John von Düffel - eine gute Wahl

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hwest

John von Düffel - eine gute Wahl

Beitrag von hwest »

Die Wahl des Autors John von Düffel für ein Gemeinsamlesen-Projekt von ViLE-Lübeck scheint ein Glücksgriff gewesen zu sein. Unser Wunsch war, einen Text von einem jüngeren deutschen Autor zu lesen, der sich durch seine sprachliche Qualität auszeichnet. Das ist hier der Fall. Alle, die mit der Lektüre des Romans „Vom Wasser“ begonnen haben, sind begeistert.

Und auch sonst zeigt unser Bemühen, nicht nur ein Buch zu lesen, sondern auch dem Verfasser näher zu kommen, erste Erfolge. Fünf von uns fahren am 27. November nach Hamburg zu einer szenischen Lesung des Thalia-Theaters mit John von Düffel und der Schauspielerin Katharina Matz.

Unser Mitglied Ingeborg hat auf einer Karte aus dem Jahre 1733 sowohl die in dem Roman beschriebenen Flüsse als auch die Papiermühle gefunden.

Doris aus Oldenburg will sich an dem Projekt ebenfalls beteiligen und schrieb, dass sie sogar die in der Stadt ansässige Familie von Düffel durch eine gemeinsame Wasserleidenschaft (Schwimmen in einem idyllischen Badesee) kennen gelernt hat.

ViLE-Lübeck will versuchen, mit John von Düffel zu einem Gespräch zusammenzutreffen. Außerdem plant unsere Gruppe im Januar oder Februar einen Besuch des Stückes „Buddenbrooks“ nach Thomas Mann, Fassung von John von Düffel, das am 4. Dezember im Hamburger Thalia-Theater Premiere hat.

Wir werden von unseren Erlebnissen berichten und hoffen, dass sich viele Mitglieder von ViLE an dem Gemeinsamlesen-Projekt beteiligen.
Horst Westphal
CarmenUlm

Wasser und Menschen

Beitrag von CarmenUlm »

Ich bin mit der Lektüre des Buches "Vom Wasser" von John von Düffel noch nicht ganz fertig - daher hier nur eine Zwischenimpression. Es fasziniert mich, wie es Düffel, zudem mit großer Sprachgestaltungskraft, gelingt, "Wasser" , "Leben" im Wasser und Bezüge von Menschen zum Wasser in so unterschiedlichen Facetten zu beschreiben, durch Gerüche, Farben, Stimmungen, Handlungen - für mich, die ich kein "Wassermensch" bin, "schwimmen" hauptsächlich mit überchlorten Schwimmbädern verbinde und intensive Wassererfahrung und Bezüge nicht mit Flüssen, sondern mit dem "Meer" habe, ergibt das Lesen des Romans neue durchaus interessante und nachspürbare Entdeckungen rund um das Element Wasser. Was mir zu "einseitig", zu sehr auf das "Wasser" konzentriert ist , ist die Beschreibungen der Personen, die Beschreibung der Familiengeschichte. Ob sich der Autor, der sich ja mit diesem Roman dem "Wasser" verschrieben hat, nicht etwas übernommen hat, damit auch ein Stück Sozialgeschichte Deutschlands anhand eines Familienbetriebes schreiben zu wollen? Er setzt immer wieder dazu an, aber er bleibt für mich an der Oberfläche. Auch die kompositorische Verbindung der Wasser- und Familiengeschichte mit der Rahmenhandlung, der Geschichte des Erzählers, überzeugt mich nicht.
Im übrigen habe ich mich immer gefragt, wo eigentlich die Frauen in dieser Familie und in dieser Sozialgeschichte vorkommen, die (Ehe-)Frauen und Mütter dieser gewaltigen (wortgewaltig, zahlengewaltig,zorngewaltig) Männer , die Entwicklung des Küchenmädchens zur buisiness woman ist für mich nicht nachvollziehbar. Soweit für heute, Carmen
Doris

Vom Wasser

Beitrag von Doris »

