Der dunkle Kontinent - Europa und der Totalitarismus
Der dunkle Kontinent - Europa und der Totalitarismus
Hier der Strang für das nächste Kapitel. Gruß Ellen
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Der dunkle Kontinent - Europa und der Totalitarismus
Zur Eröffnung der Diskussion stellt Helmut Doerfler in seiner Zusammenfassung folgende Fragen:
Welche europäischen Werte halfen – beispielsweise in anderen demokratischen Ländern Europas der 20er und 30er Jahre – Diktaturen zu verhindern?
Gibt es einen spezifischen europäischen Totalitarismus?
Sind Historiker die „besseren“ Politikwissenschaftler?
Als kürzlich in Palästina die Hamas-Organisation in einer demokratischen, legalen Wahl die Stimmenmehrheit vor der regierenden Fatah-Partei erhielt, soll der israelische Botschafter in den USA dazu bemerkt haben, dass auf ähnliche Weise auch die NSDAP 1933 in einer demokratischen Wahl in Deutschland an die Macht gelangte.
Die Vertreter der Fatah gelten als korrupt und haben sich offenbar wenig um das Wohl der unter Armut leidenden palästinensischen Bevölkerung bemüht, während die Mitglieder der Hamas Suppenküchen einrichteten und sich der Jugend annehmen. Die Hamas wird für zahlreiche Terroranschläge verantwortlich gemacht und lehnt bislang die Existenz des Staates Israel ab. Dennoch oder gerade deswegen gewann sie die Stimmenmehrheit. In den palästinensischen Kommunalparlamenten ist sie bereits mehrheitlich vertreten.
Der Vergleich der Hamas mit der NSDAP mag seltsam erscheinen; aber auch die NSDAP wirkte mit ihrem Winterhilfswerk (Motto: Keiner soll hungern und frieren.) und ihrer Jugendorganisation in der damaligen Notzeit anziehend auf viele Wähler. Propagandistisch wandte sie sich gegen den Versailler Vertrag. Auch das militante Element war in ihr stark vertreten.
Die Versäumnisse der vorangehenden Regierungen und ihrer Parteien gerade auf sozialem Gebiet sowie mangelnde Redlichkeit ihrer Vertreter bereiten dem Totalitarismus den Boden. Das gilt für alle europäischen Revolutionen, denen sehr bald ein totalitäres Regime folgte, einerlei ob es das bisherige oder ein neues war, nicht zuletzt aus Furcht vor einer möglichen Gegenrevolution. (Natürlich unterscheiden sich die neuen Machthaber in ihrer Redlichkeit nicht im geringsten von ihren Vorgängern, nur dürfen nach erfolgter Machtergreifung die Medien nicht mehr darüber berichten.) Verglichen mit den revolutionären Ereignissen in außereuropäischen Ländern gibt es keinen spezifischen europäischen Totalitarismus.
Welche europäischen Werte halfen – beispielsweise in anderen demokratischen Ländern Europas der 20er und 30er Jahre – Diktaturen zu verhindern?
Gibt es einen spezifischen europäischen Totalitarismus?
Sind Historiker die „besseren“ Politikwissenschaftler?
Als kürzlich in Palästina die Hamas-Organisation in einer demokratischen, legalen Wahl die Stimmenmehrheit vor der regierenden Fatah-Partei erhielt, soll der israelische Botschafter in den USA dazu bemerkt haben, dass auf ähnliche Weise auch die NSDAP 1933 in einer demokratischen Wahl in Deutschland an die Macht gelangte.
Die Vertreter der Fatah gelten als korrupt und haben sich offenbar wenig um das Wohl der unter Armut leidenden palästinensischen Bevölkerung bemüht, während die Mitglieder der Hamas Suppenküchen einrichteten und sich der Jugend annehmen. Die Hamas wird für zahlreiche Terroranschläge verantwortlich gemacht und lehnt bislang die Existenz des Staates Israel ab. Dennoch oder gerade deswegen gewann sie die Stimmenmehrheit. In den palästinensischen Kommunalparlamenten ist sie bereits mehrheitlich vertreten.
