Francois Lelord: Hectors Reise in das Glück

Hier werden alle Bücher einsortiert, deren Diskussion beendet ist.
Brigitte H

Francois Lelord: Hectors Reise in das Glück

Beitrag von Brigitte H »

Das ist die Frage, die mich bewegt: kann man Glücklichsein lernen? Vielleicht wird es erst am Ende der Diskussion möglich sein, diese Frage zu beantworten. Hector auf jeden Fall sagt dazu nichts. Er sagt nur, dass ihn das Unglücklichsein und die Unzufriedenheit der Leute (seiner Patienten) auch unglücklich und unzufrieden gemacht hat. Seine Reise hat dann wie eine Münze zwei Seiten: die Flucht vor dem Unglücklichsein ist die eine Seite; sie wird dann umgedreht in eine Suche nach dem Glück.

Er bereist außer Europa noch China, Afrika und Amerika. In jedem Land macht er ganz verschiedene Erfahrungen, und er sammelt Sätze: "Lektionen" nennt er sie. Zu deutsch vielleicht: "Lehrsätze". Kein Wunder, dass mir gleich der Ttel von Watzlawicks Buch "Die Anleitung zum Unglücklichsein" einfiel. Zu unserem nächsten Treffen bei Erna am Donnerstag, 11. Mai, 14:00 Uhr, werde ich es mitbringen.

Aber zuerst einmal wollen wir uns ja mit Hectors Reise beschäftigen. Und die Frage, die kontrovers betrachtet wurde, war: ist Glücklichsein überall gleich oder gibt es kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede?

Vielleicht werden wir es herausfinden, wenn wir uns die Schauplätze einmal genauer anschauen. Ich schlage vor, wir diskutieren als erstes mal Europa und das Unglücklichsein und danach China und die Liebe...

Ich bin gespannt auf Eure Beiträge. Brigitte
Erna
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Meine ersten Eindrücke

Beitrag von Erna »

Bevor ich auf die Fragen von Brigitte,wenn ich das schon kann, möchte ich erst einmal kurz auf den Lesekreis eingehen
Ja, wir haben nun auch in ViLE-Mitte einen engagierten Lesekreis. Ich freue mich darüber und lade alle, die zufällig hereinschauen zur Teilnahme ein.
Wir haben uns das Buch von F. Lelord "Hectors Reise" vorgenommen. ein kleines Buch, für unsere heutige Zeit, nur 192 Seiten. Leicht zu lesen und mit ansprechenden kurzen Sätzen. Ursel sagte, wie für das Internet geschrieben. Dabei enthält es so viele Wahrheiten, Weisheiten, ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, dass man leicht eine überliest.
Wie Brigitte sagte, geht es um Glück. Uns beschäftigte also auch die Definition des Glücks und die Frage, ob Glück und Glücklich-sein das Gleiche ist. Kann man GlücK lernen?
Wie sieht Hector und die Personen, die er aufsucht das Glück oder Glücklich-Sein. all dies muss noch beantwortet werden.
Das Buch scheint mir z.T. auch biographische Züge zu haben. Denn Hector ist wie Lelord Psychologe und wie er schließt er seine Praxis und reist viel herum, um zu seinen Erkenntnissen zu kommen.
Erna
HildegardN

Beitrag von HildegardN »

Die Frage nach dem Glück bzw. dem Glücklichsein beschäftigt mich nicht erst seitdem ich mit "Hectors Reisen" konfrontiert wurde. Fast zeitgleich erfuhr ich von dem Projekt "Abenteuer Glück" , einer vierteiligen Filmreihe von Annette Dittert. Es handelt sich um vier Filme über die Sehnsucht und die Suche nach dem Glück und die Antwort auf die Frage: Wie sieht das Glück in anderen Ländern, in anderen Kulturen und Religionen aus? Die Filmemacherin besuchte Hawai, Mali, Kalkutta und beendete ihre Reise in China. Was sie erfuhr und mitbrachte ist zu lesen in http://www.wdr.de/tv/abenteuerglueck/pr ... jekt.phtml