Das Buch „Vom Wasser“ habe ich bisher nur schnellstens durchgelesen, so daß mich der Inhalt reizt es nochmals in Ruhe zu lesen. Damit habe ich begonnen, und ich bin bisher, vom Vorspann und ersten Kapitel, begeistert. Also, kann ich nur etwas über den Anfang sagen.
Anders als Carmen bin ich eine eifrige Schwimmerin, egal ob sich die Möglichkeit im Fluß, im See oder im Meer bietet. Schwimmbäder sagen mir allerdings immer weniger zu.
Im Bezug auf den Inhalt kann ich das sinnliche Erleben, die Beschreibung von Gerüchen, Geräuschen und Färbungen des Wassers, gut nachempfinden. Mit der Gegenüberstellung von Orpe „lichtlos, dunkel, schwarz, lautlos“ und Diemel „silbrig, hell, gestuft, gezähmt, mit Sprudeln und Rauschen“, hat der Autor das auch m. E. sehr deutlich gemacht.

Seine Vorstellung als Kind Macht über Wasser zu haben, an die Gunst des Wassers zu glauben oder Vertrauen dazu zu haben, kann ich gut nachvollziehen.
Ähnliche Wasser- Erlebnisse haben mich in der Kindheit geprägt, diese in so differenzierte Worte zu finden gefällt mir.

Allerdings kann ich nicht die Folgerung von besserem Schwimmen und steigender Angst nachvollziehen. Ich empfinde zunehmend mehr Respekt vor der Gewalt des Meeres, der Flüsse und den eigenen manchmal geringen Kräften darin.
Regelrecht unverständlich ist mir die Aussage „Nur wer den regelmäßigen Pulsschlag dieses Elements exakt traf...den nahm das Wasser auf wie einen Teil seiner selbst.“ Weiter falls nicht „...den ließ das Wasser nicht durch, gegen den verhärtete es sich, sperrte sich, wurde wie eine Wand aus Wasser...“ Diese Vorstellung habe ich als frühere Leistungsschwimmerin nie gehabt. Vielleicht läßt der heutige Druck zu siegen solche Gedanken aufkommen.

Dennoch, die Beschreibung der Freude zum Wasser fesseln mich, ich bin gespannt auf die nächsten Kapitel!
Doris
hwest

Faszinierende Naturbeschreibungen

Beitrag von hwest »

Wenn die kleinen Enkel zu Besuch kommen, dann geht es turbulent zu und man hat nicht die Ruhe, Düffels Roman weiter zu lesen. Ich stecke also noch etwa im ersten Drittel. Carmen stimme ich zu, Düffels Naturbeschreibungen sind faszinierend. Ob er nun über die Oberfläche eines Gewässers fabuliert oder einen Sonnenuntergang schildert, man ist verblüfft über den Reichtum seines Wortschatzes.

Aber auch bestimmte Ereignisse, wie der Tod seines Ururgroßvaters, die Begegnung des Jungen mit einer Rattenschar in einem Abwasserrohr oder der Aufstand der Papierfabrik-Angestellten, sind packend geschrieben und haben auch einen überraschenden Ausgang.

Aber Carmen hat Recht: Frauen sind bisher nicht vorgekommen, es scheint eine reine Männerfamilie zu sein. Und auch die Charakterisierung der Männer ist geradezu spartanisch.
Mal lesen, wie es weitergeht.
Horst
Gerd.S.

Bewunderung über so einen schönen Roman

Beitrag von Gerd.S. »

Gerd.S./ Das Buch mochte ich gar nicht aus der Hand legen. nach dem letzten Satz " Wir kehren immer zum Wasser zurück " hätte ich weiter lesen können. Besonders gefallen haben mir die Artikel : Fliegenfischen und Ausweiden. Die kurzen Absätze im Roman machten das Lesen spannend und leicht. Mein nächstes Fischgericht wird Forelle sein.
cantstetter
Beiträge: 13
Registriert: Mittwoch 2. November 2005, 17:33

John von Düffel Vom Wasser

Beitrag von cantstetter »