Der Vergleich der Hamas mit der NSDAP mag seltsam erscheinen; aber auch die NSDAP wirkte mit ihrem Winterhilfswerk (Motto: Keiner soll hungern und frieren.) und ihrer Jugendorganisation in der damaligen Notzeit anziehend auf viele Wähler. Propagandistisch wandte sie sich gegen den Versailler Vertrag. Auch das militante Element war in ihr stark vertreten.
Die Versäumnisse der vorangehenden Regierungen und ihrer Parteien gerade auf sozialem Gebiet sowie mangelnde Redlichkeit ihrer Vertreter bereiten dem Totalitarismus den Boden. Das gilt für alle europäischen Revolutionen, denen sehr bald ein totalitäres Regime folgte, einerlei ob es das bisherige oder ein neues war, nicht zuletzt aus Furcht vor einer möglichen Gegenrevolution. (Natürlich unterscheiden sich die neuen Machthaber in ihrer Redlichkeit nicht im geringsten von ihren Vorgängern, nur dürfen nach erfolgter Machtergreifung die Medien nicht mehr darüber berichten.) Verglichen mit den revolutionären Ereignissen in außereuropäischen Ländern gibt es keinen spezifischen europäischen Totalitarismus.
Horst schildert den Totalitarismus in Europa, der bis heute nicht ausgerottet ist. War also die Aufklärung umsonst? Hat sie den Menschen statt der Freiheit nur neue Formen von Herrschaft gebracht? Zwar wurde die alte Herrscherkaste, der Adel, entmachtet, doch nur um neuen Machthabern Raum zu geben, die meist übler als alles Vorangegangene waren. Unter dem Eindruck der Historie muss man zu dem Schluss kommen, dass es in Europa keine Wertestruktur gab, die uns vor den Auswüchsen der Machtgierigen hätte schützen können.
Mit dem Hoffnungsschimmer einer Ausnahme: Die Staaten, in denen die Demokratie Zeit und Gelegenheit hatte sich zu etablieren, haben einen hohen Grad an innerer politischer Stabilität im Verein mit weitgehender Anwendung der Menschenrechte entwickelt. Das begann in England und Frankreich (und in den USA), und setzte sich nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland und anderen Staaten fort, inzwischen über einen Zeitraum, der auf eine feste Etablierung deutet. Die Erweiterung der EU in Richtung Ost spricht für eine gewisse Ausstrahlungskraft wenigstens im europäischen Raum.
Frage: War es etwa gerade der Totalitarismus, der Europa – unter entsetzlichen Opfern – zu Demokratie und Menschenrechten geführt hat?
Mit dem Hoffnungsschimmer einer Ausnahme: Die Staaten, in denen die Demokratie Zeit und Gelegenheit hatte sich zu etablieren, haben einen hohen Grad an innerer politischer Stabilität im Verein mit weitgehender Anwendung der Menschenrechte entwickelt. Das begann in England und Frankreich (und in den USA), und setzte sich nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland und anderen Staaten fort, inzwischen über einen Zeitraum, der auf eine feste Etablierung deutet. Die Erweiterung der EU in Richtung Ost spricht für eine gewisse Ausstrahlungskraft wenigstens im europäischen Raum.
Frage: War es etwa gerade der Totalitarismus, der Europa – unter entsetzlichen Opfern – zu Demokratie und Menschenrechten geführt hat?
Die Frage, die Werner T. stellt, ist sehr interessant. Es scheint so, als ob es einen Zusammenhang zwischen beiden gibt. Wie sieht es aber in Russland und in der Türkei aus. Bei dem einen Land ist Demokratie noch sehr weit entfernt, die Türkei ist zwar ein Stück weiter, aber noch lange nicht am Ziel.
Dabei stelle ich mir die Frage, ist Demokratie für die Wähler so attraktiv? Siehe Beitrag Horst.
Erna
Dabei stelle ich mir die Frage, ist Demokratie für die Wähler so attraktiv? Siehe Beitrag Horst.