Die Frage "Was ist Glück?" kann und will ich hier nicht beantworten, denn Glück, so habe ich inzwischen erfahren,kann für jeden etwas anderes bedeuten. Aber, wer es genau wissen möchte: Google hält 31.900.000 Antworten bereit.
Natürlich ist das noch lange nicht alles. Werner Rütten machte mich auf das Institut für Glücksforschung (München) aufmerksam: http://www.gluecksforschung.de. Hier fand ich den Beitrag "Wie man wirklich glücklicher wird", in dem die wissenschaftlich geprüften, weltweit 9 besten Methoden zur Mehrung des Glücks und Wohlbefindens vorgestellt werden. - Reichlich Lesestoff, um während der kommenden drei Feiertage Hector auf seiner Forschungsreise zu begleiten.
Ich wünsche Euch allen viel Glück. Hildegard
Erna
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Beitrag von Erna »

Gerade habe ich gebügelt, eine Tätigkeit, bei der man gut nachdenken kann.
Mein Gedanke war, was macht für mich das Buch so lesenswert? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es im 1. Kapitel die große Empathie war, mit der Lelord seine Patienten schildert. Auch ich habe bei manchen Ärzten schon nach 5 Minuten das Gefühl, den interessierst du, bei anderen habe ich das noch nicht nach Jahrzehnten. Diese Empathie verspüre ich, oder vermeine ich zu verspüren, hat er auch seinen Lesern gegenüber. -
Schon zu Beginn des Buches nennt er die Augenblicke, in denen er sich glücklich fühlte: der bessere Sitz in der business class, (der andere, der immer diese Kategorie benutzt empfindet das gar nicht ), das Interesse, das Ying Li ihm entgegenbringt, bis er merkt, dass es ihre Arbeit ist, die schöne Bergwanderung. Es sind immer nur kurze Augenblicke, die es in ähnlicher Weise bei uns auch gibt. Sollten wir vielleicht aufmerksamer sein?
Vielleicht gibt es Glück nur in kleinen Dosen, weil wir es sonst gar nicht aushalten könnten?
Sind diese Gedanken schon eine Annäherung an das Glück?
ursel

Bügeln, Glück, kleiner Prinz und Hector

Beitrag von ursel »

Liebe MitleserInnen, liebe Erna,

Bügeln und Nachdenken passt sehr gut zusammen. Dabei habe ich früher gern den kleinen Prinzen gehört, eine alte Aufnahme mit Gérard Philipe. Ich weiß heute noch was Laternenanzünder auf französisch heißt. Nicht wirklich wichtig, aber immerhin. Der kleine Prinz von Saint-Exupéry hat ähnliche Lebensweisheiten zu bieten wie Hector. Denn auch dort gibt es mit sich selbst beschäftigte Geschäftsmänner, Pflanzen, Tiere, Freunde und vor allem jemand, der Fragen stellt. Lelords und Saint-Exupérys feine Ironie ähneln sich sehr. Hector reist, um das Glück zu finden und zu erforschen, der petit prince sucht Freunde und stellt ebenfalls viele Fragen. Ich glaube, der kleine Prinz antwortet oft nicht, wenn er etwas gefragt wird. Und Hector weiß immerhin, daß es Psychiaterroutine ist, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten. Dabei fällt mir auf, daß es viel ums Fragen geht?