John von Düffel
Vom Wasser

Erster Versuch einer Annäherung



Gut, dass John von Düffel nicht übers Essen oder Trinken schreibt sondern nur übers Wasser. Nicht auszudenken , was mit mir passiert wäre, wenn er übers Trinken oder essen geschrieben hätte.
Doch bevor ich mich ins Wasser begebe, muß ich erläutern, dass ich ihn Mitte des Jahres auf einer Lesenacht in Lübeck kennengelernt habe.
Er las damals aus seinem neuen Buch „Houwelandt“. Und er faszinierte mich, im Gegensatz zu den anderen anwesenden Autoren auf grund seiner Sprache. Ich merkte schon beim Vorlesen (wo man ja weder den Anfang des Buches noch das Ende kennt) wie phantastisch seine Sprache auf grund seiner detaillierten Betrachtungen und Beobachtungen ist, wie lebendig Sprache sein kann und wie blumig zum Teil banale Alltagsdinge von einem Dichter behandelt werden können. Jetzt verstehe ich auch, warum die Kritiker beim Erscheinen seines ersten Buches (Vom Wasser) so euphorisch waren und in Begeisterungsstürme ausbrachen.
Wieland Freund schrieb im Focus:“Tatsächlich ist John von Düffel nicht allein ein begnadeter Stilist und großartiger Beobachter, er ist vor allem auch ein richtiger Erzähler:“ Kurz um ich war begeistert und beschloß bei der nächster Gelegenheit eins seiner älteren Bücher zu lesen.
Vorsichthalber kaufte ich mir damals schon den Roman „Vom Wasser“ und ließ ihn natürlich signieren. Und jedes Mal wenn ich das Buch aufschlage verweile ich kurz an seiner etwas schnörkeligen Unterschrift (leider ohne Widmung) die alles heißen könnte, kaum leserlich und doch von mir wie ein kostbares Gut gehütet. Deswegen kam das Buch auch gleich neben Willy Brandts Erinnerungen auf die ich besonders stolz bin, weil sie eine persönliche Widmung enthalten. Ein Blick zu Ebay und abebooks zeigt, dass der Wert des Buches von von Düffel sich allein durch die Unterschrift verdreifacht hat.
Nun war ich natürlich hoch erfreut , als sich die Lübecker Vile Gruppe für dies Buch entschieden hatte und das war dann auch die Gelegenheit, auf die ich gewartet hatte
.Ich begann zu lesen. Zunächst las ich ganz normal, das heißt vor dem fernsehen und nach dem fernsehen, Kapitel für Kapitel, wenn was wichtiges im fernsehen war gar nicht, Harald Schmidt war immer noch wichtiger. Aber schon nach den ersten drei Kapiteln die natürlich alle vom Wasser handelten merkte ich, dass man dieses Buch doch anders lesen müsste. Ich machte mir Notizen, schrieb atemberaubende Sätze auf, weil ich Angst hatte, dass ich sie am nächsten Tag vergessen werde.. Las dann am nächsten Tag diese für mich wichtigen Sätze noch mal , diesmal des Zusammenhanges verlustig und entdeckte eine doppelte Freude an dieser Sprachgewalt, die zu einem wichtig ist um den Inhalt fortzuführen, die aber auch für sich wichtig ist, weil sie zeigt was Sprache abbilden kann bei genauer Beobachtung, was unser Blick schon lange nicht mehr wahrnimmt, weil die Sehgewohnheiten sich an der schnellen Bildfolge des Fernsehens orientieren, wo ich 3 Selbstmordattentate mit 45 Toten in 1 Minute und 10 Sekunden verarbeiten muß und sofort darauf in 1Min 20 die Ergebnisse der Koalitionverhandlungen, die heute 18 Stunden gedauert haben (18 Stunden Inhalte von 24 klugen Politikerinnen und Politikern)) zur Kenntnis nehmen muß und dann in 55 Sekunden eine Picasso Ausstellung mit 250 Exponaten in der Berliner Nationalgalerie aufzeichen muß im Gehirn. Und nur durch dieses jahrelange Training der blitzschnellen Informationsverarbeitung meines Gehirnes ist es mir überhaupt möglich die tausendfachen Informationen aufzunehmen, zu speichern und im günstigsten Fall auch noch teilweise zu