Erna
Re: Der dunkle Kontinent - Europa und der Totalitarismus
Horst bringt hier das Problem auf den Punkt. Wer empfindet, von welchem Zeitpunkt ab, eine Regierung, ein System als Totalitär, als Diktatur oder als Gewaltherrschaft?Horst Glameyer hat geschrieben: Der Vergleich der Hamas mit der NSDAP mag seltsam erscheinen; aber auch die NSDAP wirkte mit ihrem Winterhilfswerk (Motto: Keiner soll hungern und frieren.) und ihrer Jugendorganisation in der damaligen Notzeit anziehend auf viele Wähler. Propagandistisch wandte sie sich gegen den Versailler Vertrag. Auch das militante Element war in ihr stark vertreten.
Aus eigener Erfahrung; meine Mutter behielt Zeit ihres Lebens eine positive Erinnerung an den 30. Januar 1933, weil, von da ab, wir keine Angst mehr vor Arbeitslosigkeit hatten. Dieses Gefühl von Befreiung aus einer exstentiellen Notlage schlug immer wieder in ihrer Erinnerung durch, obwohl ihre jüngste Tochter durch den von den Nazis angezettelten Krieg ums Leben kam. Meine Mutter war sich durchaus bewußt, dass der Krieg mit seinen Folgen den Nazis geschuldet war.
Die Frage bleibt, warum entarten Regierungen, Systeme die legitim an die Macht gekommen, - die Nationalsozialisten - oder durch einen gelungenen Staatsstreich - Chile - oder durch eine erfolgreiche Revolution - Kuba -, häufig. Liegt der Keim des Totalitären schon im Programm oder ist es Folge einer tatsächlichen, oder vermeindlichen Notwehr gegen äußere Einflüsse? Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob die Geschichte der Sowjetunion, diese Entwicklung zur Gewaltherrschaft zwangsläufig war oder ob sie den Interventionsfeldzügen - merkwürdig wenig von Historikern reflektiert, diese europäischen Versuche die Revolution in Rußland durch Truppenkontigente wieder rückgängig zu machen - und den "Weißen" Konterrevolutionären geschuldet.
Unabhängig vom Sinn der Systemziele, "soziale Gerechtigkeit" oder Unsinn "rassische Reinheit", einmal an der Macht, heißt es diese mit Zähne und Klauen zu verteidigen.
Das kann man so nicht sagen, denn sie hat noch gar nicht stattgefunden.WernerT hat geschrieben:War also die Aufklärung umsonst?
Ein Volk, das sich die Rente mit 67, als Mittel zur Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt, verkaufen lässt, kann doch nicht "Aufgeklärt" sein.
Oder?
Welche Ausstrahlungskraft da größer war, die des politischen Systems oder eher die Aussicht (durchaus legitim) auf Konsum, wage ich nicht zu entscheiden.WernerT hat geschrieben:Die Erweiterung der EU in Richtung Ost spricht für eine gewisse Ausstrahlungskraft wenigstens im europäischen Raum.
Für Menschen die unter politischen, gesellschaftlichen Repressionen zu leiden haben, sicher.Erna5 hat geschrieben:Dabei stelle ich mir die Frage, ist Demokratie für die Wähler so attraktiv?
Aber wie viele Menschen würden überhaupt merken wenn bei uns eine der drei Gewalten ausgehebelt würde?
Wer hat den wirklich Bedenken, dass die Bundeswehr Polizeiaufgaben übernimmt?
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Der dunkle Kontinent - Europa und der Totalitarismus
Die Hartnäckigkeit mit der sowohl der bayrische Innenminister seit längerem als auch der Bundesinnenminister seit neuerem zum Schutze der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft auf eine Grundgesetzänderung drängen, die es der Bundesregierung erlaubt, die Bundeswehr nicht nur in Notfällen (Hochwasser und andere Katastrophen) im Inland einzusetzen, sondern auch für polizeiliche Aufgaben heranzuziehen, wie z.B. den Objektschutz, sollte jeden Demokraten zumindest nachdenklich stimmen.
Derartige Befugnisse lassen sich nach erfolgter Grundgesetzänderung bei Gelegenheit jederzeit auf andere Maßnahmen erweitern.
Die Väter des Grundgesetzes haben dem Einsatz der Bundeswehr im Inland sehr bewusst Grenzen gesetzt. Selbst wenn in einem der Bundesländer Unruhen ausbrechen sollten, ist es Aufgabe der benachbarten Bundesländer, mit ihren Polizeikräften ihm zur Hilfe zu eilen.