Zu Hector:
Ich finde allein schon die ca. 32 Kapitelüberschriften hinreißend:
z.B. Hector ist nicht zufrieden, Hector stellt sich Fragen, Hector nähert sich der Weisheit, Hector ist nicht verliebt, Hector fliegt nicht auf den Mars, Hector erfährt, daß er nicht blöd ist
Und ebenso natürlich die 23 Glücksregeln, hier nur einige:
Vergleiche anzustellen ist ein gutes Mittel, sich sein Glück zu vermiesen. Manchmal bedeutet Glück, etwas nicht zu begreifen. Glück ist eine Sichtweise auf die Dinge. Es ist ein Irrtum zu glauben, Glück wäre das Ziel.
Natürlich versteht man die Glücksregeln nur dann wirklich gut, wenn man die entsprechenden Kapitel des Buches gelesen hat.
Für Nicht-Buch-Besitzer: alle 23 Glücksregeln findet man unter:
http://www.gluecksarchiv.de/inhalt/hector.htm
Das erste Kapitel des Buches gibt es als Leseprobe hier:
http://www.piper-verlag.de/books/3492045286.html

Mir haben auch einige Sätze und Formulierungen sehr gut gefallen, sie lassen ein wenig die Poesie des Buches erahnen:
Mit den Medikamenten ist es ein bisschen wie mit Desserts: Es mag nicht jeder die gleichen (S. 10)
Weltkarte der Psychiatrie (suchen Sie nicht nach ihr, sie ist sehr schwer zu finden (S. 17)
Vergessen Sie nicht, daß Hector Psychiater ist: Er braucht die Leute nur anzuschauen und sieht schon, auf welcher Schule sie waren und ob ihr Großvater Schmetterlinge gesammelt hat (S. 50)
…in das große Land, in dem es die meisten Psychiater der Welt gab, … die meisten Nobelpreisträger…die meisten strategischen Bomber…die meisten Waschbären…die meisten Serienmörder …es war einfach das Meist-Land" (S.120)

Zum Leseglück tragen natürlich auch die Personen bei: Es gibt da Clara, den alten chinesischen Mönch, Ying Li, Edouard, Jean-Michel, Eduardo, die Gruppe kleiner Frauen, Patienten, Djamila, eine Wahrsagerin namens Irina, Agnes, und viele andere.

Hector erklärt seinen Leitgedanken "Glück" auch selbst mit Schlüsselwörtern für einzelne Lektionen: Geliebt werden / sich nützlich fühlen / Freundschaft / Gesundheit / Sozialer Status / Arbeit, die man liebt / Geld / Glück der Menschen, die man liebt

Jetzt werde ich Hildegards Hinweise ersurfen, sie klingen glücksforschungsmäßig gut

Ursel
HildegardN

Beitrag von HildegardN »

Schon die Beschäftigung mit dem Glück - angeregt durch "Hectors Reise" bringt mich dem Glück bzw. Glücklichsein etwas näher. Lelord versteht es ja, den Leser (auch durch gelegentliche direkte Ansprache) in die Handlung mit einzubeziehen. Es gelingt ihm auch, ihn zum Nachdenken anzuregen.
Besonders interessiert bzw. angeregt haben mich Hectors Lektionen, 23 Aussagen, die auf seinen Forschungsergebnissen basieren. Da er sie jeweils spontan auf seinen jeweiligen Reisestationen verfaßte, haben sie einiges Gewicht. Ursel ging ja bereits darauf ein.
Hectors Lektionen motivieren mich, seine Eindrücke/Erkenntnisse und Schlussfolgerungen mit eigenen Überlegungen/Beurteilungen zu vergleichen und mich dabei etwas selbst zu erforschen. Überwiegend stimme ich mit Hectors Ergebnissen zwar überein, aber nicht mit allen, und schon die erste Lektion halte ich für unvollständig. Sie lautet:
"Vergleiche anzustellen ist ein gutes Mittel, um sich sein Glück zu vermiesen".
Es kann natürlich auch das Gegenteil eintreten, dass bei einem Vergleich ein Gewinn festgestellt wird. Persönlich habe ich das wiederholt erlebt und bin immer wieder "froh und glücklich", wenn ich feststelle, dass ich aus einer ganzen Reihe tiefer Löcher wieder sicheren Boden erreicht habe.
Hector kommt schließlich zu ähnlichem Ergebnissen (S.136): "Du sagst", leitet er seine Frage an Agnes ein, "Ich glaube, dass ich glücklich bin. Wie kommst du zu dieser Ansicht? Indem du dich mit den anderen vergleichst?" "Nicht nur", antwortet Agnes. "Man weiß doch nie, wie die anderen ihr Glück oder ihr Unglück empfinden. Eigentlich vergleiche ich mich mit mir selbst! Ich denke an andere Phasen meines Lebens, und da scheint es mir, als wäre ich noch nie so glücklich gewesen wie jetzt."