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verarbeiten.Und dann kommt Herr von Düffel mit seinen Wasserbeobachtungen.und bringt meine Seh- und Lesegewohnheiten völlig durcheinander.
Zurück zum Wasser:
Früher kannte ich nur Flusswasser, Badewasser, (also Leitungswasser,) Meerwasser und wasser in Seen. Mir ist nie in den Sinn gekommen, dass allein das Flusswasser so völlig unterschiedliche Farben, Gerüche und Aussehen haben kann wie mich von Düffel nun belehrt
hat.Ich fand es beim Lesen faszinierend wie sich das Wasser der Diemel oder der Orpe, je nach Witterung, Sonnestand oder Wolkenbildung änderte .Wie die Geräusche zu oder abnahmen, wie Stille sich über dem träge dahin fließenden Wasser ausbreitete Noch nie habe ich harmloses Wasser so intensiv erlebt wie in diesem Buch.
Auch welche Namen und Gerüche ihm für die unterschiedlichen Qualitäten einfallen ist völlig überraschend. Das erinnert mich an die Schulzeit, als ich lernte, dass andere Kulturkreise für bestimmte natürliche Erscheinungen eine Vielzahl von Worten, Begriffen und Unterscheidungsmöglichkeiten haben, die in unserer Sprache fehlen, weil sie für das Leben und Überleben nicht notwendig sind. So haben zum Beispiel die Eskimos 24 verschiedene Begriffe für die unterschiedlichen Arten von Schnee, jener bei uns kaum noch vorkommenden Naturerscheinung. Früher gab es wenigstens noch Pulverschnee, Harschschnee, Neuschnee und Matschschnee. Heute gibt es ,jedenfalls hier im Norden gar keinen Schnee mehr und wenn das so weiter geht wird auch in unserer Sprache der eingeschränkte Katalog von Schneearten weiter reduziert..
Um so spannender finde ich den Erfindungsreichtum von von Düffel, da es für den Großvater von elementarer Bedeutung beim Forellenangeln ist, welche Wasserqualität heute vorliegt. Und offensichtlich hält unsere Sprache dafür noch Begriffe bereit, die wir nur verlernt haben zu benutzen, weil, wie oben schon gesagt, die Beobachtungsgabe stark eingeschränkt ist.
Das Buch beschäftigte mich nicht nur tagsüber , nein sogar nachts träumte ich zum teil von den dort dargestellten Ereignissen. Besonders das Kapitel ,“Wasser und Zahl“, mit der Beschreibung der Ratten in dem Tunnel und der Flucht zur Orpe. Diese Szenen waren so plastisch beschrieben, dass ich nachts aufwachte, weil ich mich wie der Erzähler im Buch in jener Röhre befand und zusammen mit den Ratten Richtung Ausgang stolperte.
Sowas passiert mir sonst nur bei gruseligen Filmen.
Bei diesen vielen einzelnen , detailliert beschriebenen Ereignissen, fällt es schwer den Gesamtüberblick zu behalten und zu beurteilen.
Eigentlich passiert so wahnsinnig viel nicht. Die Fabrik wird vom Urgroßvater auf den Großvater vererbt, eine Fabrik, von der man eigentlich nicht viel weiß, außer dass sie mit Hilfe des Wassers der Papierherstellung dient .Genaueres erfährt man eigentlich nicht. .Trotz seiner detailverliebten Beobachtungsgabe fehlen technische Angaben völlig und über die Betriebsabläufe gibt es kaum Aussagen. Immerhin stellte zur damaligen Zeit eine solche Fabrik sicher einen gewaltigen technischen Fortschritt dar. Aber das und vieles andere mehr interessiert den Autor nicht, hängt es doch nicht zusammen mit der Liebe der einzelnen Personen zum Wasser. Und nicht umsonst schreibt von Düffel im Vorwort.
„Er sprach nicht von der Macht Gottes oder dem Wirken unsichtbarer Gewalten. Er sprach von der Macht des Wassers. Und diese Macht ist eine sehr wahrnehmbare, wirkliche Macht, wie ich heute weiß. .Dieses Buch ist ein Versuch, das zu verstehen. Es ist das Buch von einem. der immer zum Wasser zurückkehrt, und der Versuch, das zu verstehen.
Gratuliere Herr von Düffel, das ist Ihnen toll gelungen.