Panzer und Geschütze sind zur Terroristenabwehr ungeeignet, wohl aber lassen sie sich im Ernstfall gegen Demonstranten und Streikende erfolgreich einsetzen, was hoffentlich für immer verhütet werden möge.
Zur Erinnerung: Bei einer Rekrutenvereidigung der Garderegimenter in Potsdam sagte Kaiser Wilhelm II. am 23. November 1891:
„Denket daran, daß die deutsche Armee gerüstet sein muß gegen den inneren Feind sowohl als gegen den äußeren. Mehr denn je hebt der Unglaube und Mißmut sein Haupt im Vaterlande empor, und es kann vorkommen, daß ihr eure Verwandten und Brüder niederschießen und –stechen müßt. Dann besiegelt die Treue mit der Aufopferung eures Herzblutes.“
In einer anderen Fassung dieser Ansprache heißt es:
„Ihr habt Mir Treue geschworen, und das - Kinder meine[r] Garde – heißt, ihr seid jetzt Meine Soldaten, ihr habt euch Mir mit Leib und Seele ergeben; es gibt für euch nur einen Feind, und der ist Mein Feind. Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkommen, daß Ich euch befehle, eure eignen Verwandten, Brüder, ja Eltern niederzuschießen – was ja Gott verhüten möge -, aber auch dann müßt ihr Meine Befehle ohne Murren befolgen.“
(Zitiert nach: Christian Graf von Krockow: Die Deutschen in ihrem Jahrhundert 1890 – 1990. S. 361. Reinbek.)
Das deutsche Kaiserreich war zwar trotz seines Parlaments keine Demokratie, aber auch keine Diktatur und Wilhelm II. kein totalitärer Herrscher, doch die Vorstellung von „seiner“ Armee wurde nach 1933 mit der Vereidigung auf die Person des „Führers“ von Adolf Hitler übernommen.

Die Väter des Grundgesetzes haben dem Einsatz der Bundeswehr im Inland sehr bewusst Grenzen gesetzt. Selbst wenn in einem der Bundesländer Unruhen ausbrechen sollten, ist es Aufgabe der benachbarten Bundesländer, mit ihren Polizeikräften ihm zur Hilfe zu eilen.
Panzer und Geschütze sind zur Terroristenabwehr ungeeignet, wohl aber lassen sie sich im Ernstfall gegen Demonstranten und Streikende erfolgreich einsetzen, was hoffentlich für immer verhütet werden möge.

Zur Erinnerung: Bei einer Rekrutenvereidigung der Garderegimenter in Potsdam sagte Kaiser Wilhelm II. am 23. November 1891:
„Denket daran, daß die deutsche Armee gerüstet sein muß gegen den inneren Feind sowohl als gegen den äußeren. Mehr denn je hebt der Unglaube und Mißmut sein Haupt im Vaterlande empor, und es kann vorkommen, daß ihr eure Verwandten und Brüder niederschießen und –stechen müßt. Dann besiegelt die Treue mit der Aufopferung eures Herzblutes.“
In einer anderen Fassung dieser Ansprache heißt es:
„Ihr habt Mir Treue geschworen, und das - Kinder meine[r] Garde – heißt, ihr seid jetzt Meine Soldaten, ihr habt euch Mir mit Leib und Seele ergeben; es gibt für euch nur einen Feind, und der ist Mein Feind. Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkommen, daß Ich euch befehle, eure eignen Verwandten, Brüder, ja Eltern niederzuschießen – was ja Gott verhüten möge -, aber auch dann müßt ihr Meine Befehle ohne Murren befolgen.“
(Zitiert nach: Christian Graf von Krockow: Die Deutschen in ihrem Jahrhundert 1890 – 1990. S. 361. Reinbek.)
Das deutsche Kaiserreich war zwar trotz seines Parlaments keine Demokratie, aber auch keine Diktatur und Wilhelm II. kein totalitärer Herrscher, doch die Vorstellung von „seiner“ Armee wurde nach 1933 mit der Vereidigung auf die Person des „Führers“ von Adolf Hitler übernommen.