Mit diesem Beispiel will ich heute schließen und freue mich schon auf Eure Eindrücke und Beurteilungen zu Hectors Forschungsreise.
Herzliche Grüße, Hildegard
Erna
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Beitrag von Erna »

Die Stelle, die Hildegard anspricht, ist auch mir aufgefallen. Sich mit sich selbst zu vergleichen, mit anderen Situationen, in denen man gesteckt hat, kann Glück sein, vielleicht auch Unglück? Wenn es einem so richtig mies geht?
Dschamila fühlt sich glücklich, ihr geht es ja wirklich schlecht, beim Gedanken an ihre Familie. Die kleinen chinesischen Frauen, weil sie ihren freien Tag haben. Mir scheint , glücklich sein ist sehr individuell zu sehe
Erna
Erna
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Gespräch über Lelords Hectors Reise

Beitrag von Erna »

Mich hat das Abschlussgespräch zu folgender Erkenntnis geführt: Die Ansichten über das Buch sind unter den Leserinnen doch sehr unterschiedlich. Einige von uns fanden es sehr gut und anregend zum Nachdenken, die anderen dagegen, dass Lelord eigentlich Weisheiten verkündet, die jeder weiß. Ich jedenfalls finde es, nachdem ich es noch einmal durchgelesen habe, weil ich mich nicht mehr so genau erinnern konnte, noch immer gut. Sicherlich sind manchem von uns seine, Lelords Lektionen "bekannt", nur wer denkt darüber nach? Hier wird man dazu hingeführt, die Dinge zu überdenken. Gerade die kurzen Sätze und die einfache Sprache haben mich dazu veranlasst.
Das Buch hat mir darüber hinaus die Einsicht vermittelt, das Glück nicht dauerhaft ist, dass es aber viele glückliche Augenblicke in unserem Leben gibt, die man wahrnehmen sollte.
Erna
HildegardN

Eine kurze Zusammenfassung

Beitrag von HildegardN »

Liebe Leserunde,
es regnet, und das macht mich zwar nicht glücklich, geschweige denn unglücklich, sondern froh. Meine Zimmerpflanzen sind auf den Balkon geeilt und freuen sich jetzt über das langersehnte Nass.
Glück und Freude begleiten unser Leben - wenn auch in unterschiedlicher Intensität, Erscheinungsweise und Häufigkeit. Hectors Erkenntnisse haben mich angeregt, über Zufriedenheit, Freude, Glück und Glücklichsein nachzudenken und vielleicht auch eine bewußtere Wahrnehmung bewirkt.

Hectors Lektionen spucken mir immer noch im Kopfe herum, ganz besonders die Lektion 18: "Glück ist, mit den Menschen zusammen zu sein, die man liebt". Ich würde es etwas anders formulieren und alle Menschen einbeziehen, mit denen ich (etwa in positiver Beziehung) verbunden bin. Annette Dittert, die Filmemacherin, formuliert dies im Anschluss an ihre 'Forschungsreisen nach dem Glück' m.E. viel treffender: "Glück ist, wenn man jemanden hat, den man mag".