Axel
friedel

Erste Eindrücke

Beitrag von friedel »

Als ich das Buch gelesen hatte, habe ich gleich noch einmal von vorne angefangen. Die Sprache, der Text ist wie das Wasser: es fließt - mal schneller, mal langsamer-, es stockt, es wirbelt, es wird kälter oder wärmer, heller oder dunkler …
Vom Inhalt her erinnert es mich stark an Hundert Jahre Einsamkeit oder anderes von Garcia Marquez.
Ob nun mehr Männer oder Frauen vorkommen, ist in einem Buch, in dem das WASSER die Hauptrolle spielt, nicht so wichtig.
hwest

Gut geschrieben und interessant

Beitrag von hwest »

Literaturbesessen bin ich eigentlich nicht. Ich verschlinge nicht ein Buch nach dem anderen. Aber ich habe nun schon an einer ganzen Reihe von Gemeinsamlesen-Projekten teilgenommen. John von Düffels „Vom Wasser“ hat mir besonders gefallen. Vor allem wegen seines Sprachreichtums. Wie er immer wieder das Wasser beschreibt und immer wieder neue Worte für seine Eindrücke findet, das ist schon eindrucksvoll.

Aber auch die Schilderung der Familiengeschichte nimmt den Leser gefangen, und es gibt immer wieder unerwartete Wendungen und dramatische Entwicklungen, die ich spannend fand.

Was ich anfangs zu bemerken glaubte, eine zu knappe Charakterisierung der Menschen, erscheint schließlich nicht mehr als ein Mangel. Und auch die eingeflochtenen Berichte über seine Begegnung mit dem Rhein, seine Beziehung mit einer Fotografin und sein dramatischer Schwächeanfall bei einem Langstreckenschwimmen im Meer haben seine Geschichte so persönlich erscheinen lassen.

Ein gut geschriebener und interessanter Roman. Ich bin gespannt darauf, John von Düffel am 1. Advent bei der Lesung in Hamburg persönlich zu erleben.
Horst
Renate B

Geruch

Beitrag von Renate B »

Das Talent von John von Düffel mit Sprache umzugehen, (wie im Forum mehrfach erwähnt), wird für mich auch nach wenigen Seiten des Lesens deutlich.
Ich habe zum Beispiel bei seiner Beschreibung der verschiedenen Gerüche des Wassers sofort daran denken müssen, wie sehr mich das Wasser am New Yorker Hafen an Hamburg erinnerte. Ich hatte damals ein starkes Gefühl der Verbundenheit zu meiner Heimat durch diesen Geruch, weil das Wasser am Hafen einen ganz eigenen besonderen Geruch hat anders als zum Beispiel am Meer.

Die Sprache, die nicht auf verbrauchte Ausdrücke zurückgreift, zwingt auch ungeduldige Menschen dazu, (ich bin ungeduldig) seine Naturschilderungen aufmerksam zu verfolgen. Ich denke, die Verbindung von Ortsschilderungen mit der Familiengeschichte ist dem Autor sehr gut gelungen.
Ich bin daran interessiert, ein weiteres Buch von ihm zu lesen.

Was mir nicht so gut gefallen hat, sind seine Wiederholungen. Wenn z.B. Personen immer wieder als „der Krüppel“ oder als „die Küchenaushilfe“ bezeichnet werden, anstatt sie mit Namen zu benennen.
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Uwe Bartholl
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Wasser malen

Beitrag von Uwe Bartholl »

Hier geht es um den "Krüppel", der wieder und wieder nur so bezeichnet wird. Mir geht es insofern wie Renate, dass sich jedes Mal ein Schmerzgefühl bei mir einstellt bei der Verwendung dieses Begriffes. Jedoch gefällt mir das häufig verwendete Stilmittel der Wiederholung in dieser Lektüre sehr. Es bindet mich immer intensiver ein in die Welt, die von Düffel entstehen lässt. So begleite ich den Krüppel beim Warten auf das richtige Licht, empfinde Schmerz und Wut, wie hier eine Seele malträtiert wird. Der Krüppel, die geschundene Kreatur.
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Uwe Bartholl
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Ein Dankeschön

Beitrag von Uwe Bartholl »