Wir sollten sehr deutlich unterscheiden zwischen den Machtspielen innerhalb einer Demokratie (Thema Bundeswehr etc.) und totalitären Systemen! Erna fragt: „Ist die Demokratie für die Wähler attraktiv?“ Ich möchte weiterfragen:
1) Für wen ist sie unattraktiv und auf welche Weise?
2) Was sind die Alternativen?
Zu 1): Inland: Die verbreitete Wahlenthaltung zeigt durchaus; dass viele sich von den bestehenden Parteien nicht vertreten fühlen. Doch wer wollte im Ernst die Demokratie abschaffen? Haben wir nicht 1989 mit „Wir sind das Volk“ gerade das Gegenteil erlebt? Trotz all ihrer Schwächen war die D. so erfolgreich (auch wirtschaftlich: Konsum), dass ein Großreich an dieser Konkurrenz scheiterte!
Ausland: In EU-nahen Gebieten sehen wir eine Tendenz zur Demokratie in vielerlei Schattierungen (Bulgarien, Rumänien, Ex-Jugoslawien, Türkei, Ukraine, Russland). Fraglos gibt es Übergänge zu scheindemokratischer Cliquenherrschaft, wie sie auch in anderen Weltgegenden besteht (Südamerika, Indien). Die überwiegende Zahl muslimischer Staaten pflegt totalitäre Systeme mit hierokratischem Einschlag. Dort scheint der Wunsch nach Demokratie auch im Volk gering.
Wir müssen also differenzieren:
• Völker mit Demokratie
• Völker mit einem Wunsch nach Demokratie
• Völker, die ein totalitäres System für überlegen halten. (vgl. Deutschland 1933)
Zu 2): Berühmt ist Churchills Satz: „Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – außer all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind“ Von Demokratien gehen historisch betrachtet deutlich seltener Kriege aus.
Der Totalitarismus scheint mir der extreme Gegenpol der Demokratie. Doch gerade er kann begeistern, kann in den Menschen Opfermut und Heldentum erwecken (s. Deutschland 1914 und 1939, heute die Selbstmordattentäter). Nicht selten entwickelt er sich aus einer Demütigung heraus, die Rachedurst auslöst (wiederum Deutschland: Versailles). Gerade unter diesem Gesichtspunkt war der Irak-Krieg völlig verfehlt: Die Demütigung hat den Totalitarismus jener Region gestärkt.
Fazit:
• Nicht jeder (oder jedes Volk) will Demokratie. - Sie nicht zu wollen aber ist gefährlich.
• Demütigungen bestärken totalitäre Tendenzen.
1) Für wen ist sie unattraktiv und auf welche Weise?
2) Was sind die Alternativen?
Zu 1): Inland: Die verbreitete Wahlenthaltung zeigt durchaus; dass viele sich von den bestehenden Parteien nicht vertreten fühlen. Doch wer wollte im Ernst die Demokratie abschaffen? Haben wir nicht 1989 mit „Wir sind das Volk“ gerade das Gegenteil erlebt? Trotz all ihrer Schwächen war die D. so erfolgreich (auch wirtschaftlich: Konsum), dass ein Großreich an dieser Konkurrenz scheiterte!
Ausland: In EU-nahen Gebieten sehen wir eine Tendenz zur Demokratie in vielerlei Schattierungen (Bulgarien, Rumänien, Ex-Jugoslawien, Türkei, Ukraine, Russland). Fraglos gibt es Übergänge zu scheindemokratischer Cliquenherrschaft, wie sie auch in anderen Weltgegenden besteht (Südamerika, Indien). Die überwiegende Zahl muslimischer Staaten pflegt totalitäre Systeme mit hierokratischem Einschlag. Dort scheint der Wunsch nach Demokratie auch im Volk gering.
Wir müssen also differenzieren:
• Völker mit Demokratie
• Völker mit einem Wunsch nach Demokratie
• Völker, die ein totalitäres System für überlegen halten. (vgl. Deutschland 1933)
Zu 2): Berühmt ist Churchills Satz: „Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – außer all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind“ Von Demokratien gehen historisch betrachtet deutlich seltener Kriege aus.