Und - nicht erst seit heute - kommt mir ein Ausspruch in den Sinn, der sich wahrscheinlich schon jahrzehnte-lang bei mir eingegraben hat:
"Lieben und geliebt zu werden, ist das höchste Glück auf Erden".
Und solches oder ähnliches wünsche ich Euch mit herzlichen Wochenendgrüßen aus Bad Homburg, HildegardN
Heide

Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück

Beitrag von Heide »

Liebe Lesegruppe,
eigentlich mag ich mich gar nicht so gerne zu dem Buch äußern, weil ich offenbar die einzige bin, die das Buch doch recht platt und belanglos findet. Schon die Sprache hat mich irritiert; so a la Sendung mit der Maus, wobei ich anmerken möchte, dass ich diese Kindersendung sehr gut finde. Aber mich spricht diese Sprache nicht an, nicht in einem Buch für Erwachsene. Natürlich kann man es als Vorschlag lesen, mal seine eigene Situation zu überprüfen im Hinblick auf das Glück. Dazu brauche ich allerdings kein Buch. Ich kann mir auch wirklich nicht vorstellen, dass ein normal gebildeter Mitteleuropäer wie ich z.B. und Ihr alle nicht immer mal wieder Abschnitte seines Lebens Revue passieren läßt, um einzuordnen, zu relativieren, festzustellen, dass doch die augenblicklich vielleicht unerfreuliche Situation gar nicht so schlimm ist. Vielleicht ist es eine Lektüre für junge Leute, die noch unerfahren sind und bei jedem Unglück denken, jetzt stürzt der Himmel ein.
Den Vergleich mit Exupéry finde ich unangemessen. Meiner Ansicht nach ist "Der kleine Prinz" Literatur, wirkliche Literatur. Es ist - so wie ich es gelesen habe - ein tief psychologisches Buch, in schöner Sprache geschrieben. Bei Lelord komme ich mir vor wie ein Dummerchen, dem man mal in einfacher Sprache das Glück erklären will.
Ich will niemandem die Lektüre vermiesen; am besten lesen Interessierte das Buch selbst. Ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, dass ich mit Kritiken über dies oder jenes nicht einverstanden und ganz anderer Meinung war. Jeder soll sich selber seine Meinung bilden.
Jetzt ist's aber gut. Ich wünsche allen viel Spaß bei welcher Art Lektüre auch immer. Die Geschmäcker sind einfach verschieden.
Herzliche Heide
Erna
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Registriert: Freitag 1. April 2005, 10:47

Beitrag von Erna »

Liebe Heide,
es ist nicht nötig sich zu entschuldigen, wenn Du anderer Meinung bist. Es wäre ja schlimm, wenn alle Leute die gleiche hätten und wir am Ende uniformiert herumliefen. Danke für den Mut nicht "einer Meinung" zu sein.
Erna
ursel

Hectors Reise

Beitrag von ursel »

Ich habe mir die von Hildegard genannte Filmreihe von A. Dittert unter
http://www.wdr.de/tv/abenteuerglueck/pr ... jekt.phtml
angesehen. Dunkel kann ich mich an die Dokumentation erinnern anlässlich der TV-Übertragung der Grimme-Preis-Verleihung. Damals ahnte ich noch nichts von Hector und meinem kommenden Glücksinteresse.
Die Seiten gehen gerade auf das ein, was hier in der Diskussion gefragt wurde: ob es kulturelle Unterschiede bezüglich Glück gibt. Da werden die diversen griechischen Auffassungen diskutiert, die Glücksauffassung der USA, in China steht das Glück zwischen vielen Fronten: Taoismus, Buddhismus, Konfuzianismus und den importierten westlichen Glücksansichten, die arabischen Länder verbinden Glück stark mit Gemeinschaft und Familie. Religion und Glück dagegen sind oft auch länderübergreifend.
Zu Hildegards Bemerkung über die zigtausend google-treffer noch kurz:
Ich habe gezielt einmal die neue beta-version "Google Scholar" http://scholar.google.de/
eingesetzt für den Begriff Glücksforschung, das ergab 49 Treffer, überwiegend sogenannte "graue Literatur" sprich pdf's aus dem wissenschaftlichen Umfeld. Die Palette reichte vom Glück in der Antike bis zum zeitgenössischen Flow als Glücksbegriff, von der biologischen Seite sprich körpereigene Hormone oder Pillen bis zu Glücksversprechen in der Werbung, von Glück und Ethik zum Bildungsglück und vom Verhältnis Glück und Ökonomie. In google waren es 18400 Treffer zur Glücksforschung, ein etwas unübersichtliches Glück.