Dankeschön an dieser Stelle, weil ich ohne euch Lübeckern von Düffel wohl erst mit den Buddenbrooks im Thaliatheater begegnet wäre. Mit dem Buch jedoch fühle ich mich wie in einem Medium - es muss dem Fisch so gehen - das die Sprache entstehen lässt. Mir gefällt die Idee ausgezeichnet, wie das Wasser mit all seinen Geheimnissen den roten Faden bildet, an dem entlang das Mitleben mit den Personen - und den Forellen - erfolgt. Das Buch berührt in vielfältigster Weise Herz und Sinne.
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Uwe Bartholl
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Wirklich: Eine gute Wahl

Beitrag von Uwe Bartholl »

Ich habe mir noch einmal alle Beiträge durchgelesen, nachdem ich gestern das Buch aus der Hand legte. Ich legte es aber erst aus der Hand, nachem ich noch lange nachsinnend mit dem Buch in der Hand verharrte. Im Dämmerlicht mit Restschnee auf den Tannen am Gartenrand. Ich wollte noch nicht hergeben diese Welt der Genauigkeit von Menschen, Stimmungen, Gefühlen, die die eigene Wahrnehmungs- und Empfindungswelt beflügelte. Und diese Welt, die doch so voller Lücken war. Aber das, was mich in den Bann schlug, das hatte solche Sprachgewalt, solche Nuancierung in Farbe und Ton, dass die Fragen nach dem Unerzählten überflüssig werden ließ. Nach dem Lesen der Beiträge hier gesellt sich zum Leseerlebnis das Gefühl der Lesergemeinschaft. Es war eine gute Wahl.
hwest

Das Treffen mit John von Düffel

Beitrag von hwest »

Hallo, liebe Mitleser!
ViLE-Lübeck hat sich mit dem Autor getroffen. Dazu unser Bericht „Ein Gespräch mit John von Düffel“. Außerdem neu: Wie man Düffel dazu bringen wollte, über die Berge zu schreiben und wie er dabei immer wieder beim Wasser landete. Viel Spaß beim Lesen.
Horst.
carmen

Ulmer Gruppe zu "Vom Wasser"

Beitrag von carmen »

Wir haben uns heute eingehend mit dem Roman "Vom Wasser" beschäftigt. Wir waren alle fasziniert von der Sprache, den Detailbeschreibungen, den Wortschöpfungen, der Bildlichkeit, den Motivwiederholungen im Aufbau. Wir waren alle beeindruckt, wie das Wasser in so vielen Facetten wahrgenommen und beschrieben wird. Es tauchten viele Assoziationen und eigene Erinnerungen und Erfahrungen im Verhältnis zum Wasser auf. Unterschiedlich waren die Beurteilungen zur inhaltlichen Gestaltung der Familiengeschichte. Dazu werden wir im einzelnen Stellung nehmen. Ein Rätsel war uns allen der Schluß, den Tod des Großvaters betreffend.
paula

John von Düffel, vom Wasser

Beitrag von paula »

So wie sicher die meisten Leser haben auch mich die brillante Beobachtungsgabe des Autors, seine detaillierten Naturschilderungen und die ungewöhnlichen Wortschöpfungen beeindruckt.
Derzeit beschäftigt mich die Biographie und der Tod der Protagonisten. Da ist der vitale, lebenslustige und beliebte Firmengründer, der aus banalem Anlass jämmerlich ertrinkt. Er ist der „Rache des dunklen Wassers“ zum Opfer gefallen. Der intellektuelle Sohn mit dem „Zahlenverstand“ leidet endlos bis ein „saumseliger und missgünstiger Tod“ ihn erlöst. Die eindrucksvollste Figur ist jedoch der Künstler, der„Krüppel“, der schon als Kind unter der Verachtung seines Vaters und der Umwelt gelitten hatte. Er muss die Leitung der Fabrik übernehmen und wächst sich zu einem gefürchteten jähzornigen Greis aus. Unklar bleibt, weshalb er die Tatkraft seiner Frau und die Existenz gesunder junger Familien nicht zu schätzen weiß. Er zwingt seine Frau, eine Fischmahlzeit zuzubereiten, während der er vor aller Augen erstickt. Der „Ich-Erzähler“ wirft die Frage auf, ob dies in selbstzerstörerischer Absicht geschehen sei ; und der Leser bleibt allein mit den Fragen : Weshalb dieses makabre Ende? Weshalb scheitern in diesem Roman über mehrere Generationen hinweg alle menschlichen Beziehungen?
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