Der Totalitarismus scheint mir der extreme Gegenpol der Demokratie. Doch gerade er kann begeistern, kann in den Menschen Opfermut und Heldentum erwecken (s. Deutschland 1914 und 1939, heute die Selbstmordattentäter). Nicht selten entwickelt er sich aus einer Demütigung heraus, die Rachedurst auslöst (wiederum Deutschland: Versailles). Gerade unter diesem Gesichtspunkt war der Irak-Krieg völlig verfehlt: Die Demütigung hat den Totalitarismus jener Region gestärkt.
Fazit:
• Nicht jeder (oder jedes Volk) will Demokratie. - Sie nicht zu wollen aber ist gefährlich.
• Demütigungen bestärken totalitäre Tendenzen.
Rentenaufklärung
schrieb Werner weiter oben.Ein Volk, das sich die Rente mit 67, als Mittel zur Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt, verkaufen lässt, kann doch nicht "Aufgeklärt" sein.
Ist das nicht ein wenig oberflächlich dahingesagt, Werner?
Letztendlich ging und geht es um eine Kürzung der Rente, weil Geld fehlt. Nur wurde es anders ausgedrückt. Das weiß die Regierung ganz genau.
Ob es politisch der richtige Schritt ist, sei dahingestellt? Immerhin wird die Mehrheit der Abgeordneten es absegnen.
Also werden wir damit leben müssen.
Was das mit "Aufklärung" zu tun hat, verstehe ich nicht.
Clemens
Bw im Inland
schrieb Horst.Die Väter des Grundgesetzes haben dem Einsatz der Bundeswehr im Inland sehr bewusst Grenzen gesetzt. ...
Da hast Du Recht Horst. Die Väter des Grundgesetzes haben sich dabei etwas gedacht. Die Gefahr, nach Grundgesetzänderung die Bw auch gg Demonstranten einzusetzen, scheint zwar nicht gewollt, aber dann ggf. machbar? Das wäre schlimm!
Bedenken sollte man jedoch, dass die Väter des Grundgesetzes sich Terrorakte unmenschlichen Ausmaßes nicht haben vorstellen können und insofern auch dieses Scenario nicht in ihre Überlegungen einbezogen haben. Eine einfache Lösung gibt es nicht.
Der erste biologische Einsatz in Europa - und der ist heute durchaus denkbar - würde vielleicht ein Umlenken mancher Kritiker für best. Bw-Einsätze im Innern nach sich ziehen?
Denn auch "der Staat" hat die Pflicht, alles zu unternehmen, seine Bevölkerung zu schützen und Gefahren abzuwehren. Ein Mißbrauch dieser Möglichkeit müßte jedoch ausgeschlossen werden.
Im übrigen besitzt nur die Bw Potential, z.B. ABC-Mittel aufzuspüren und zu beseitigen, und dies weltweit einzigartig.
Clemens
Totalitarismus
Zu Werner T.
Churchill hat mit seinem Ausspruch völlig Recht und ich möchte gar nichts anderes mehr als Staatsform. Es sei denn es gäbe etwas Besseres. Aber der Übergang vom Totalitarismus zur Demokratie ist schwer. Andere haben für einen gedacht, dir gesagt was du machen sollst, dich auch gelobt durch Prämien, KdF usw. Das hat die Menschen so verunsichert, dass sie zunächst das Gute an der Demokratie nicht sehen und fühlen.
Ich erinnere mich an türkische Klassen in den 70er Jahren, die sich bei ihrem Lehrer wie die Soldaten verhalten haben. Wenn ein deutscher Lehrer Unterricht halten wollte, bei uns war gerade die andere Pädagogik im Kommen, waren sie ein tobender Haufen. Auch Demokratie muss gelernt sein.
Churchill hat mit seinem Ausspruch völlig Recht und ich möchte gar nichts anderes mehr als Staatsform. Es sei denn es gäbe etwas Besseres. Aber der Übergang vom Totalitarismus zur Demokratie ist schwer. Andere haben für einen gedacht, dir gesagt was du machen sollst, dich auch gelobt durch Prämien, KdF usw. Das hat die Menschen so verunsichert, dass sie zunächst das Gute an der Demokratie nicht sehen und fühlen.