Zum Präsenztreffen auf der Gartenbank: Wir haben darüber gesprochen, daß Hector in seiner Praxis Patienten behandelte, die oft grundlos unglücklich waren. Im Gegensatz dazu hatte er früher im Krankenhaus solche mit echten Problemen und triftigen Gründen zum Unglücklichsein. Ich habe noch mal geschwärmt von der schönen Ausstattung des Buches, die ich vor dem Lesen genüsslich auf mich habe wirken lassen: sympathisch gestalteter Umschlag, der Einband strahlt in angenehm weißer Textur, Vorsatzblatt und Lesebändchen in einem warmen Rot. Über den Übersetzer Ralf Pannowitsch habe ich leider nichts gefunden im Internet, ich denke, er hat ausgezeichnet übersetzt. Und da sich Lelord auch bei seiner Pariser Verlegerin bedankt, habe ich mir die Verlagsseiten im Internet angeschaut, und festgestellt, daß sie eine wunderschöne Dame ist. Das Papier kommt aus Schweden. Alles in allem eine glückliche europäische Zusammenarbeit, nimmt man die Figuren des Buches noch dazu, wird eine weltweite Kooperation daraus.

Wir haben festgestellt, daß es auch kritische Stimmen zu Lelords Buch gibt, meine Buchhändlerin will sich auf keinen Fall Glücksregeln verordnen lassen. Allein die Listenform scheint die Gemüter zu erregen, in manchen Rezensionen ist die Rede von Besserungsfibeln und verlogenem Quark. Bei unserem Präsenztreffen waren wir uns denn auch nicht einig, ob Hector Literatur ist oder nicht, und wenn ja, welche literarische Form er hat. Vielleicht ein charmantes Märchen? Es kamen auch Erinnerungen auf an Bücher von Saint-Exupéry, Gaarder und Fynns "hallo Mr. Gott, hier spricht Anna".
Mein Fazit ist: die Lektüre hat uns überwiegend gut getan, das Buch ist erfrischend, wir haben uns mit vielen Facetten des Glücks beschäftigt und sind dabei sehr zufrieden "geworden". Wir haben auch kurz über die andere Seite des Glücks gesprochen, genauer gesagt über Paul Watzlawick und seine Anleitung zum Unglücklichsein und über sein Buch "Menschliche Kommunikation", das Brigitte mitgebracht hatte. Aber die Zukunft gehört jetzt Daniel Kehlmann, mit ihm werden wir die Welt vermessen.

Ursel
Brigitte Höfer
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Lelords Märchenroman

Beitrag von Brigitte Höfer »

Mir ging es beim Lesen von Lelords "Märchenroman" - wie er selbst sein Werk bezeichnet - so etwa wie nach dem Genuss eines schaumigen, wohlschmeckenden Nachtischs: nachdem ich ihn habe problemlos konsumieren können, habe ich mich hinterher gefragt: WAS hast du denn da eigentlich zu dir genommen? Und WIE und WORAUS ist das wohl gemacht? Und wie so oft nach dem Genuss von etwas Süßem überfällt mich eine unbändige Lust nach einer sauren Gurke...
Also, weder ist das Buch ein Märchen noch ein Roman. Für ein Märchen ist es zu lang und zu oberflächlich, für einen Roman zu episodenhaft und die Hauptfigur bleibt zu blass. Dafür sammelt sie aber "Lektionen". Eine Lektion ist ein Lesestück. Wer liest was? Liest der Autor in den erlebten Szenen und sammelt seine Erkenntnisse oder soll der Leser die Lektionen lesen und daran genesen? - Also kurz: die Begrifflichkeit stimmt nicht, und das stört mich schon.

