. Ich kann nur jedem raten, O.P. zu lesen. Er ist oft nicht einfach zu lesen, weil er viele geschichtliche Vorkommnisse anspricht.
Erna
"Blick aus dem Fenster" sein letztes Buch, in dem er seine Jugend in Nisantasi beschreibt, ist sehr interessant.
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