Ich erinnere mich an türkische Klassen in den 70er Jahren, die sich bei ihrem Lehrer wie die Soldaten verhalten haben. Wenn ein deutscher Lehrer Unterricht halten wollte, bei uns war gerade die andere Pädagogik im Kommen, waren sie ein tobender Haufen. Auch Demokratie muss gelernt sein.
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Lieber Clemens, meines Wissens steht die Luftüberwachung und die Bereitstellung von ABC-Spürpanzern der Bundeswehr während der Fußballweltmeisterschaft zur Verhinderung von möglichen Terroranschlägen außer Frage, weil für diese Aufgaben die Polizei nicht ausgerüstet ist, d.h. es bedarf dafür keiner Grundgesetzänderung.
Hoffen wir, dass entsprechende Einsätze nicht erforderlich werden. Wir sollten sie jedoch auch nicht herbeireden. Mitunter beschleicht mich das unbehagliche Gefühl, dass Schreckensmeldungen zum täglichen Nachrichtengeschäft gehören; und wenn Europa sie gerade nicht bieten kann, dann werden sie aus den entferntesten Weltgegenden frei Haus geliefert. Eine andere Form der Globalisierung. Gruß Horst
Hoffen wir, dass entsprechende Einsätze nicht erforderlich werden. Wir sollten sie jedoch auch nicht herbeireden. Mitunter beschleicht mich das unbehagliche Gefühl, dass Schreckensmeldungen zum täglichen Nachrichtengeschäft gehören; und wenn Europa sie gerade nicht bieten kann, dann werden sie aus den entferntesten Weltgegenden frei Haus geliefert. Eine andere Form der Globalisierung. Gruß Horst
Grundgesetzänderung
Lieber Horst, im Grunde stimmen wir in der Zielsetzung unserer Argumentation überein. Allerdings - so möchte ich einschränken - der Einsatz von Luftüberwachung und ABC-Spürpanzern im Innern ist unter Rechtswissenschaftlern (wie immer!) nicht unumstritten.
Ich persönlich wäre für deutlichere Klarheit, wie jetzt z.B. beim Einsatz eines Flugzeuges gg drohende Gefahr aus der Luft (Verteidigungsminister!). Mir sind die Grenzen - im Sinne klarer Vorgaben für die Streitkräfte - trotzdem zu schwammig. Es muß in der Gefahr unzweifelhaft sein. Das ist es m.E. derzeit nicht.
Gruß
Clemens
Ich persönlich wäre für deutlichere Klarheit, wie jetzt z.B. beim Einsatz eines Flugzeuges gg drohende Gefahr aus der Luft (Verteidigungsminister!). Mir sind die Grenzen - im Sinne klarer Vorgaben für die Streitkräfte - trotzdem zu schwammig. Es muß in der Gefahr unzweifelhaft sein. Das ist es m.E. derzeit nicht.
Gruß
Clemens
Re: Rentenaufklärung
Ja, das kann schon sein. Ob nun an der Oberfläche oder nahe an der Wirklichkeit, das ist eine Frage der Betrachtung.Clemens hat geschrieben:Ist das nicht ein wenig oberflächlich dahingesagt, Werner
Ein Gebot der Aufklärung wäre es nun, sich Gedanken zu machen warum das Geld fehlt!Letztendlich ging und geht es um eine Kürzung der Rente, weil Geld fehlt.
Eine hübschere Umschreibung für "Gelogen" findet man seltenNur wurde es anders ausgedrückt.

Weiß die Bevölkerung das auch? Oder, anders gesagt, weiß die Bevölkerung auch, dass das Loch in der Rentenkasse nicht einem Naturgesetz geschuldet ist? Oder fehlt es da doch ein wenig an Aufklärung? (Oder, wie im vorigen Kapitel angesprochen, an Bildung?)Das weiß die Regierung ganz genau.
Aber man wird sich doch noch Gedanken machen dürfenImmerhin wird die Mehrheit der Abgeordneten es absegnen.
Also werden wir damit leben müssen.

Und, da ich nun mal ein Anhänger der "Aufklärung" bin, auf mögliche Veränderungen sinnen