Aber ich will nicht kleinlich sein: was ich pfiffig fand, war, wie er die aktuellen Probleme unserer globalisierten Welt in seine Geschichte einflicht: Prostitution, Erpressung, Drogenkonsum und -handel, - auch Wege, auf denen Menschen versuchen, das Glück zu finden. Aber er moralisiert nicht, sondern stellt einfach nur fest und beschreibt.

Dann fand ich durchaus gelungen die vier Stationen der Reise mir ihren je charakteristischen Problemschwerpunkten, - und auch die nochmalige Reise zu dem chinesischen Mönch, der alle Sätze bis auf drei streicht. Da nimmt sich der Autor doch auch ein wenig auf den Arm, das finde ich gut. Also alles in Allem eine gelungene Mixtur von Abenteuer, Wissen, Spannung, was halt zu einer Reisebeschreibung gehört, und der rote Faden, der sich durch alles hindurchzieht...

Nett angerichtete, gut verpackte Lebensweisheiten: ich wünsche dem Autor, daß er mit seiner Familie, die er ja nach eigener Aussage gründen will, glücklich wird. (In einem Artikel des Glücksforschungsinstituts stand allerding, daß Heiraten NICHT glücklich macht. Hoffentlich hat er das nicht gelesen. Oder aber er schreibt ein Fortsetzungsbuch und erklärt uns, wie man trotz der Aussage der Forscher auch in Ehe und Familie glücklich werden kann.)

Liebe Grüße, Brigitte
Heide

immer noch Hectors Reise ...

Beitrag von Heide »

Liebe Erna,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Du hast recht, es muss eigentlich möglich sein, andere Meinungen zu äußern.
Liebe Brigitte,
ich pfeife auf die Forscher und ihre Feststellungen zu Ehe und Glück bzw. nicht-Glück. Ich bin glücklich in meiner Ehe.
Deine Dessert-Beschreibung fand ich schön.
Schön, dass die Kommentare zu Hector jetzt doch noch etwas in Fluß gekommen sind. Das wird Erna freuen; mich freut's aber auch.
Hat denn schon einer von Euch mit der Vermessung ... angefangen? Leider kann ich ja am Chat am 8. Juni zu Kehlmann nicht teilnehmen, weil mal wieder Englisches Theater auf meinem Programm steht. Vielleicht wird eine von Euch das Wichtigste zusammenfassen und mir mailen? Das wäre schön.
Herzliche nach-Tatort-Sonntag-Abend-Grüße von Heide
Erna
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Glück kann man lernen

Beitrag von Erna »

Sabine hat einen Beitrag zum Glück als Mail gebracht, den ich hier einfüge.
Erna
Glück ist lernbar

An der Universität Oxford wurde ein Programm entwickelt, nach dem unglückliche Teilnehmer ihr Glücksgefühl aktivierten. Probieren Sie mal die Regeln aus, nach denen zwei Monate lang geschult wurde:

· Dafür sorgen, dass tiefer, ruhiger und ungestörter Nachtschlaf möglich ist.

· Mit einem neuen Hobby beginnen.

· Täglich mindestens eine halbe Stunde bewegen, etwa beim Radeln, Joggen oder auch Tanzen.

· Den Tag mit einem Lächeln beginnen.

· An ausgewählten Stellen (etwa am Spiegel, am Kühlschrank, am Computer) blaue Punkte anbringen, um sich immer wieder an eine positive Haltung zu erinnern. Klingt etwas merkwürdig ist aber sehr wirkungsvoll.
Gesperrt